SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier weist Kritik der Union an einem Linksbündnis zurück. Die SPD-Linke unterstützt ihn.
Berlin/Hamburg. Noch dümpelt der Bundestagswahlkampf dahin, doch am Wochenende wird er Fahrt aufnehmen. Am Superwahlsonntag geben die Wähler in Thüringen, Sachsen und dem Saarland ihre Stimmen für neue Landtage ab. Zudem stehen in Nordrhein-Westfalen Kommunalwahlen an. Das wird der Auftakt für die Bundestagwahl sein. Vor allem die in den Umfragen mit 23 Prozent Zustimmung abgeschlagene SPD erhofft sich einen dringend nötigen Stimmungswandel. Ganz offen setzt SPD-Kanzlerkandidat Frank Walter Steinmeier dabei auf eine Zusammenarbeit mit der Linken.
Vorbei die Grabenkämpfe der Genossen um eine Zusammenarbeit mit der Links-Partei um ihren ehemaligen eigenen Vorsitzenden Oskar Lafontaine. Eine SPD-Regierungsbeteiligung im Saarland, in Sachsen und Thüringen könne für die SPD einen Positivtrend begründen, sagte Steinmeier der "Rheinischen Post" und machte auch deutlich welche Rolle er dabei für seine Partei sieht: "Die SPD muss den Anspruch haben, Regierungen zu führen." Belastungen durch mögliche rot-rote Mehrheiten in Thüringen und dem Saarland sieht er nicht mehr: Dazu sei alles gesagt, sagte der Außenminister. Es werde der CDU und CSU nicht gelingen, "Ergebnisse von Landtagswahlen als nationale Schicksalsfragen hochzustilisieren".
Die Reaktion der CDU/CSU kam prompt. "Die SPD macht die Linke damit endgültig salonfähig. Wer dies auf Länderebene anstrebt, ist im Bund nicht mehr weit davon entfernt“, sagte CSU- Landesgruppenchef Peter Ramsauer der dpa. Es müsse einen schon wundern, dass der SPD- Kanzlerkandidat den Positivtrend seiner Partei von Linksbündnissen abhängig mache. Damit habe Steinmeier „die Katze aus dem Sack gelassen“, sagte der Vize-Parteichef Jürgen Rüttgers der "Rheinischen Post". „Niemand sollte sich täuschen lassen: Der rot-rote Freibrief von Steinmeier gilt für die Landtagswahlen, aber auch für die Kommunalwahlen in NRW.“
Der SPD-Linke Ottmar Schreiner hat die Kritik aus der Union an den sich abzeichnenden möglichen Kooperationen zwischen SPD und Linkspartei im Hamburger Abendblatt (Dienstag-Ausgabe) als „Kampagne von vorgestern“ kritisiert. „Ich glaube nicht, dass der Union dieses Gezeter im Bundestagswahlkampf nutzen wird, im Gegenteil“, sagte Schreiner. „Auch dem saarländischen Ministerpräsidenten Peter Müller hat die Neuauflage der Rote-Socken-Kampagne nichts gebracht. Die Wähler kennen ihre Pappenheimer und wissen das einzuschätzen“, so Schreiner weiter. „Ab Sonntag wird ein ganz anderes Thema die Debatte bestimmen – und zwar der massive Stimmenverlust der CDU.“
Im Saarland und in Thüringen sind Umfragen zufolge Mehrheiten für rot-rot-grüne Bündnisse denkbar. Dabei liegt demnach im Saarland, wo der Linken-Chef und ehemalige SPD-Ministerpräsident des Landes, Lafontaine als Spitzenkandidat für die Linken antritt, die SPD mit Heiko Maas an der Spitze klar vor den Linken. In Thüringen hingegen liegt die Linkspartei vor den Sozialdemokraten. Allerdings schließt die SPD in Thüringen unter der Führung von Christoph Matschie aus, den Linken-Spitzenkandidaten Bodo Ramelow in einer möglichen rot-rot-grünen Regierung zum Ministerpräsidenten zu wählen. Die beiden haben sich über die Frage, welche Partei im Fall der Fälle den Ministerpräsidenten stellen sollte, erzürnt.
Ramelow, der von der Thüringer SPD gefordert hatte, Matschie nach der Wahl auszutauschen, fühlte sich von Steinmier hingegen unterstützt. „Ich begrüße die neue Realitätsnähe von Herrn Steinmeier“, sagte Ramelow der „Leipziger Volkszeitung“. Deshalb gehe er davon aus, dass Steinmeier jetzt auch direkten Einfluss auf Matschie nehmen werde. Auch dieser müsse begreifen, dass man als Wahlkämpfer der Wirklichkeit Rechnung zu tragen habe. Der stärkere Partner lade zu Koalitionsverhandlungen ein, und der stärkere Partner schlage auch den Ministerpräsidenten-Kandidaten vor. Heißt: Eine stärkere Linke würde Matschie selbst um den Preis der Regierungsbildung nicht den Vortritt für den Ministerpräsidentenposten lassen.
So gut wie sicher ist, dass Thüringens CDU-Ministerpräsident Dieter Althaus seine absolute Mehrheit verlieren wird. Ihn sehen die Umfragen nur noch bei 34 Prozent. Vor fünf Jahren erhielt sie noch 51 Prozent. In Sachsen könnte sich das Ende der großen Koalition anbahnen, wenn rechnerisch aus eine CDU/FDP-Bündnis möglich wird. Regierungschef Stanislaw Tillich gibt sich dementsprechend entspannt.
Möglicherweise gestärkt durch die Niederlagen der CDU bei den Landtagswahlen startet die SPD ihre heiße Wahlkampfphase gleich am Montag in Hannover. Auf dem Opernplatz der niedersächsischen Landeshauptstadt begann auch der damalige SPD-Kanzlerkandidat Gerhard Schröder seine Aufholjagd. Er hatte 2005 im Schlussspurt für die SPD einen Zuwachs von 6,2 Prozentpunkten auf dann 34,2 Prozent geschafft.