Neu Wulmstorf. Erkenntnis der Corona-Zeit: Die meisten Gäste kommen aus Hamburg. Das befeuert alte Pläne für ein gemeinsames neues Bad mit Harburg.

Limitierte Besucherzahlen, gesperrte Liegewiese und Ticketbestellung per Internet: Das Freibad Neu Wulmstorf konnte in dieser Sommersaison angesichts zahlreicher Corona-Auflage nur unter stark eingeschränkten Bedingungen geöffnet werden. Zudem hatte die Gemeinde die Öffnung des von ihr hochsubventionierten Bades in etwa auf die niedersächsischen Sommerferien beschränkt, die in dieser Woche zu Ende gegangen sind. Bis nächsten Sonntag, 30. August, kann man in dem beliebten Freibad an der Fischbeker Heide daher nur noch schwimmen, wie die Gemeindeverwaltung auf Anfrage bestätigte.

Eine erste Bilanz dieser so außergewöhnlichen Freibad-Saison gibt es aber bereits – und die hat ein überraschendes Ergebnis gebracht: Weil für die bis zu drei täglich festgelegten Schwimmzeiten die Tickets nur online und nicht am Kassenhäuschen ausgegeben wurden, konnte die Gemeinde auch die genaue Herkunft der Besucher ermitteln. Und demnach kamen nur etwa 35 Prozent der Besucher aus der Gemeinde Neu Wulmstorf selbst.

Freibadbesucher: 65 Prozent kam von außerhalb

Die Mehrheit aber, 65 Prozent, kam von außerhalb und dabei bis auf wenige Ausnahmen vor allem aus dem Nachbarland Hamburg, wie Thomas Saunus sagt, der in der Neu Wulmstorfer Verwaltung für den Bereich Ortsentwicklung und Immobilienwirtschaft verantwortlich zeigt.

Eine Zahl, die jetzt neue Argumente in die Bäder-Diskussion im Süderelberaum bringen dürfte: Zum einen in Neu Wulmstorf selbst: Frei- und Hallenbad sind hier stark sanierungsbedürftig und Neu Wulmstorf müsste in beide Bäder kräftig investieren, hat aber auch etliche Kita- und Schulneubauten in nächster Zeit vor der Brust.

Wenn man nun weiß, dass nach Berechnung der Gemeinde jeder Freibad-Besucher mit etwa acht Euro subventioniert wird, weil das Eintrittsgeld längst nicht die Kosten hereinspielt, dürfte man als Kommunalpolitikerjetzt schon ins Grübeln kommen: Weil eben die kleine Gemeinde hier ein Angebot vorhält, das vor allem von Bürgern der großen Nachbarstadt genutzt wird. Immerhin rund 50.000 Freibadgäste kommen in normalen Zeiten nach Neu Wulmstorf.

Länderübergreifendes Projekts mit Hamburg?

In der Neu Wulmstorfer Kommunalpolitik wird allerdings schon länger diskutiert, ob man nicht gemeinsam mit Hamburg ein komplett neues Bad baut und das Freibadgelände für den Wohnungsbau verkauft. „Die aktuellen Besucherzahlen zeigen, dass dieser Weg eines länderübergreifenden Projekts mit Hamburg sehr sinnvoll wäre“, so Fachbereichsleiter Saunus.

Und tatsächlich dürfte der Druck auf das Neu Wulmstorfer Freibad angesichts der großen Neubaugebiete im unmittelbar angrenzenden Hamburger Stadtteil Neugraben-Fischbek noch weiter wachsen. Hier gibt es bisher eben nur in Neuwiedenthal ein sehr kleines Freibad. Daher fordert auch die Harburger Bezirkspolitik für den Süderelberaum schon länger ein neues Bad-Angebot, vorzugsweise im Neubaugebiet Fischbeker Reethen, wo von 2022 an immerhin gut 2300 neue Wohneinheiten gebaut werden sollen – direkt an der Grenze zu Neu Wulmstorf.

Doch die städtische Bäderland GmbH in Hamburg zeigte sich bisher wenig begeistert über ein solches Vorhaben, an dem zwei Bundesländer beteiligt sind. Solche „interkommunalen Projekte“ seien bisher so gut wie nie gelungen, hieß es Anfang des Jahres auf Abendblatt-Nachfrage. Die Bäderversorgung im Harburger Bereich sei zudem gut, „der Bedarf gedeckt“. Anders sieht das der Harburger SPD-Fraktionschef in der Bezirksversammlung, Frank Richter.

In ganz Harburg kein richtiges Freibad

„Die Zahlen jetzt wundern mich eigentlich nicht, wir haben in ganz Harburg kein richtiges Freibad.“ Die Statistik zeige aber jetzt eindeutig, wie notwendig ein solches Angebot hier wäre. In Neu Wulmstorf bereitet man sich unterdessen auf die Schwimm-Saison im Hallenbad vor, das in zwei Wochen am 14. September geöffnet werden soll.

Während die Zukunft des Freibades noch offen ist, dürfte dieses Bad auch in den nächsten Jahren weiter ein beständiges Schwimmangebot bieten. Die Gemeinde hat für die notwendige Sanierung bereits Förderzusagen von Bund und Land erhalten, die einen Großteil der etwa mit 2,5 Millionen Euro kalkulierten Kosten tragen könnten. Sobald es für diese Förderung eine offizielle Genehmigung gibt, müssten die Bauarbeiten europaweit ausgeschrieben werden, wie Fachbereichsleiter Saunus sagt. Denn bis Ende 2022 müsse die Sanierung abgeschlossen sein, damit die Förderung nicht wieder verfällt.

Sanierung, Neubau, ersatzlose Schließung?

Wie es mit dem Neu Wulmstorfer Freibad weitergeht, ob saniert, neugebaut oder ersatzlos geschlossen wird, soll unterdessen ein Arbeitskreis aus Politik, Verwaltung und Vereinen klären, der nach einer Corona-Pause im Herbst seine Beratungen wieder aufnehmen wird.

Ob es dabei eine Entscheidung für ein gemeinsames Projekt mit Hamburg gibt, ist aber längst noch nicht entschieden: So hat beispielsweise die Unabhängige Wählergemeinschaft (UWG) schon kräftige Bedenken angemeldet, weil sich dann zu viele Vereine die Schwimmzeiten teilen müssten.​