Assad verurteilt Massaker in Hula - Annan befürchtet Abgleiten Syriens in ungezügelten Krieg - 13 Tote bei Auseinandersetzungen im Libanon - US-Außenministerium veröffentlicht Bilder angeblicher Massengräber
Beirut/Doha. Syriens Machthaber Baschar al-Assad lässt sich offenbar nicht vom internationalen Aufschrei nach dem Massaker in Hula beeindrucken und hält am gewaltsamen Vorgehen gegen die Protestbewegung fest. „Wir werden weiterhin dem Terrorismus die Stirn bieten“, sagte Assad am Sonntag in einer Rede vor dem syrischen Parlament. Die Führung in Damaskus bezeichnet ihre Gegner als Terroristen, die mit Unterstützung des Auslandes Gewalt schüren. Das Massaker in Hula, bei dem mehr als 100 Zivilisten getötet wurden, nannte Assad verabscheuungswürdig. „Noch nicht einmal Monster können so etwas begehen“, sagte der Präsident bei einem seiner seltenen öffentlichen Auftritte.
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Die westlichen Länder machen Assads Militär und verbündete Milizen für die Gewalttaten in Hula vor eineinhalb Wochen verantwortlich. Auch der UN-Sicherheitsrat sieht zumindest eine Teilschuld der syrischen Führung. Das Massaker, bei dem zumeist Kinder und Frauen getötet wurden, sorgte weltweit für Entsetzen und veranlasste den UN-Sondergesandten für Syrien, Kofi Annan, zu erneuten Vermittlungsversuchen. Bei einem Treffen der Arabischen Liga in Doha warnte er am Samstag vor einem Abgleiten Syriens in einen ungezügelten Krieg.
„Wir haben kein politisches Problem“, sagte Assad in seiner rund einstündigen Rede. „Womit wir es zu tun haben, ist ein Versuch, sektiererischen Streit zu säen und das Instrument dazu ist der Terrorismus. Wir haben es mit einem wahren Krieg zu tun, der von außen geführt wird.“ Assad wirkte gelassen und ging nicht auf den Appell Annans ein, die Gewalt sofort zu beenden und schweres Militär aus den Wohngebieten zurückzuziehen – so wie es der UN-Friedensplan vorsieht. In dem seit 15 Monaten anhaltenden Aufstand gegen Assad sind nach Angaben der Vereinten Nationen mehr als 10.000 Menschen getötet worden.
Der Konflikt destabilisiert auch den benachbarten Libanon und hat die Furcht vor einem Flächenbrand in der gesamten Region geweckt. Bei Gefechten zwischen Anhängern und Gegnern Assads wurden am Samstag in der libanesischen Hafenstadt Tripoli 13 Menschen getötet.
Das US-Außenministerium veröffentlichte unterdessen Satellitenfotos, die Massengräber in der Nähe von Hula zeigen sollen. Die Bilder seien Anfang der Woche von kommerziellen Satelliten aufgenommen worden, hieß es auf einer Internetseite, die von einer Abteilung des US-Außenministeriums betrieben wird. Zudem seien Krater von Artilleriegeschossen in der Nähe von Wohngebieten der Stadt Atarib zu erkennen. Auch sei offensichtlich zu sehen, dass Artillerie-Einheiten in die Umgebung dreier Städte und Kampfhubschrauber in die Nähe von Homs und Schairat verlegt worden seien. Eine Stellungnahme Syriens lag zunächst nicht vor.
Das syrische Militär und die Rebellen werfen sich gegenseitig vor, immer wieder die vereinbarte Waffenruhe zu verletzen. In Hula wurden die meisten Opfer aus nächster Nähe erschossen oder mit Messern getötet. Den UN-Beobachtern zufolge sind vermutlich Soldaten und eine regierungstreue Miliz dafür verantwortlich. Einige Opfer seien durch schwere Waffen wie Panzer und Haubitzen ums Leben gekommen, über die nur das Militär verfüge. Die meisten anderen seien wohl von Milizionären aus der Gefolgschaft von Assad umgebracht worden. Die syrische Regierung macht dagegen die Rebellen für das Massaker verantwortlich.
Die Arabische Liga forderte den UN-Sicherheitsrat als Reaktion auf das Massaker von Hula zu einer Aufstockung der Beobachtertruppe in Syrien auf. Zudem müssten die UN-Beobachter mehr Befugnisse erhalten, um die Zivilbevölkerung vor Gewalttaten und Verbrechen zu schützen, hieß es in einem Brief des Generalsekretärs der Arabischen Liga, Nabil Elaraby, von dem die Nachrichtenagentur Reuters und der libanesische TV-Sender LBCI am Freitag erfuhren. Der Sicherheitsrat müsse schnell handeln, um die Gewalt in Syrien zu stoppen und alle notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Zivilisten ergreifen.
Vor allem die Formulierung „alle notwendigen Maßnahmen zum Schutz der syrischen Zivilisten“ dürfte bei der russischen Regierung auf Ablehnung stoßen. Denn der Sicherheitsrat hatte im vergangenen Jahr mit einem Beschluss mit ähnlicher Wortwahl dem militärischen Eingreifen der Nato im Libyen-Konflikt den Weg geebnet. Russland hatte zwar damals nicht sein Veto eingelegt, den Nato-Einsatz seither aber immer wieder kritisiert und wiederholt erklärt, Syrien dürfe nicht zu einem zweiten Libyen werden. Nach dem Massaker in Hula hatte der französische Präsident Francois Hollande als erster westlicher Spitzenpolitiker eine militärische Intervention mit UN-Mandat ins Spiel gebracht. Bei bilateralen Treffen am Freitag konnten weder Hollande noch Kanzlerin Angela Merkel den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu einem schärferen Ton gegen Assad bewegen. Der Syrien-Konflikt wird auch eines der beherrschenden Themen des EU-Russland-Gipfels sein, der am Sonntagabend in Sankt Petersburg beginnt. (Reuters)