Rom. Im Fall der getöteten Deutschen Silvia N. hat die Polizei einen Verdächtigen gefasst. Eine schlimme Befürchtung könnte sich bestätigen.

Fast zwei Monate nach dem brutalen Mord an der Augsburgerin Silvia N. in der süditalienischen Badeortschaft Ogliastro Marina ist es zu einer Wende gekommen: Die Carabinieri haben am Montag den Berliner Kai D., den Lebensgefährten des Opfers, festgenommen. Gegen ihn wurde bereits seit über einem Monat ermittelt, circa vier Wochen nachdem die verkohlte Leiche der 53-Jährigen in einem Kiefernwald unweit des gemeinsamen Hauses entdeckt worden war.

Der Vorwurf lautet auf Mord. Auch wegen der Zerstörung der Leiche muss er sich verantworten. Die Frau wurde mit Messerstichen getötet, ihre Leiche danach in Brand gesetzt. Die Ermittler gehen davon aus, dass N., die seit einigen Jahren mit ihrem 62-jährigen Lebensgefährten in Ogliastro Marina lebte, kurz nach ihrem Verschwinden am 18. Oktober ermordet worden war.

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Der Anwalt des Angeklagten Felice Carbone bestätigte gegenüber unserer Redaktion die Festnahme seines Mandanten. „Ich bin aber immer noch von der Unschuld meines Klienten überzeugt, jetzt mehr denn je“, versicherte der Verteidiger, der das Paar gut kannte. Über die Festnahme, die von der Staatsanwaltschaft mit Fluchgefahr begründet wurde, sei er überrascht. „Mein Klient lebt seit Silvias Tod bei Freunden, wo ihn Journalisten regelmäßig aufsuchen. Hätte eine reale Fluchtgefahr bestanden, wäre er schon längst untergetaucht“, so Carbone.

Mordverdächtiger war in Deutschland vorbestraft

Die Leiche von Silvia N. wurde am 18. Oktober, drei Tage nach ihrem Verschwinden, in einem Wäldchen etwa 150 Meter von dem Haus entfernt gefunden, in dem das Opfer mit ihrem Lebensgefährten lebte. Die Leiche war halb nackt und wies Spuren von Schlägen auf den Kopf und Stichwunden am Unterleib auf. Der Mörder soll die Leiche später in Brand gesteckt haben, berichteten die Ermittler. Die Obduktion bestätigte, dass Silvia N. mit einem stumpfen Gegenstand erschlagen, dann erstochen und verbrannt wurde.

Italy, Ogliastro Marina - Castellabate: Silvia Nowak, the German woman reported missing in Cilento, found burned to death. A rose and a candle left at the crime scene
An dem Kiefernwäldchen, in dem die Leiche der Deutschen Silvia N. gefunden wurde, gedachte der Ort Ogliastro Marina der Verstorbenen. © picture alliance / ROPI | er

Das letzte Lebenszeichen von Silvia N. zeichneten Überwachungskameras in der Nähe ihres Hauses am 15. Oktober auf. Darauf war die Frau zu sehen, wie sie sich nur mit einem Napf und einer Hundeleine von ihrem zu Hause entfernte. Ihr Lebensgefährte schlug am Nachmittag desselben Tages Alarm und gab ab, nicht zu wissen, wo seine Frau sei.

Laut dem ermittelnden Staatsanwalt Antonio Cantarella deuteten die bisher gesammelten Beweise auf die Schuld des Verdächtigen hin. Zu den wichtigsten Indizien zähle demnach eine Blutspur des Opfers, die an einem Zaunpfahl seines Hauses gefunden worden sei. Das wiederum deute darauf hin, dass Silvia N.s Angreifer das Grundstück betreten und verlassen habe.

Ein weiteres Detail, das im Laufe der Ermittlungen zutage kam, betrifft die Vergangenheit des Beschuldigten. Der Mann hatte demnach seinen Namen geändert und ist in Deutschland wegen Diebstahls, Betrugs und vorsätzlicher Tötung im Jahr 1999 vorbestraft. Im Jahr 2014 war er in einen Fall von Computerbetrug verwickelt.

Mordmotiv: Könnte der Beschuldigte aus Geldgier gehandelt haben?

Das Verhältnis des Paares hatte zuletzt als angespannt gegolten, obgleich es laut Polizei zu keinen gewalttätigen Zwischenfällen gekommen sei. Das Mordmotiv könnte demnach auch finanzieller Natur sein: In der Wohnung des Opfers wurden mehr als 6.000 Euro in bar gefunden. Außerdem war bekannt, dass die Ermordete über ein beträchtliches Vermögen verfügte.

Kai D. soll am Mittwoch von den ermittelnden Staatsanwälten vernommen werden. Felice Carbone will seine Freilassung beantragen. Laut dem Anwalt können finanzielle Aspekte nicht der Grund für den Mord sein. „Silvia war die wohlhabendste unter den beiden. Nach ihrem Tod ist Kai in die Armut gestürzt“, betonte der Anwalt. Über etwaige Vorstrafen seines Mandanten in Deutschland sei er nicht informiert.

Der Lebensgefährte hatte stets seine Unschuld beteuert. Er konnte den Ermittlern sogar ein scheinbar wasserfestes Alibi vorlegen: Aufnahmen einer Videoüberwachungsanlage unweit des gemeinsamen Hauses sollten demnach belegen, dass der Verdächtige im Garten schlief, als sich Silvia N. zu dem Spaziergang aufmachte, von dem sie letztlich nie mehr zurückkehrte. Ob und wie diese Videoaufnahmen irreführend sein könnten, gaben die Justizbehörden bisher jedoch nicht bekannt.

Marco Rizzo, Bürgermeister Gemeinde Castellabate, zu der Ogliastro Marina gehört, erklärte sich über die neue Wende im Fall bestürzt. „Das Paar hatte sich in unsere Gegend, in der es seit einigen Jahren lebte, gut integriert und war dort bekannt. Wir haben nie Berichte über Probleme oder Gewalttaten jeglicher Art gegen sie erhalten“, so der Bürgermeister. 

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