Harburg/Winsen/Stade. Tierparks auf, Museen zu: Kiekeberg-Chef schreibt Appell-Brief an Politik – weiterhin viele Fragen rund ums Impfen mit Astrazeneca.
Im Bezirk Harburg liegt der sieben-Tage-Wert mittlerweile über 200. Dabei lautete die Devise vor einigen Woche 35. Im Landkreis liegt die Inzidenz immer noch über 100, sinkt aber zumindest seit drei Tagen wieder leicht, der aktuelle Wert liegt bei 110,4. In sieben Kommunen des Landkreises Harburg liegt die Inzidenz über 100, wobei die Gemeinde Rosengarten an der Spitze liegt mit aktuell 168,2 – Tendenz derzeit fallend.
Aber das Osterwochenende mit Familientreffen, Ausflügen und Gottesdiensten kommt erst. Ob die Zahlen dann weiter steigen? Da kommt die Nachricht, dass erneut der Impfstoff Astrazeneca für bestimmte Gruppen ausgesetzt wird zur Unzeit. Das Hin und Her sorgt für Unmut. Auch manche Regel, die für einige gilt, für andere aber nicht, erhitzen die Gemüter.
Skurrile Situation in der Gemeinde Rosengarten
Ein besonders markantes Beispiel findet sich in der Gemeinde Rosengarten. Nur knapp einen Kilometer Luftlinie trennen das Freilichtmuseum am Kiekeberg vom Wildpark Schwarze Berge. Beide verfügen über große Freiflächen und das obligatorische Corona-Hygienekonzept. Doch während Tierparks aufgrund eines Gerichtsurteils in Niedersachsen geöffnet sein dürfen, hat der Kiekeberg als Museum einen anderen Status und musste seinen Türen wieder für Besucher schließen.
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„Wir hatten noch so sehr gehofft, dass für ein Freilichtmuseum wie uns mit so großen Freiflächen eine andere Regelung getroffen wird“, sagt Museumsdirektor Stefan Zimmermann. Die Ernüchterung folgte mit der Verordnung, die am Montag griff und für das Museum eine erneute Schließung auf unbestimmte Zeit bedeutet. „Wir plädieren eindringlich, die geltende Regelung für Zoos, Wildparks und botanische Gärten auch auf Freilichtmuseen auszudehnen, wie es in anderen Bundesländer üblich ist“, so Zimmermann, der sich in Briefen auch an die Politik gewandt hat und um Unterstützung bittet.
Und während nun aufgrund der steigenden Infektionszahlen auch über Ausgangssperren diskutiert wird, haben in Niedersachsen am Osterwochenende neben dem Wildpark Schwarze Berge und dem Wildpark Lüneburger Heide im Landkreis Harburg auch der Weltvogelpark in Walsrode und der Serengeti Park in Hodenhagen geöffnet. Und das Angebot wird genutzt. Tickets beziehungsweise online buchbare Zeiten für den Einritt gibt es nur noch wenige.
Innenminister kündigt Corona-Kontrollen zu Ostern an
Wer nicht im Tierpark ist, kann sich auf Kontrollen vorbereiten. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius hat angekündigt, dass die Polizei an den Feiertagen zusätzliche Kontrollen unternehmen wird. Die Polizei bereite sich auf Schwerpunkteinsätze zur Überwachung und Durchsetzung der Corona-Verordnung vor.
Die neue Einschränkung bei der Verwendung des Impfstoffs von Astrazeneca für Menschen ab 61 Jahren führt in den beiden Impfzentren des Kreises Harburg zu Fragen und Verwirrung. Personen unter 61, bei deren Terminen der Impfstoff vorgesehen ist, können nun nicht geimpft werden.
Das geht nur, wenn das mögliche Risiko bewusst in Kauf genommen wird. „Dazu haben sich schon einige bereit erklärt, vor allem wenn es sich um die zweite Impfung handelte“, sagte Jörn Jepsen, der Leiter der Impfzentren, dem Abendblatt. Wer sich nicht dafür entscheidet, muss vorerst zurückgestellt werden. „Der Impfstoff von Biontech reicht bei uns nicht aus, um ihn in solchen Fällen einzusetzen“, so Jepsen.
