Innerhalb von nur drei Tagen sind zwei Videos aufgetaucht, in denen die Terrororganisation El-Kaida mit Bombenanschlägen in Deutschland droht.
Berlin. Gut eine Woche vor der Bundestagswahl muss Deutschland sich mit einer erneuten Drohung des Terrorganisation El-Kaida auseinandersetzen. Innerhalb von nur zwei Tagen tauchten im Internet zwei Videos mit Botschaften der islamistischen Organisation auf. In dem einen Video fordert der mutmaßliche El-Kaida-Terrorist Bekkay Harrach, der aus Bonn stammt und marrokanischer Herkunft ist, den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan. Soltle Deutschland diese Forderung nicht erfüllen, werde das Land nach der Bundestagswahl ein „böses Erwachen“ erleben. Sicherheitskräfte sprechen von einer neuen Qualität der Bedrohungslage.
Unabhängig von den neuen El-Kaida-Botschaften wurden kurz vor der Wahl die Sicherheitsvorkehrungen verschärft. An Flughäfen und großen Bahnhöfen patrouillieren angesichts erhöhter Terrorgefahr bis Anfang Oktober Bundespolizisten mit Maschinenpistolen. Nach Angaben der Bundespolizei in Potsdam haben die Drohungen von El Kaida und anderen islamistischen Organisationen gegen Deutschland eine neue Qualität erreicht. Bayerns Innenminister Joachim Hermann (CSU) warnte vor Panikmache und sagte im Deutschlandfunk: „Mit diesen Videos soll natürlich auch Politik gemacht werden. Da soll Schrecken in der deutschen Bevölkerung verbreitet werden.“ Für das am Sonnabend gestartete Münchener Oktoberfest – mit sechs Millionen Besuchern das größte Volksfest der Welt – gebe es keine konkreten Anschlagsdrohungen.
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Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) sprach von einer „Zuspitzung“ der Sicherheitslage in Deutschland. „Grund zur Panik besteht aber nicht“, sagt er der Deutschen Presse-Agentur dpa. Nach Veröffentlichung eines Videos am Freitag tauchte am Sonntag eine weitere Botschaft auf, die erneut von Harrach stammen soll. Wann das Video entstanden ist, war zunächst unklar. Es wurde nach Angaben des auf islamistische Webseiten spezialisierten IntelCenters in den USA auf der Medien-Plattform von El Kaida, as-Sahab, veröffentlicht. Eine Sprecherin des Bundeskriminalamts (BKA) sagte, es handele sich um eine Standsequenz, im Hintergrund sei ein deutscher Text zu hören.
Der Sprecher ist auf dem Standbild nur vermummt zu sehen. In dem anderen Video gibt sich Harrach offen zu erkennen. „In der Aussage reiht es sich ein in frühere Videobotschaften islamistischer Kreise“, sagte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums der dpa. „Wir halten es für authentisch.“ Drohungen enthält das Video nach BKA-Angaben nicht. Laut „Spiegel online“ sollen darin deutschsprachige Muslime zum Heiligen Krieg bewegt werden. In der Botschaft vom Freitag nannte der Islamist Harrach erstmals einen konkreten Zeitraum für mögliche Anschläge. Harrach riet den Muslimen in Deutschland, sich zwei Wochen nach der Bundestagswahl aus der Öffentlichkeit fernzuhalten.
Der Deutsche marokkanischer Herkunft ist kein Unbekannter. Der 32-Jährige trat in diesem Jahr damit bereits in vier gegen Deutschland gerichtete Videos auf. Zuletzt wurde er im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet vermutet. Die Botschaften seien sehr ernstzunehmen, hieß es von Seiten mehrerer Innenminister der Länder. Auch das IntelCenter misst den jüngsten Drohungen El Kaidas gegen Deutschland eine entsprechende Bedeutung zu. Unter Berücksichtigung aller Drohbotschaften seit Jahresbeginn gebe es eine Fokussierung auf Deutschland, da auch Videos der „Islamischen Bewegung Usbekistans“ (IMU) und der „Islamischen Dschihad-Union“ (IJU) Deutschland direkt ins Visier genommen hätten.
„Das ist eine gezielte Ansage vor der Bundestagswahl“, sagte der Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz. Es werde von den Sicherheitsbehörden alles Menschenmögliche getan, um die Drohungen ins Leere laufen zu lassen. Schon seit Anfang des Jahres warnen Nachrichtendienste, BKA und das Innenministerium vor einer hohen Terrorgefahr rund um die Wahl am kommenden Sonntag. Seit Monaten beobachten sie auch verstärkte Aktivitäten und Reisebewegungen verdächtiger Personen.
Nach Ansicht des Terrorexperten Berndt-Georg Thamm sollen die Botschaften vor allem verunsichern. „Das ist Teil einer psychologischen Kriegsführung“, sagte Thamm der dpa. „Man kann mit einem Minimum an Aufwand ein Maximum an Bewegung im sogenannten Lager der Ungläubigen auslösen.“