Moskau müsse erkennen, “dass wir nicht gegen russische Interessen arbeiten, wenn wir die Gewalt in Syrien benden.“ Amnesty fordert Waffenstopp.
Berlin. Russlands neuer Präsident Wladimir Putin reist am Freitag zu seinem Antrittsbesuch nach Berlin. Vor dem Treffen forderte die Menschrechtsorganisation Amnesty International (AI) einen sofortigen Stopp von russischen Waffenlieferungen an Syrien. Russland komme eine Schlüsselrolle bei den internationalen Bemühungen zu, dem Morden in Syrien endlich ein Ende zu machen, erklärte der Russlandexperte von AI, Peter Franck, am Freitag in Berlin. Insbesondere müsse Russland endlich seine Waffenlieferungen an Syrien einstellen und im Uno-Sicherheitsrat für ein umfassendes Waffenembargo stimmen. Auch Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) applellierte an Moskau, seine Politik gegenüber Syrien zu ändern.
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Peter Franck sagte, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) müsse ihrem Gast auch deutlich machen, „dass die seit vielen Jahren praktisch unverändert durch den russischen Staat begangenen Menschenrechtsverletzungen von den europäischen Partnern nicht länger hingenommen werden“. Putin müsse endlich dafür sorgen, dass Russland die Verpflichtungen einhält, die das Land mit dem Beitritt zur Europäischen Menschenrechtskonvention übernommen hat. Als Beispiele für Menschenrechtsverletzungen verwies Franck unter anderem auf die bislang nicht aufgeklärten Morde an den Journalistinnen Anna Politkowskaja und Natalja Estemirowa, die Haftstrafen für die Unternehmer Michail Chodorkowski und Platon Lebedew und die Menschenrechtslage im Nordkaukasus. Zudem verhänge der russische Staat Administrativhaft gegen friedliche Demonstranten und verabschiede Gesetze, die das öffentliche Auftreten für die Rechte von Schwulen und Lesben kriminalisierten.
Unmittelbar vor dem Besuch des russischen Präsidenten hat auch Außenminister Westerwelle an Russland appelliert, seine Syrien-Politik zu ändern. „Russland und seine Haltung zum Regime Assad spielen in der Syrien-Frage eine Schlüsselrolle“, sagte der FDP-Politiker der „Welt“. Russland sollte „erkennen, dass wir nicht gegen strategische russische Interessen arbeiten, wenn wir die Gewalt in Syrien beenden möchten“. Es gelte, einen Flächenbrand in der gesamten Region zu verhindern: „Das kann nur gelingen, wenn die internationale Gemeinschaft zusammensteht.“ Russland und China widersetzen sich im Uno-Sicherheitsrat sowohl schärferen Sanktionen als auch einem möglichen Eingreifen der Vereinten Nationen zur Beendigung des Blutvergießens in Syrien.
Westerwelle warnte vor einer Diskussion über eine militärische Intervention: „Man darf in dieser schwierigen Lage nicht den Eindruck erwecken, als wäre eine militärische Intervention der Königsweg zu einer schnellen Lösung“, sagte er. Die politischen und diplomatischen Bemühungen seien äußerst mühsam, aber sie müssten weitergehen. Der Friedensplan von Kofi Annan als Sonderbeauftragtem von Uno und Arabischer Liga sei „immer noch die beste Grundlage für eine politische Lösung“. Er müsse eine Chance bekommen.
Westerwelle äußerte die Erwartung, dass es zu einem Mandat der Vereinten Nationen für die Anwendung militärischer Gewalt nicht kommen werde. „Auch deswegen beteiligt sich die Bundesregierung auch nicht an Überlegungen, militärisch in Syrien einzugreifen, und setzt weiter auf eine politische Lösung.“ Wie in Jemen könnte die Macht auf einen Übergangspräsidenten übergehen, der einen Neuanfang organisieren müsste. „Wir müssen vorsichtig sein, dass wir mit Diskussionen über ein militärisches Eingreifen nicht Erwartungshaltungen wecken, die am Schluss nicht zu erfüllen sind“, sagte er.
Mit Material von dpa/epd