Die Autoren der Studie sehen kaum Einfluss auf die Erwerbstätigkeit – die Kosten betrügen hingegen bis zu 1,9 Milliarden Euro.
Mannheim. Neuer Zündstoff für die Debatte über das Betreuungsgeld: Die Einführung einer solchen Familienleistung hätte auf die Erwerbstätigkeit der Mütter einer Studie zufolge kaum einen Einfluss. Ein Großteil der zwischen 1,4 und 1,9 Milliarden Euro veranschlagten Ausgaben entfiele auf „reine Mitnahmeeffekte“, heißt es in der am Mittwoch in Mannheim veröffentlichten Erhebung des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW).
Die Studie im Auftrag des Bundesfinanzministeriums kommt zu dem Schluss, dass sich die meisten Mütter mit Betreuungsgeld genauso verhielten wie ohne. Mütter in Deutschland haben demzufolge eine relativ starke Neigung, ihre Kleinkinder zu Hause zu betreuen. Auch nach dem geplanten Ausbau der Betreuungseinrichtungen würden daher nur relativ wenige Mütter eine Arbeit beginnen. Da die Betreuung durch die Mutter die Norm sei, seien vom Betreuungsgeld vor allem Mitnahmeeffekte zu erwarten.
Die Studie prognostizierte, dass die Einführung eines Betreuungsgeldes den Staat zwischen 1,4 und 1,9 Milliarden Euro im Jahr kostet. Ein Gutteil des Geldes würde an Migrantenfamilien, Familien mit niedrigen Einkommen und Eltern mit niedriger Qualifikation fließen. Für diese Gruppen schaffe das Betreuungsgeld Anreize, auf die neu geschaffenen Betreuungsmöglichkeiten zu verzichten. Es blieben dann gerade die Kinder Betreuungseinrichtungen fern, die etwa von Kinderkrippen und ähnlichen Einrichtungen am stärksten profitieren könnten. „Die Einführung eines Betreuungsgeldes könnte demnach die für richtig erkannte, frühe institutionelle Förderung für Kinder aus bildungsfernen Familien gefährden“, schreiben die Autoren.
CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt erklärte: „Wer von Mitnahmeeffekten und Lenkungswirkung in der Familienpolitik redet, hat die völlig verfehlte Uralt-Denke, dass der Staat den jungen Familien ihre Kindererziehung vorschreiben soll.“ Das Betreuungsgeld sei eine notwendige Ergänzung zum Ausbau der Kinderbetreuung und stehe ganz im Dienst der Wahlfreiheit für die Familien. „Der Staat darf nicht nur die institutionelle Kinderbetreuung mit Milliardenbeträgen fördern, sondern er muss auch die Eltern für ihre Erziehungsleistung zu Hause unterstützen.“
Die SPD betonte, man hätte sich die Studie sparen können. Viele Untersuchungen zeigten, „dass das Betreuungsgeld eine Fehlinvestition ist“, erklärte die familienpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Caren Marks. „Wir fordern daher die Bundesfamilienministerin auf, die Zuhausebleibprämie endlich aufzugeben. Der Bund sollte die für diese Prämie veranschlagten Milliarden in den Ausbau der Bildungsinfrastruktur investieren“, forderte Marks mit Blick auf die neue Ressortchefin Kristina Köhler.
ZEW-Experte Holger Bonin sagte der Tageszeitung „Die Welt“: „Es bleiben diejenigen zu Hause, die ohnehin nicht arbeiten würden.“ Negativ wirke sich das Betreuungsgeld auf die Arbeitsmarktpartizipation der Frauen aus. Annähernd jede zweite Frau, die in Teilzeit beschäftigt ist, wäre bereit, ihren Beruf aufzugeben, um sich ausschließlich der Kindererziehung zu widmen, berichtete das ZEW weiter. Für hochqualifizierte Mütter gingen vom Betreuungsgeld dagegen kaum Anreize aus, zu Hause zu bleiben, da die Einkommenseinbußen bei eigener Kinderbetreuung deutlich höher ausfielen als 150 Euro im Monat.