Buchholz/Lüneburg. In Buchholz holt Neueinsteigerin Viertel der Stimmen. In Lüneburg schafft es Unabhängiger Bürgermeisterkandidat in Stichwahl.

Wie bei jedem Wettbewerb gibt es auch bei Wahlen stets Gewinner und Verlierer. So auch bei dieser Kommunalwahl. Und während die Ergebnisse in einigen Gemeinden und Landkreisen am Sonntag wenig überraschend waren, gab es im Landkreis Harburg doch auch einige kleine Sensationen.

Eine dieser kleinen Sensationen ist der überraschende Erfolg der Buchholzer Bürgermeisterkandidatin Grit Weiland. Die 52-Jährige ohne politische Vorerfahrung hatte erst Ende Juni ihre Bürgermeisterkandidatur für die Buchholzer Liste bekannt gegeben. Innerhalb weniger Monate gelang es ihr, immerhin knapp ein Viertel der Wählerschaft (24,8 Prozent) für sich zu gewinnen. 5047 Wählerinnen und Wähler gaben der Newcomerin am Sonntag ihre Stimme.

Vierfachmutter, Psychologin und Klimaaktivistin war unermüdlich

Auf dem Wochenmarkt, in Unternehmerkreisen, bei den Lions hatte die Vierfachmutter, Psychologin und Klimaaktivistin unermüdlich für ihre Themen geworben: Neugestaltung der Mobilität, Tempo 30 in der Innenstadt, keine Ostumfahrung und vor allem endlich dort anpacken, wo der Schuh am meisten drückt – beim Klimaschutz. „Wir können nicht länger warten“, sagt sie. Es gebe viele Ideen, einen Klimaschutzplan. Nun müsse gehandelt werden. Sie habe während des Wahlkampfes gespürt, dass die Bürgerinnen und Bürger jemanden suchen, der ihnen zuhört, sich einfühlt und sich Zeit nimmt, die notwendigen Veränderungen zu erklären, sagt sie. Das sei ihre Stärke. „Ich habe Werte, für die ich vehement eintrete. Und ich bin neugierig und offen für das, was die Menschen bewegt.“

Der Buchholzer Bürgermeister Jan-Hendrik Röhse – hier mit Sohn Justus – wurde nach einem echten Wahlkrimi knapp im ersten Durchgang gewählt.
Der Buchholzer Bürgermeister Jan-Hendrik Röhse – hier mit Sohn Justus – wurde nach einem echten Wahlkrimi knapp im ersten Durchgang gewählt. © HA | Hanna Kastendieck

Auch wenn es für den Posten der Bürgermeisterin am Ende nicht gereicht hat, so hat die Kandidatin zumindest für einen Wahlkrimi am Sonntagabend gesorgt, der zumindest in Buchholz wohl noch länge in Erinnerung bleiben wird. Vier Stunden dauerten die Auszählungen. Bis zuletzt war unklar, ob der amtierende Bürgermeister Jan-Hendrik Röhse (CDU) erneut das Rennen machen würde oder in die Stichwahl muss.

Erst mit den Ergebnissen des letzten der 39 Wahllokale übersprang Röhse die 50 Prozent-Hürde und erreichte im ersten Wahlgang die notwendige Mehrheit für eine weitere Amtszeit. „Grit Weiland war eine starke Konkurrentin“, räumte Röhse am Ende des Wahlabends ein. „Sie hat ein tolles Wahlergebnis erreicht und mich ganz schön ins Schwitzen gebracht. Ich bin froh, dass ich ihr nicht in einer Stichwahl erneut gegenübertreten muss. Denn das wäre sicher knapp geworden.“

Sorgte mit ihrem Erfolg für Überraschung: Grit Weiland, Bürgermeisterkandidatin der Buchholzer Liste holte mit Unterstützung ihres Teams fast 25 Prozent der Wählerstimmen.
Sorgte mit ihrem Erfolg für Überraschung: Grit Weiland, Bürgermeisterkandidatin der Buchholzer Liste holte mit Unterstützung ihres Teams fast 25 Prozent der Wählerstimmen. © HA | Privat

Grit Weiland will nun ihr Mandat im Stadtrat dazu nutzen, ihre Ideen für mehr Umwelt- und Klimaschutz in Buchholz umzusetzen. Sie ist stolz darauf, dass sie mit 866 Wählerstimmen einen neuen Rekord für die Buchholzer Liste einfahren konnte. „Damit hätte ich nicht gerechnet“, sagt sie. „Bei der letzten Wahl 2016 hatte ich lediglich 147 Stimmen. 147 Menschen wollten, dass ich meine und ihre Themen im Rat vertrete. Auch wenn es für einen Platz im Stadtrat damals nicht gereicht hat, habe ich diesen Auftrag ernst genommen.“

Im Landkreis Lüneburg gab es ebenso große Überraschung

Im Landkreis Lüneburg gab es eine ebenso große Überraschung bei der Wahl des künftigen Lüneburger Oberbürgermeisters. Der parteilose Einzelbewerber Heiko Meyer holte in der 80.000-Einwohner-Stadt 22,7 Prozent der Stimmen. Damit sicherte er sich einen Platz in der Stichwahl am 26. September gegen die Kandidatin der Grünen, Claudia Kalisch, die rund 33 Prozent erreichte.

