Altes Land. Warum hiesige Obstbauern im Vergleich zur Importware mehr Geld nehmen. Und was es mit der „Knupperkirsche“ auf sich hat.

Die Sonne hat den Kirschbäumen gutgetan, ihre Früchte haben viel Zucker eingelagert und sind daher in diesem Sommer besonders süß und saftig. Das feiert das Alte Land mit dem Kirschmarkt, der am Sonntag, 9. Juli, im und am Jorker Rathaus stattfindet. Der Kirschmarkt beginnt um 11 Uhr mit der traditionellen Eröffnungszeremonie an der Fleetseite des Rathauses. Sie wird wieder von Schauspielern der Kleinen Jorker Bühne gestaltet.

Den ganzen Tag über gibt es ein buntes Programm mit Tanzgruppen und Kunsthandwerk. Insgesamt werden etwa 60 Stände rund um das Rathaus aufgebaut. Die Hauptrolle spielen aber die Kirschen: Sie dürfen genascht werden, und Besucher können ihr Glück beim Kirschkern-Weitspucken versuchen. Außerdem gibt ein buntes Kinderprogramm. Der Markt endet um 18 Uhr.

Je später es wird, desto größer und fester sind die Kirschen aus dem Alten Land

Die Obstbauern im Alten Land sind laut Landvolk Niedersachsen zufrieden mit dem Beginn der Ernte: „Die ersten frühen Sorten haben bereits Lust auf mehr gemacht“, sagt Claus Schliecker, Vorsitzender der Fachgruppe Obstbau im Landvolk Niedersachsen. Je später es werde, desto größer und fester seien die Kirschen. Der Obstbauer geht sehr optimistisch und positiv in die diesjährige Ernte. „Das Alte Land hat als gewässerreiches Gebiet einen Standortvorteil“, sagt Schliecker.

Im Sommer nutzt er die Anlagen zur Frostschutzberegnung für die Bewässerung der Bäume. Wegen der hohen Abstandsauflagen zu Gräben muss er jedoch auch mit den Nachteilen beim Pflanzenschutz zurechtkommen. Der Fachmann hofft, dass die Verbraucher diesen hohen Aufwand wertschätzen und bei ihrem Einkauf bevorzugt heimische Früchte in den Korb legen.

Je später es im Jahr wird, desto größer und praller werden die Kirschen.
Je später es im Jahr wird, desto größer und praller werden die Kirschen. © Michael Rauhe / FUNKE Foto Services | Michael Rauhe

„Mit den günstigen Importen aus dem mediterranen Raum können wir mit unseren hohen Qualitätsstandards preistechnisch nicht mithalten“, erläutert er. Allein der Mindestlohn, die Umweltauflagen und die gestiegenen Preise für Betriebsmittel summierten sich zu höheren Kosten als der Verkaufspreis, für den die Importe im Laden liegen.

Die Obstbauern im Alten Land müssen einiges tun, um ihre Früchte mit Überdachungen und Netzen vor Regentropfen sowie Vögeln, Kirschessigfliegen und Kirschfruchtfliegen zu schützen.

„Ernstzunehmender Kirschenanbau ist nur mit Dach verlässlich“, meint Schliecker. „Früher mussten wir unsere Kirschen sehr aufwendig und vor allem laut mit Rasseln und Kanonen vor den Vögeln bewachen, die von den süßen roten Früchten ebenso angetan sind wie wir. Heute schützen wir unsere Kirschen häufig mit Foliendächern, die nicht nur Schutz vor Vögeln, sondern auch vor Regen bieten“, sagt Schliecker.

70 bis 80 Prozent der Bäume werden für rund sechs Wochen überdacht

Etwa 70 bis 80 Prozent der Bäume im Alten Land werde für rund sechs Wochen überdacht. Anschließend rollen die Obstbauern die Dächer wieder ein.

„Die Bauern haben dazu gelernt“, sagt Martin Kockerols, Spezialberater für Steinobst des Obstbauversuchsrings in Jork. Neben einem ausgeklügelten Abwehrsystem gegen Schädlinge gehören auch neue Sorten dazu. Durch eine Züchtung aus den beiden Hauptsorten Kordia und Regina sei der Kirschbaum Areko entstanden. „Das ist ein gesunder Baum mit großen Früchten, dessen Blüten widerstandsfähiger gegen Frost sind“, erläutert Kockerols. Insgesamt beobachtet er jedoch eine Stagnation bei der Anbaufläche, die in Niedersachsen bei etwa 500 Hektar liegt.

Die Kirschenernte im Alten Land bringt in diesem Jahr viele leckere Früchte hervor. Die Sonne hat den Bäumen gutgetan.
Die Kirschenernte im Alten Land bringt in diesem Jahr viele leckere Früchte hervor. Die Sonne hat den Bäumen gutgetan. © Michael Rauhe / FUNKE Foto Services | Michael Rauhe

Kockerols erwartet eine durchschnittliche Ernte. Die Trockenheit der vergangenen Jahre ziehe die Bäume zwar in Mitleidenschaft – die schweren Marschböden zehrten jedoch noch von den ergiebigen Frühjahrsregenfällen. „Wasser ist wichtig, sonst bekommen die Bäume Stress“, so Kockerols. In mehreren Durchgängen werden jeweils nur die reifen Kirschen per Hand gepflückt.

„Wir legen Wert darauf, dass das Pflücken immer mit Stengel erfolgt, da sonst eine Wunde an der Kirsche entsteht und diese schneller verdirbt“, sagt Obstbauer Schliecker. Übrigens: die sogenannte „Knupperkirsche“ ist gar keine Sorte, wie vielfach vermutet, es handelt sich hierbei lediglich um eine Bezeichnung für die besonders prallen, saftigen und dunklen Kirschen, die besonders viel Fruchtfleisch besitzen.