Konau. In der Sommerserie stellt das Abendblatt Tagestouren um Hamburg vor. Heute geht’s zum Abschluss an einen Ort an der einstigen Grenze.

Hier erinnert uns die Gegenwart an die Vergangenheit. Denn was heute so selbstverständlich scheint, nämlich ein wunderbarer Ausflug ans andere Ufer der Elbe, ist es nicht. An einem freien Tag mit der Fähre über den Fluss setzen und auf der anderen Seite der Elbe gemütlich am Deich entlang radeln? Das war lange unmöglich. Heute empfehlen wir es umso mehr – auch, weil es vielen Menschen unbekannt ist. Anders gesagt: Konau ist ein Schatz, der noch nicht gehoben ist.

Schon die Überfahrt mit der Fähre sorgt für ein Gefühl von Urlaub – denn im Landkreis Lüneburg gibt es (noch) keine Brücke über die Elbe. Wir setzen daher in Neu Darchau über, lassen uns den Wind um die Nase wehen und genießen den Blick aufs weite Wasser.

Ausflug in Elbdorf bei Hamburg

Am östlichen Ufer wartet ein Dorf auf uns, das uns einen wunderschönen und gleichzeitig intensiven Tag ermöglicht. Schon in Darchau, wo die Fähre uns absetzt, sehen wir einen ehemaligen Wachturm: 1952 gebaut, musste das Haus des Fischers für ihn weichen. Zwei Kilometer nach links wartet Konau auf uns.

Gebaut und vollständig erhalten als Marschhufendorf, zieht sich das Ensemble noch heute als eine Schnur reetgedeckter Hallenhäuser, Remisen, Scheunen und Stallungen am Fluss entlang. Es ist als Ganzes denkmalgeschützt. Vom Deich aus blicken wir in die Gärten der Häuser, auf das uralte Fachwerk mit den Rosen davor, und auf der anderen Seite können wir zwischen den Weiden hindurch die Elbe erahnen.

Von der ehemaligen Grenzanlagen im Elbdorf sind ein Turm und ein Stück Zaun erhalten.
Von der ehemaligen Grenzanlagen im Elbdorf sind ein Turm und ein Stück Zaun erhalten. © Unbekannt | Carolin George

Was heute wie auf Knopfdruck für Ruhe und Entspannung sorgt, hat eine sehr wechselvolle Geschichte hinter sich. Wer mag, findet in Konau zahlreiche Gelegenheiten, sich damit zu beschäftigen. Am Deich stehen noch Teile des einstigen Grenzzaunes der DDR, auch der ehemalige Wachturm ist erhalten, um uns daran zu erinnern, dass viele von uns bis 1989 gar nicht an diesen Ort durften. Denn bis 1989 war an der Elbe Schluss mit dem Landkreis Lüneburg.

Lesen Sie auch:

Ausstellungen über Zwangsaussiedlungen und Sperrgebiet

Wer die Dorfstraße entlanggeht, kommt an drei Ausstellungen über die Zwangsaussiedlungen und das ehemalige Sperrgebiet der DDR vorbei: auf den Höfen Elbstraße 29 (Popelau, „Zwangsaussiedlungen“) sowie Elbstraße 3 („Leiter-, Leu- und Leichenwagen“) und 11 („Wendepunkte“). „Unsere Zukunft ist alles, nur nicht geklärt“, schrieb Familie Poppe an die Daheimgebliebenen, nachdem sie ihr Haus in Vockfey räumen musste. Sätze wie diese sind in den Ausstellungen zu lesen.

Denn was am 26. Mai 1952 in Ost-Berlin beschlossen wurde, wirkte bis an die Elbe: Es war die „Polizeiverordnung über die Einführung einer besonderen Ordnung an der Demarkationslinie“ des Ministeriums für Staatssicherheit. Die DDR-Regierung ließ Zäune bauen und Wachtürme, Polizisten patrouillieren und Hunde, um ihre Grenze entlang des Flusses zu schützen. Und sie siedelte Menschen zwangsweise um, die zu nah an der Grenze lebten – mancherorts verschwanden ganze Dörfer von der Karte.

