Die Ministerin lockt mit Krediten und Ausfallversicherungen - und hofft auf Mithilfe bei ihrem Konzept zur Pflege von Angehörigen.
Berlin. Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) bemüht sich um die Unterstützung der Wirtschaft für die Einführung einer Familienpflegezeit. Sie wolle Eckpunkte für einen Gesetzentwurf im Herbst vorlegen und die Familienpflegezeit im kommenden Jahr einführen, sagte Schröder in Berlin. Auf den Staat und die Wirtschaft kämen dadurch keine zusätzlichen Belastungen zu. Die Ministerin will Risiken für Unternehmen absichern und kleinen und mittleren Betrieben die Gewährung von Familienpflegezeiten erleichtern.
Schröder hatte ihre Pläne erstmals im März vorgestellt. Danach sollen Arbeitnehmer, die einen Angehörigen pflegen wollen, ihre Arbeitszeit bis zu zwei Jahre lang auf bis zu 50 Prozent reduzieren können. Sie erhalten 75 Prozent des Lohnes und müssen die Differenz in den an die Pflegezeit anschließenden beiden Jahren zurückzahlen. In der Regel geschieht dies, indem sie wieder voll arbeiten, aber nur 75 Prozent des Gehalts bekommen. Der Wirtschaft, die den Plänen skeptisch gegenübersteht, will Schröder mit Krediten und Ausfallversicherungen entgegenkommen. Nach ihren Vorstellungen sollen Betriebe mit weniger als 250 Beschäftigten die Lohnaufstockung während der Pflegezeit als zinslosen Kredit von der KfW-Bankengruppe erhalten können. Eine Zusage der KfW habe sie bereits, sagte Schröder.
Arbeitnehmer, die die Familienpflegezeit in Anspruch nehmen wollen, sollen verpflichtet werden, eine Versicherung abzuschließen, die einspringt, sofern sie nach der Pflegezeit wegen Berufsunfähigkeit oder Tod den Lohnvorschuss nicht zurückzahlen können. Die Police soll je nach Alter bis zu zehn Euro im Monat kosten. Das Modell hat der ehemalige Wirtschaftsweise Bert Rürup entwickelt, der Versicherungen und Finanzdienstleister berät.
Rürup sagte, die Familienpflegezeit sei ein „modernes Konzept“, weil Angehörige in hohem Maße bereit seien zu pflegen. Dies müsse aber vereinbar sein mit der Berufstätigkeit von Frauen und dürfe die Arbeitgeber sowie die öffentlichen Haushalte nicht belasten.
In Deutschland erhalten rund 2,25 Millionen Menschen Leistungen aus der Pflegeversicherung, zwei Drittel werden von ihren Angehörigen zu Hause versorgt. Nach einer Allensbach-Umfrage glauben 80 Prozent aller Berufstätigen, dass sich Pflege und Job kaum vereinbaren lassen. 68 Prozent derer, die bereits pflegen, bestätigen dies. Gleichwohl wollen zwei Drittel der Berufstätigen zwischen 25 und 60 Jahren einen Angehörigen lieber zu Hause pflegen als ihn ins Heim geben. (epd/abendblatt.de)