Harburger verweigert Impfung mit Astrazeneca
Beim Abendblatt hatte sich der 82-jährige Gerhard Klußmeier gemeldet, der sich zwei Mal geweigert hatte, mit dem Vakzin von Astrazeneca geimpft zu werden. Auch deshalb, weil er zunächst nicht für Ältere vorgesehen war, was inzwischen revidiert wurde.
Beim zweiten Termin war dem Journalisten und Buchautor aber wieder Astrazeneca avisiert worden, was er erneut nicht akzeptieren will. „Auch in einem solchen Fall kann wieder ein neuer Termin beantragt werden“, sagt Jepsen. Der Arzt betont, dass sich niemand bei einem Impfangebot den Stoff aussuchen kann. „Wir bekommen die Dosen vom Land zugeteilt und haben keinen Einfluss auf die Sorte.“
An den beiden Standorten der Impfzentren, in Buchholz und Winsen, sollen am Karfreitag und am Ostermontag in jeweils zwei Impfstraßen rund 1500 Menschen geimpft. werden. „Wir hätten gern auch am Sonnabend und am Sonntag gearbeitet, haben aber nicht genug Impfstoff“, beschreibt Jepsen die Lage. Für die nächste Woche fürchtet er schon ein neues Verteilungsproblem. Mit dem Einstieg der Hausärzte am Dienstag sollen die Praxen Biontech/Pfizer und Moderna erhalten, die aber wegen der geforderten niedrigen Temperaturen nur schwer zu lagern sind. „Den Zentren wird gleichzeitig dieser Impfstoff entzogen“, kritisiert ihr Chef. „Möglich wäre, dass wir von Ende April an nur noch je eine Impfstraße offen halten können.“ Das aber würde die Impfungen erneut verzögern.
Im Landkreis Stade blieben die für gestern angesetzten 950 Impftermine im Impfzentrum Stade bestehen. Die Impfung konnte dort für die unter-61-Jährigen mit anderen Impfstoffen erfolgen, teilte die Kreisverwaltung mit. Niedersachsen und damit auch der Landkreis Stade folge damit der jüngsten Empfehlung der Ständigen Impfkommission, wonach Astrazeneca nur noch für Menschen ab 61 Jahren verwendet wird, die den Priorisierungsgruppen 1 oder 2 angehören.
Im Landkreis Stade ist unklar, wie nun weiter geimpft wird
Derzeit ist die Impfaktion im Landkreis Stade in der Priorisierungsgruppe 2 gestartet (Hohe Priorität), zu der Bewohner zählen, die älter als 70 Jahre sind. Jüngere Impflinge dieser Gruppe sind Angehörige besonderer Berufsgruppen mit höherem Infektionsrisiko wie etwa Beschäftigte von Schulen oder Kitas, die ursprünglich zumeist auch mit Astrazeneca geimpft werden sollten. Wie für diese Gruppe mit den weiteren Impfterminen in dieser und in der nächsten Woche verfahren wird, sei aber noch offen.
„Das ist noch in der Planung“, sagte eine Sprecherin. Auch ob es Terminverschiebungen geben wird, müsse noch geklärt werden. Allerdings plane das Impfzentrum, in der entsprechenden Altersstufe ebenfalls ein „alternatives Impfangebot“ bereitstellen zu können. Der Landkreis werde darüber rechtzeitig auf seiner Homepage informieren, hieß es. Sollten auch ältere Teilnehmer der Impfaktion eine Impfung mit Astrazeneca ablehnen, könne man sich dann „immer“ einen neuen Termin holen. „Man rutscht dann aber natürlich immer wieder ans Ende der Warteliste“, so die Kreis-Sprecherin. Und allein im Landkreis Stade stünden derzeit bereits mehr als 15.000 Menschen auf dieser Liste.
Mit welchem Impfstoff man es zu tun haben wird, lasse sich leicht erkennen: So bekommt man laut Kreisverwaltung exakten Termine für die Erst- und Zweitimpfung. Bei Astrazeneca liegen diese zwölf Wochen auseinander, bei den anderen Wirkstoffen sechs Wochen.