Landkreis Harburg. Auf Bauernhof, Wiese oder im Obstgarten – das Angebot kleinster Campingplätze wächst. Wie man sie findet und welches die Vorteile sind.
- Die Sehnsucht nach individuellem Urlaub in der freien Natur wächst ständig
- Konzepte aus anderen Ländern nehmen in Deutschland seit Corona Fahrt auf
- Am Beispiel von Blümels Hof im Estetal erklären wir die wichtigsten Parameter
Stellen wir unser Reisemobil lieber neben die Weihnachtsbaumplantage oder übernachten wir am Rande der Alpaka-Weide? Camper, die Rast machen auf Blümels Hof zwischen Moisburg und Grauen, haben die Qual der Wahl. Wie ihre Entscheidung auch ausfällt – sie genießen einen weiten Blick über das Estetal und die herrliche Ruhe.
Enge Parzellen und lärmige Nachbarn wie auf vielen konventionellen Stell- und Campingplätzen gibt es hier nicht. Maximal drei Campingfahrzeuge dürfen auf dem großen Gelände Station machen. Diese Regel gilt für alle privaten Gastgeber, die Camper auf ihrem Grundstück übernachten lassen. Ab vier Stellflächen gilt ein Grundstück nach der Deutschen Campingverordnung als offizieller Campingplatz – mit allen Auflagen und Antragstellungen.
Mikro-Stellplätze sind für viele Vermieter eine willkommene Ergänzung
Für private Anbieter ist das meist keine Option. „Das wäre uns viel zu kompliziert“, erklärt Saskia Blümel. Hier dreht sich in erster Linie alles um Tannenbäume. Einnahmen aus der Stellplatz-Vermietung stellen „nur“ eine willkommene Ergänzung dar. Und weil die Camper gern auch den Hofladen und das Hofcafé frequentieren, profitieren beide Seiten.
Private Stellplätze bei Winzern, auf Bauern- und Obsthöfen und in Gärten gibt es schon lange. In Frankreich wurde bereits vor 30 Jahren das Gastgeber-Gäste-Netzwerk „France Passion“ gegründet. Die Idee: Mitglieder zahlen einen einmaligen Jahresbeitrag. Dafür dürfen sie im Camper zum Nulltarif bei beliebig vielen Landwirten, Fischern und Handwerkern übernachten. Allerdings wird erwartet, dass sie zum Dank Produkte des Betriebs konsumieren. Gewollter Nebeneffekt: Die Reisenden kommen mit der Landbevölkerung in Kontakt, entwickeln Verständnis für deren Arbeit und Lebensumstände.
Konzept existiert in Frankreich seit 30 Jahren, hierzulande seit Corona
Längst gibt es nahezu europaweit Netzwerke nach dem gleichen Muster. In Deutschland heißt es „Landvergnügen“. Diese Organisation trat während der Corona-Pandemie an die Blümels heran. Ob sie nicht Stellplätze auf ihrem Hof anbieten wollten? „Als Kinder haben wir mit unseren Eltern immer Ferien im Reisemobil oder Wohnwagen gemacht. Unsererseits bestand also eine Beziehung zum Camping.“
Was die Entscheidung erleichterte: Investitionen waren nicht nötig, denn das Mikro-Stellplatz-Konzept richtet sich hauptsächlich an autarke Camper, die dank voll ausgestatteter Fahrzeuge weder WC noch Strom oder Wasser benötigen.
Rast auf Privat-Stellplätzen ist im Prinzip wie Wildcampen, nur legal
Rasten auf Privat-Stellplätzen ist im Prinzip wie Wildcampen, nur eben legal, sicher und geborgen. Kostenlos ist es allerdings nicht. Wie viel zu zahlen ist, hängt davon ab, über welche Camping-Plattform gebucht wird, inzwischen gibt es viele. Die meisten entstanden während der Corona-Pandemie, als offizielle Campingplätze wegen der Ansteckungsgefahr geschlossen waren.
Wer separat auf privater Wiese stand, hatte nichts zu befürchten. Die Möglichkeit solcher Fluchten in die Natur steigerte nicht nur die Nachfrage nach Campingfahrzeugen enorm, sondern auch die nach Stellplätzen.
Der Hof Blümel ist auf den bekanntesten Camping-Plattformen vertreten
Blümels Hof ist inzwischen auf vier bekannten Camping-Plattformen vertreten: Bei „Landvergnügen“, „Roadsurfer Spot“, „Alpaca Camping“ und „Hinterland“. Außerdem vermarkten die Blümels ihre Stellplätze auch privat. Damit bei mehreren Anbietern keine Doppelbuchungen vorkommen, haben alle Organisationen Zugriff auf den Buchungs-Kalender. Pro Jahr zählt Blümels Hof heute schätzungsweise 600 Übernachtungen.
Denn inzwischen bietet der Hof auch jede Menge Service für Camper: Teeküche, WC, Dusche, Waschmaschine und Trockner, Frischwasser. „Das alles brauchen wir ohnehin für Hofladen und Hofcafé. Strom gibt es bei den Weihnachtsbäumen sowieso und zur Alpaka-Weide legen wir bei Bedarf eine Kabeltrommel“, erzählt Saskia Blümel.
