Neu Wulmstorf. Wer nicht schwimmen kann, bleibt in der Anlage in Neu Wulmstorf draußen. Das Kinderbecken musste geschlossen werden.
Die Enttäuschung bei den Neu Wulmstorfern ist groß: Ihr Freibad kann aktuell nicht mit voller Kapazität geöffnet werden. Wegen der anhaltenden technischen Probleme musste zum Wochenende eine Teilschließung erfolgen, wie die Gemeinde Neu Wulmstorf mitteilte. Aktuell ist nur das Schwimmerbecken freigegeben, weshalb nur Menschen der Zugang zum Schwimmbad gewährt wird, die schwimmen können. Das Kinderbecken ist abgesperrt.
Das Freibad ist ein Sorgenkind der Gemeinde. Die Anlage ist in den 1960er Jahren gebaut worden und die Technik ist inzwischen veraltet. „Es gibt kaum Mechaniker mehr, die sich damit auskennen, und Ersatzteile gehen auch aus“, sagt Andreas Reinhardt, Fachdienstleiter Sport und Immobilien im Neu Wulmstorfer Rathaus.
Teilschließung in Neu Wulmstorf trifft vor allem Familien mit Kindern
Die aktuelle Teilschließung, die vor allem Familien mit Kindern betrifft, musste aufgrund eines Problems erfolgen, mit dem das Bäderteam sich schon lange auseinandersetzt: Die Steuerung der Chlorgasanlage, in deren Behälter Chlor und Wasser gemischt und in die Becken eingebracht werden, ist defekt.
„Wir haben mit einer Firma an der Fehlerbehebung gearbeitet, aber das ist nicht befriedigend gelaufen. Wir mussten Bauteile einbauen, die nicht für eine solch alte Anlage gebaut wurden. Und wie das dann so ist: Wenn man in einen alten Kreislauf etwas Neues einbaut, führt das oft zu weiteren Problemen“, so Reinhardt. So habe sich jetzt herausgestellt, dass einerseits das Chlor nicht überall hinkommt, wo es benötigt wird, und andererseits die Sensorik für die Durchströmungsanlage des Nichtschwimmerbeckens, die die Verteilung des Chlors steuern soll, nicht funktioniert. „Deshalb ist zu viel Chlor ins Kinderbecken gekommen. Wir konnten den Betrieb daher nicht verantworten.“
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Das Schwimmerbecken ist derzeit noch nicht von den Störungen betroffen. „Es kann aber sein, dass auch dort der Betrieb bald nicht mehr zuzulassen ist“, so Reinhardt. Bei einer „größeren Havarie“ müsse das Freibad dichtgemacht werden. „Es tut uns sehr leid, dass ausgerechnet die Familien unter diesen Einschränkungen leiden müssen“, sagt Reinhardt.
„Für das Badpersonal ist es auch total frustrierend. Es gibt wirklich alles.“
„Für das Badpersonal ist es auch total frustrierend. Es gibt wirklich alles. Seit März sind wir tagtäglich dabei, an den Problemen zu arbeiten. Aber es tauchen immer wieder neue Fehler auf.“ Im Moment habe er leider keine konkrete Perspektive für die Nichtschwimmer. „Die Hoffnung stirbt zuletzt. Aber im Moment ist es unklar, wie es weitergeht. Ich habe noch nicht einmal eine Fachfirma an der Hand“, so Reinhardt.
Bei den bereits im März begonnenen Vorbereitungen zur Freibadsaison hatte das Bäderteam immer wieder mit technischen Problemen zu kämpfen, die unter anderem durch lange Lieferzeiten für Ersatzteile zu betrieblichen Verzögerungen führten. „Wir sitzen hier nicht herum, sondern arbeiten intensiv an der Mängelbeseitigung“, so Reinhardt. Weil das Freibad nicht vollumfänglich genutzt werden kann, wurden die Eintrittspreise reduziert: Erwachsene zahlen 3 Euro, Jugendliche und Kinder 2 Euro. Im Moment werden wegen der Unsicherheit im Badbetrieb keine Saisonkarten und Zehnerkarten verkauft.
Gemeinde steht im Umgang mit ihren Bädern vor grundsätzlichem Problem
Die Gemeinde steht im Umgang mit ihren kostenintensiven Bädern vor einem grundsätzlichen Problem: Ihr fehlt das Geld, um die in die Jahre gekommenen Bäder rundum zu erneuern. Die Sanierung des Hallenbads, die eigentlich bereits im vergangenen Januar abgeschlossen sein sollte, läuft noch, das Ende der Arbeiten verzögerte sich aber immer wieder. Es soll nun erst nach der Freibadsaison wiedereröffnet werden.
Und die Tage des sanierungsbedürftigen Freibades in der Heidesiedlung mit seiner teilweise fast 60 Jahre alten Technik sind schon länger gezählt. Immer wieder gab es technische Probleme. Zudem ist der große Sprungturm mit dem Drei- und Fünfmeter-Brett bereits seit 2019 geschlossen, weil er den aktuellen Sicherheitsvorschriften nicht mehr entsprach. Das Treppengeländer hätte erneuert werden müssen, weil laut DIN-Norm die Abstände zwischen den Streben zu groß sind. Das hätte schon nach damaligen Berechnungen etwa 120.000 Euro gekostet, inzwischen wäre es höchstwahrscheinlich noch deutlich mehr.
Der Gemeinderat hatte die Summe für die Turmsanierung angesichts der notwendigen Millionen-Investitionen in den Schulneubau und vor dem Hintergrund der prekären Finanzlage der Gemeinde aus dem Haushalt gestrichen.
Politische Entscheidung über die Zukunft des Freibads fehlt nach wie vor
Eine politische Entscheidung über die Zukunft des Freibads fehlt nach wie vor. In einem Perspektiv-Haushaltsplan für das Jahr 2025 hat die Verwaltung den Wert des Freibadgeländes mit zehn Millionen Euro angesetzt – was in der Bevölkerung für Irritationen gesorgt hat und den Eindruck entstehen ließ, dass ein Verkauf des Freibad-Geländes bereits feststehe. „Die Summe ist aber nur ein Buchungswert“, sagt Reinhardt. Dabei gehe es darum, im Haushalt auch mögliche Erlössituationen darzustellen.
Dennoch ist der Erhalt des maroden Freibad konkret in Gefahr: „Wenn wir irgendwann einen Schaden feststellen, der dazu führt, dass wir ihn aus monetären oder zeitlichen Gründen nicht reparieren können, werden wir das Problem der Politik vorlegen“, so Reinhardt. Der Rat müsse dann entscheiden, was mit dem Freibad, das auch bei den Nachbarn aus Hamburg sehr beliebt ist, passiert.