Berlin. In Südamerika taucht eine nicht-heimische Schmetterlingsart auf. Forscher konnten nun den irrsinnigen Weg der Insekten nachvollziehen.
Die erste Atlantik-Überquerung per Flugzeug glückte im Jahr 1919 – ein Meilenstein der Fluggeschichte. Nie zuvor überquerten Menschen schneller Non-Stop den Ozean zwischen Amerika und Europa. Doch ausgerechnet winzige Schmetterlinge lassen die Reise einfach aussehen. So konnten Wissenschaftlern jetzt erstmals nachweisen, dass die Insekten auf ihrem Weg nach Südamerika eine unglaubliche Strecke von mindestens 4200 Kilometern in der Luft zurücklegten – ohne Pause.
Laut einer im Magazin „Nature Communications“ veröffentlichten Studie entdeckte der Wissenschaftler Gerard Talavera bereits im Jahr 2013 einen Schwarm Distelfalter im südamerikanischen Französisch-Guyana. Doch die Schmetterlinge (Vanessa cardui) aus der Familie der Edelfalter sind in Südamerika nicht heimisch. Woher kamen sie also? Eine erste Vermutung: Sie müssen aus Afrika gekommen sein. Eine Vermutung, die sich durch jahrelange Forschung bestätigt hat.
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Schmetterlinge flogen bis zu 7000 Kilometer Non-Stop
„Wir neigen dazu, Schmetterlinge als Symbol für Zerbrechlichkeit und Schönheit zu sehen. Unsere Forschung zeigt uns nun, dass sie zu unglaublichen Leistungen in der Lage sind“, wird Co-Autor Roger Vila von der Universität Pompeu Fabra Barcelona zitiert. Das interdisziplinäre Team der Forschungsgruppe analysierte das Genom der gefundenen Schmetterlinge.
Dabei zeigte sich, dass die Sequenzen große Ähnlichkeiten zu Populationen in Europa und Afrika aufweisen. Zudem fanden die Wissenschaftler an den Insekten Pollen, die ausschließlich in tropischen Regionen Afrikas vorkommen. Ein weiteres Indiz: Die Flügel der Schmetterlinge wiesen Wasserstoff- und Strontium-Isotope auf, deren Ursprung in Europa liegt.
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„Die Distelfalter erreichten Südamerika von Westafrika aus. Dabei legten sie eine Strecke von 4200 Kilometern zurück. Ihre Reise könnte aber noch viel länger gewesen sein. Möglicherweise liegt der Start in Europa. Damit hätten die Falter 7000 Kilometer zurückgelegt“, so Co-Autor Clément Bataille, Forscher an der Universität von Ottawa (Kanada).
Schmetterlinge nutzten Windautobahn für ihre Reise
Wie sollen die Insekten mit einer Flügelspannweite von gerade einmal sechs Zentimetern einen Nonstop-Transatlantik-Flug gemeistert haben? Um dieser Frage nachzugehen, analysierten die Wissenschaftler zusätzlich die Windströme zwischen West-Afrika und dem amerikanischen Kontinent. Demnach dürften die Schmetterlinge für ihre Reise fünf bis acht Tage gebraucht haben. Ohne die Windströme hätten sie eine maximale Distanz von 780 Kilometern erreicht. Die Falter nutzten aber eine regelrechte Wind-Autobahn: Passatwinde, die von der Sahara über den Atlantik bis nach Südamerika führen – und auch den berüchtigten Saharastaub mit sich führen.
Dass diese Winde Partikel von einem Kontinent und zum anderen Kontinent transportieren, war bereits bekannt. Dass sie aber auch der Migration lebender Organismen dienen, ist für die Forschung neu. „Offenbar unterschätzen wir die Häufigkeit und Bedeutung dieser Wanderungen“, so Studienleiter Gerard Talavera – und wagt eine Prognose: „Der Klimawandel könnte diese Prozesse zusätzlich verstärken, mit gewaltigen Folgen für die Artenvielfalt und die weltweiten Ökosysteme.“
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