Jork. Das wetter war meist optimal. Experten rechnen in den nächsten Wochen mit bis zu 6000 Tonnen der süßen Früchte.
Meist warmes Wetter zur Blütezeit, dann eine längere Trockenperiode ohne gefährlichen Regen: Seit einigen Tagen hat im Alten Land die Kirschernte begonnen und steht offenbar vor einem guten Ergebnis. Durchschnittlich werden hier im größten deutschen Obst-Anbaugebiet auf insgesamt rund 500 Hektar Fläche 4500 Tonnen Kirschen geerntet, diesmal rechnet die niedersächsische Landwirtschaftskammer mit einem Ertrag von 5000 bis sogar 6000 Tonnen aus dem Alten Land, das als deutsches Hauptanbaugebiet für Süßkirschen gilt. Nach den Äpfeln sind Kirschen hier die zweitwichtigste Obstart. Sauerkirschen spielen an der Elbe indes kaum eine Rolle, spezialisiert sind die Obstbaubetriebe zwischen Francop und Stade auf die empfindlichen Süßkirschen, die noch von Hand geerntet werden.
Von einem „durchschnittlich guten Ergebnis“ in dieser Saison spricht auch der stellvertretende Leiter der Obstbauversuchsanstalt in Jork, Michael Görgens. Möglich seien auch größere Erntemengen, aber der Frost Anfang April habe noch das Ergebnis etwas verringert.
Kirschen werden auch direkt ab Hof verkauft
Derzeit werden die frisch geernteten, roten Früchte hier auf vielen Höfen auch direkt verkauft. Zwischen vier und acht Euro – je nach Fruchtgröße -- kostet in der Regel ein Kilo Kirschen direkt vor Ort. Auch in Supermärkten werden Kirschen derzeit vielfach angeboten, dort wird laut Landwirtschaftskammer aber oft auch Importware aus der Türkei, Italien oder Spanien verkauft: Bis zu 70 Prozent der in Deutschland angebotenen Süßkirschen stammten aus anderen Ländern-
Kirschen sind dabei Früchte, die nicht nachreifen und deshalb beim Verkauf voll entwickelt sein müssen. Man erkennt solche ausgereiften Kirschen der Landwirtschaftskammer zufolge an einer glänzenden Fruchthaut und einer intensive Färbung: Wobei Süßkirschen mit Stiel angeboten werden, die wiederum Rückschlüsse auf die Frische der Ware zulassen. Er sollte grün und saftig sein, fehle er ganz, verlöre die Frucht schnell an Saftigkeit
„Regina“ gilt als Königin unter den Kirschsorten
Geerntet wird derzeit vor allem die frühere Sorte „Kordia“, ab der nächsten Woche dann die „Regina“. „Das ist die Königin unten den Kirschen“, sagt Obstbauexperte Görgens. Tatsächlich wurde die Sorte Ende der 50er Jahre in der Jorker Obstbauversuchsanstalt speziell für die Bedingungen im Alten Land gezüchtet und wird mittlerweile aber auch weltweit angebaut, unter anderem sogar in Neuseeland. Eine Altländer Erfolgskirsche also. Sie ist prall, groß, sehr süß und haltbar. Und sie gilt als wenig „platzgefährdet“. Das heißt, sie platzt nicht gleich auf, sollte es doch einmal regnen.
Regen und Vögel gelten eben als größte Feinde beim Kirschanbau, sagt der Obstbauexperte. Rund die Hälfte der Kirschflächen im Alten Land stehen daher mittlerweile unter Foliendächern, die Schutz gegen beides bieten.
Die Hälfte der Anbaufläche steckt unter Foliendächern
So ist es auch bei dem Jorker Obstbauern Hein Lühs, der einen Bio-Betrieb betreibt und bereits in 5. Generation Äpfel aber eben auch Kirschen anbaut. Auf seinem „Herzapfelhof“ wachsen 20 Kirsch-Sorten. Viele ältere davon sind meist kleiner und dienen vor allem als Bestäuberpflanzen für die großfleischigen Sorten, die im Verkauf als „Knubberkirschen“ Priorität haben und unter Foliendächern wachsen. Und das sei gerade für den Bio-Anbau ein großer Vorteil, sagt Lühs. So könne es nach starken Regenfällen zu Fäulnis an den Kirschen durch Pilze kommen, die man im konventionellen Anbau bekämpfen kann, in der Bio-Produktion aber nicht. Und die Dächer verhindern, dass Stare und andere Vögel schneller als
die meist polnischen Erntehelfer sind.
Obstbauer Lühs, der auf seinem Hof in Osterjork auch reine „Nasch-Touren“ für Besucher anbietet, kann sich aber auch an Zeiten erinnern, als im Alten Land die Vögel noch mit anderen Methoden vertrieben wurden. Als Schuljunge preschte er mit einem Mofa ohne Schalldämpfer durch die Plantagen, manche Betriebe installierten sogar spezielle Bölleranlagen. Lühs: „Früher gab es den Spruch: Wenn man in Blankenese aus dem Alten Land das Knallen hört – dann sind die Kirschen reif“. Später arbeiteten die Obstbaubetriebe mit großen Netzen, inzwischen aber überwiegend mit den Foliendächern als Doppelschutz.
Bis voraussichtlich Ende Juli werden im Alten Land jetzt noch Kirschen geerntet, etwa sieben bis acht Wochen dauert hier die Kirschenzeit. Bis Ende September wird es sie aber noch im Handel geben, in speziellen Foliensäcken können Kirschen bei einem Grad Celsius maximal nach der Ernte noch weitere zwei Monate haltbar gemacht werden. Ob das aber dem Genuss frisch geernteter Kirschen entspricht, dürfte ziemlich zweifelhaft sein. „Direkt vom Baum ist immer noch das Beste“, sagt denn auch Obstbauer Lühs.