Hamburg. In Jakutien entdeckten Forscher eine Seltenheit: Unter dem sibirischen Eis kam ein 32.000 Jahre altes Wollnashorn zum Vorschein.

Wollnashörner (Coelodonta antiquitatis) waren in der Mammutsteppe zu Hause, einer kargen Tundra, die sie vor etwa 460.000 bis 12.000 Jahren durchstreiften. Ausgestattet mit dichtem, zotteligem Fell und ihrem markanten Horn, waren sie bestens für die eiszeitlichen Bedingungen gewappnet. Diese großen Pflanzenfresser, die nur von Mammuts in ihrer Größe übertroffen wurden, waren ein wichtiger Teil des Ökosystems und prägten das Leben in der rauen Eiszeitlandschaft.

Doch trotz ihrer bedeutenden Rolle in der Eiszeit bleibt das Wissen über Wollnashörner begrenzt. Jedes gefundene Exemplar hilft, neue Erkenntnisse über diese ausgestorbenen Tiere zu gewinnen. In der nordöstlichen Region der russischen Republik Sacha, auch bekannt als Jakutien, haben Wissenschaftler im August 2020 einen sensationellen Fund gemacht: den fast vollständig erhaltenen, tiefgefrorenen Kadaver eines jungen Wollnashorns. Es ist über 32.000 Jahre alt und lag all die Zeit im sibirischen Eis begraben.

Mumifizierter Kadaver von einer Seite zerfleischt

Die Überreste des Tieres, das aufgrund des Fundorts als „Abyisky-Nashorn“ bezeichnet wird, wurden im August 2020 an den eisbedeckten Ufern des Tirekhtyakh-Flusses freigelegt. Der Kadaver weist eine bemerkenswerte Erhaltung auf, da die rechte Seite des Wollnashorns fast intakt ist. Haut- und Fellpartien haben die Jahrtausende in eisigen Bedingungen nahezu unversehrt überstanden. Forscher stellten jedoch fest, dass die linke Seite des Nashorns stark beschädigt ist und darauf hindeutet, dass das Tier kurz vor oder nach seinem Tod von Raubtieren gefressen wurde.

„Von der Oberseite des Oberschenkels bis zur Höhe des Schulterblatts ist der Kadaver schwer beschädigt“, schrieben Forscher der Russischen Akademie der Wissenschaften und der Akademie der Wissenschaften der Republik Sacha in einer Studie, die im Juli im Artikel des Fachjournals „Doklady Earth Sciences“ veröffentlicht wurde. Ein Großteil des Inneren des Tieres sei freigelegt, und die meisten Eingeweide fehlten, hieß es weiter.

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Archäologie: Analysen geben Aufschluss über Alter des Tieres – Forscher staunen über neue Erkenntnisse

Radiokarbonanalysen zeigen, dass das Abyisky-Nashorn etwa vier bis viereinhalb Jahre alt war, als es in einem flachen Gewässer starb und durch den Frost konserviert wurde. Auffällig ist der 13 Zentimeter hohe Fettbuckel auf seinem Rücken, der bei Wollnashörnern bisher nicht beobachtet wurde. Diese Fettreserven halfen arktischen Tieren, in kalten Zeiten Energie zu speichern, und liefern wertvolle Hinweise darauf, wie Wollnashörner in der eisigen Kälte überleben konnten.

Die Forscher haben das Nashorn vorsichtig wieder aufgetaut, um Proben von Haut, Fell und Weichteilen zu entnehmen. Diese gut erhaltenen Gewebeproben bieten seltene Einblicke in das Leben dieser prähistorischen Tiere. Solche Funde seien für die Forschung extrem wertvoll und helfen, das Bild der eiszeitlichen Tierwelt weiter zu vervollständigen, so die Archäologen. Wissenschaftler weltweit erwarten gespannt neue Erkenntnisse aus diesem außergewöhnlichen Fund.