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Pia Steinrücke, parteilose Kandidatin der SPD und derzeitige Sozialdezernentin der Hansestadt, erreichte überraschend nur rund 17 Prozent. „Das ist natürlich nicht erfreulich“, sagte sie nach der Wahl. Seit Februar sei man im Wahlkampf sehr präsent gewesen. „Aber die Lüneburger haben anders entschieden. Jetzt geht es darum, die sozial-ökologische Wende einzuleiten.“ Dass sie daran weiter mitwirken wolle, machte Steinrücke deutlich. Sie stehe weiterhin als Sozialdezernentin zur Verfügung. „Ich habe noch ein paar Dinge zu erledigen. Denn die Stadt liegt mir am Herzen.“

Auch für die CDU-Kandidatin Monika Scherf reichte es nur für rund 18 Prozent. „Ich hätte mir ein anderes Ergebnis gewünscht, aber ich war auch auf ein solches Ergebnis vorbereitet und kann gut damit umgehen.“ Einen Grund für das schlechte Abschneiden sieht sie in der Kandidatur Heiko Meyers. Der parteilose Kandidat habe im gleichen Wählerbereich gefischt, das habe sie offenbar Stimmen gekostet. Die weiteren Kandidaten blieben weit abgeschlagen: Michèl Pauly (Linke, 3,45 Prozent) sowie die Unabhängigen Ann Katrin Hoffmann, Don William Kerber und Andreas Meihsies, die jeweils unter zwei Prozent holten.

Bürgermeisterkandidat hat keine unterstützende Partei im Rücken

Die Aussichten von Heiko Meyer galten im Vorfeld als schwer einschätzbar. Zwar hat der Kandidat, der als „Wählergemeinschaft Heiko Meyer“ antritt, keine unterstützende Partei im Rücken. Doch als Unternehmer, langjähriger Vorsitzender des Vereins Lüneburger Citymanagement und Aufsichtsratmitglied der Lüneburg Marketing GmbH ist er in der Stadt gut bekannt und bestens vernetzt. Der gelernte Elektroinstallateur und Kältetechniker leitet ein eigenes Unternehmen für Gastronomie­einrichtungen und führt zudem ein Café in der Lüneburger Schröderstraße. Vier Jahre saß er für die SPD im Stadtrat bis er im März 2020 aus der Fraktion austrat – und seine Kandidatur für das Oberbürgermeisteramt verkündete.

Am Sonntag hatte Meyer zur Wahlparty in den Coffee-Shop geladen. Gut gelaunt begrüßte er gegen 18 Uhr die ersten Gäste, eine halbe Stunde später zeigen die ersten Zahlen aus den Wahllokalen: Der intensiv geführte Wahlkampf – so hatte Meyer von allen Kandidaten die meisten Plakate in der Stadt platziert – zahlt sich offenbar aus. Kurz nach 21 Uhr sind alle Wahllokale ausgezählt und Meyer kann rund ein Fünftel der abgegebenen Stimmen für sich verbuchen.

"Ich kann Rat als Oberbürgermeister neutral gegenübertreten"

„Das freut mich wahnsinnig, ich bin stolz und glücklich sagte der Kandidat am Abend, als er im Rathaus auf seine Herausforderin traf. „Dieses Ergebnis bestätigt unsere Arbeit. Ich freue mich, dass wir das geschafft haben, auch ohne Parteiapparat im Rücken.“ Gerade in diesem Punkt sieht er einen entscheidenden Vorteil gegenüber den parteigebundenen Bewerbern. „Ich kann dem Rat als Oberbürgermeister neutral gegenübertreten. So haben wir beste Chancen, miteinander Lüneburg zu gestalten.“ Zudem sei es bei der Wahl auch stark auf die Persönlichkeit der Kandidaten angekommen, meint Meyer. „Das ist sicher auch eine meiner Stärken.“

Mit dem Einzug der beiden Kandidaten in die Stichwahl, steht fest: Nach 30 Jahren verliert die SPD das Lüneburger Rathaus. Solange stand Amtsinhaber Ulrich Mädge an der Spitze der Stadtverwaltung.