Mit dem Fahrrad kommt man zügig ins Alte Land oder nach Buxtehude
Mitglieder von „Landvergnügen“ zahlen bei Bedarf nur für diese Extra-Leistungen. Die Übernachtung ist für sie frei. Wer über Roadsurfer, Alpaca oder Hinterland bucht, darf zum Festpreis alle Serviceangebote nutzen.
Entsorgung von Abwasser und Chemietoilette ist bei Blümels nicht möglich. Das begrenzt die Aufenthaltsdauer. Die meisten Gäste bleiben nur eine Nacht. Oftmals handelt es sich um Durchreisende. Denn allein schon die Nähe zu den Autobahn-Abfahrten Rade und Hollenstedt macht Blümels Hof für einen Zwischenstopp attraktiv. Camper-Hauptsaison ist für Blümels die Zeit der Obstblüte.
Camping auf dem Bauernhof: Die meisten Gäste bleiben nur eine Nacht
„Dann haben wir die meisten Anfragen, weil im Alten Land alle konventionellen Plätze belegt sind oder dort zumindest großes Gedränge herrscht. Hier steht man ruhig und mit dem Fahrrad kommt man recht schnell ins Alte Land oder nach Buxtehude.“ Auch Gäste, die Hamburg erkunden möchten, aber mit ihrem Mobil die Fahrt in die Großstadt scheuen, nehmen zuweilen in Grauen bei Blümels Quartier. „Die fahren von hier mit dem Bus nach Neu Wulmstorf und steigen dort in die Bahn.“
Die umgekehrte Richtung liegt ebenfalls im Trend: Mit dem Camper zur Kurzerholung von der Stadt aufs Land. Viele Hamburger Familien verbringen Wochenenden auf Blümels Hof. Nicht nur die Kinder freuen sich über Shetlandponys, Ziegen, Hühner, Enten und Alpakas, mit denen sogar Spaziergänge unternommen werden dürfen. Zudem gibt es von Freitag bis Sonntag Frühstück im Hofcafé.
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Insgesamt sei die Nachfrage in kürzester Zeit „durch die Decke gegangen“, sagt Saskia Blümel. „Vor drei Jahren haben wir noch jeden einzelnen Camper mit einer kleinen Flasche Weinschorle begrüßt. Meine Mutter hatte die Etiketten sogar liebevoll mit der Hand geschrieben. Das ist schon lange nicht mehr zu schaffen.“
Camping-Revolution: im Landkreis Harburg entstehen mehr Mikro-Stellplätze
Persönlichen Kontakt zu den Campern pflegt die Familie aber nach wie vor. „Gerade meine Eltern und meine Tante, die im Hofladen arbeitet, unterhalten sich gern mit unseren Camping-Gästen. Es ist immer etwas los, wir mögen das. Für uns bedeutet das Stellplatzangebot eine echte Bereicherung.“ Informationen unter www.weihnachtsbaeume-bluemel.de
Auswahl von privaten Stellplätzen im Hamburger Süden:
Blümels Café, Hofladen & Weihnachtsbäume, Ruhmannshof 4, Moisburg, Tel.: 04165 22389 88. 3 Stellflächen auf Wiese, Blick ins Estetal, Wasser, Strom, WC, Dusche, Küche, Waschmaschine, Trockner, Müllentsorgung, Hofladen und Hofcafé.
Hof Johansson, Wiehweg 21, Toppenstedt, Tel. 0176 24008788. 3 Stellflächen auf Wiese unter Bäumen an einem Bach mit Blick über Wiesen und Äcker, nur für autarke Camper. Kinderspielplatz, Ziegen, Ponys, Hühner, Hunde, Katzen, Rinder, Hofladen.
Seevehof, Seevestraße 25, Hanstedt-Weihe, Mobil: 0172 40 54 273, Telefon: 04187 90 98 967. 1 Stellfläche auf einer Apfelwiese oder am Birkenhain eines Pferdehofs. Hoftoilette nutzbar. Blick in den Seevegrund. In der Nachbarschaft Rinder und Schafe, Hühner.
Privatcamping in Hamburg-Hausbruch, Minnerweg, Mobil: 0172 40 54 273, Telefon: 04187 90 98 967. 2 Stellflächen in einem parkähnlichen Garten. Trockentoilette, Dusche, öffentliche Verkehrsmittel und Geschäfte in der Nähe.
Horster Mühle, Zur Wassermühle 4, Seevetal, Tel.: 0410582643. Stellmöglichkeit auf dem Parkplatz einer Gaststätte, kein Service, kostenlos. Einkehr ins Restaurant obligatorisch.
Im Landkreis Harburg gibt es weitere private Campingplätze, deren Adressen nur bei Anmeldung über die entsprechenden Camping-Plattformen zu erfahren sind. Stellmöglichkeiten finden sich in Seevetal (Karoxbostel und Hörsten), Asendorf, Hollenstedt und Seppensen. Eine erste Übersicht bietet beispielsweise die kostenlose App „Stellplatzradar“ von Promobil. In einem definierten Suchbereich werden die Angebote aufgelistet und beschrieben.