Die US-Regierung hat die Bürger ihres Landes bei Reisen nach Deutschland vor der erhöhten Terrorgefahr gewarnt.
Washington/Berlin. Die Regierung der USA hat ungewöhnlich deutlich ihre Bürger zur Wachsamkeit aufgerufen, wenn sie nach Deutschland reisen. Anlass sind die jüngsten gegen Deutschland gerichteten Drohungen der Terrororganisation al Qaida. Das Außenminsiterium der USA mahnt US-Amerikaner, bei einem Besuch öffentlicher Plätze in Deutschland oder bei der Wahl ihrer Hotels und Restaurants das „Ausmaß an vorhandener Sicherheit“ in Betracht zu ziehen.Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sieht hingegen keine Gefahr für Besucher aus dem Ausland. „Ich habe keinen Anlass für solche Reisewarnungen feststellen können“, sagte Steinmeier am Donnerstag in Berlin.
Terrorismus-Experten warnten vor Panikmache. Flughäfen und Bahnhöfe in Deutschland stehen bereits seit der Verschärfung der Sicherheitsvorkehrungen in der vergangenen Woche unter einer besonderen Beobachtung. Aus Sicherheitskreisen hieß es am Donnerstag, es gebe aber keine konkreten Hinweise für geplante Anschläge mit Boden-Luft-Raketen auf Passagier-Maschinen. Die „Bild“-Zeitung hatte dagegen zuvor von einem „Horror-Szenario“ berichtet, wonach Terroristen versuchen könnten, einen Jumbo-Jet über Frankfurt/Main oder einer anderen deutschen Großstadt zum Absturz zu bringen. Experten des Bundesnachrichtendienstes (BND) gingen davon aus, dass das islamistische Terrornetzwerk El Kaida Boden-Luft-Waffen habe, die nach Deutschland gelangt sein könnten, berichtete „Bild“.
In einer am 18. September im Internet aufgetauchten Video- Botschaft hatte die Terrororganisation den sofortigen Abzug aller deutschen Soldaten aus Afghanistan gefordert. Andernfalls drohe nach der Bundestagswahl am 27. September ein „böses Erwachen“. Der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), Jörg Ziercke, hatte dagegen am Mittwoch gesagt, dass er auch nach einem weiteren, am Dienstagabend aufgetauchten Propaganda-Video von El Kaida „keine zusätzlich neue Bedrohungslage erkennen“ könne. Die Behörden nähmen die Bedrohung durch islamische Terroristen und ihre neuen Botschaften sehr ernst. Ziercke betonte aber, man reagiere angemessen, besonnen und mit Augenmaß. Eine „konkrete Bedrohungslage“ habe man nach wie vor nicht.
Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa sind die Sicherheitsbehörden in Alarmbereitschaft. Die Drähte glühten, die Alarmstufe sei von Gelb auf Orange gesprungen. „Dies bedeutet, dass ein Anschlag unmittelbar bevorstehen könnte“, hieß es. Vor allem an den Flughäfen ist die Polizei verstärkt präsent: Nach Angaben der Bundespolizei sind besonders geschützte Fahrzeuge etwa in München, Frankfurt, Düsseldorf und Köln/Bonn unterwegs. Vielerorts sind Mitarbeiter mit schusssicheren Westen und Maschinenpistolen auf Streife, so an den Flughäfen Frankfurt, Berlin-Schönefeld und Tegel sowie Hamburg. Auch die Bundespolizei in Baden-Württemberg verstärkte ihre Sicherheitsmaßnahmen. Im Südwesten gibt es Hunderte von möglichen Terror-Zielen, darunter mehr als 200 US-amerikanische Einrichtungen.
Der Terrorismusexperte Rolf Tophoven warnte vor Hysterie und Panik. Die größte Gefahr geht nach seiner Einschätzung nicht von sogenannten Gefährdern aus, die von den Sicherheitsbehörden beobachtet würden, sondern von anonymen Islamisten. Als Beispiel nannte er die „Kofferbomber von Köln“, die den Behörden nicht bekanntgewesen seien. Die beiden Libanesen hatten im Sommer 2006 in zwei Regionalzügen Koffer deponiert, in denen Bomben versteckt waren. Die Sprengsätze gingen wegen des falschen Gasgemischs nicht hoch.
Auch führende Sicherheitsexperten von CDU und SPD warnten vor überzogenen Reaktionen. „Es bleibt trotz der Drohungen dabei, dass Deutschland eines der sichersten Länder der Welt ist“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Unionsbundestagsfraktion, Wolfgang Bosbach (CDU), dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, sagte: „Kein Mensch muss Angst haben, sich frei in Deutschland zu bewegen.“