Kommune besitzt deutschlandweit eine einzigartige Historie

In zwei Großaktionen 1952 und 1961 sowie mehreren Einzelaktionen bis 1975 hat die Führung der DDR 407 Menschen aus 29 Dörfern der Gemeinde Amt Neuhaus aus ihrem Zuhause vertrieben. Wer weiter in den Elbdörfern wohnen durfte, blickte auf einen Zaun; erst aus Stacheldraht, später aus Streckmetall. Seit 1993 gehört die Region zum Landkreis Lüneburg. Amt Neuhaus heißt die Kommune, die deutschlandweit eine einzigartige Historie besitzt: Erst gehörte die Region zur preußischen Provinz Hannover, dann zu Mecklenburg-Vorpommern, jetzt zu Niedersachsen. Ein grenzhistorischer Rundweg führt durch das Dorf. „Bester Startpunkt dafür ist der Hof Konau 11“, rät Holger Hogelücht von der Touristen-Information.

Konau liegt am östlichen Ufer der Elbe. Das gesamte Dorf steht unter Denkmalschutz
Konau liegt am östlichen Ufer der Elbe. Das gesamte Dorf steht unter Denkmalschutz © Unbekannt | Carolin George

Immer wieder können wir uns hier bewusst machen, wie dankbar wir sein können, hier so gemütlich spazieren zu können. Gemütliche Plätze für Pausen gibt es viele: unter anderem auf einer Bank über Eck am Elberadweg am Ortsausgang Richtung Bleckede. Oder auf der Bank an der Kapelle, sie liegt am Dorfende in Richtung Darchau: Hier feierten die Menschen auch Gottesdienst, als vor der Tür die Grenzsoldaten patrouillierten. Diese Kapelle auf der als Deich dienenden Sanddüne ist mehr als ein Gotteshaus an der Elbe. Der Backsteinbau im ehemaligen Sperrgebiet ist ein Symbol für die Einheit der Menschen in einem geteilten Land, die Treue zum Glauben in schwerer Zeit.

1957 wurde die St. Lukas-Kapelle geweiht: als einziger Kirchenneubau in der DDR überhaupt und mit Besuchern aus Hannover, Lüneburg und Bleckede. Die Kapelle ist zwar leider nicht immer geöffnet, aber: Die Bank davor ist unsere Lieblingsbank an diesem Platz.

In diesen Cafés und Restaurant können Besucher sich stärken

Das Café im Hof Konau 11 gibt es seit vorigem Jahr nicht mehr, daher empfehlen wir, sich für den Besuch in Konau selbst zu versorgen. Oder aber für Kaffee und Kuchen nach Darchau zu fahren, dort gibt es das Café zur Elbe der Familie von Rautenkranz – die Ahnentafel reicht zurück bis ins 10. Jahrhundert.

Etliche Bänke stehen auf dem Deich in Stiepelse und laden zur Pause ein.
Etliche Bänke stehen auf dem Deich in Stiepelse und laden zur Pause ein. © Unbekannt | Carolin George

Auch in Neu Darchau, auf der westlichen Seite der Elbe, gibt es ein Café: das Göpelhaus. Für den Rückweg empfehlen wir, auf dieser Seite der Elbe nach Stiepelse zu fahren, der Weg führt nicht nur wunderbar an uralten Obstbäumen vorbei, ob per Fahrrad oder mit dem Auto. Für eine ruhige Auszeit steht dort die niedliche Kapelle täglich offen, und für den sicherlich vorhandenen Appetit gibt es etliche Restaurants und Cafés. Eines hat sogar ein Holzgestell gebaut – von dort können Gäste vom Tisch aus über den Deich auf die Elbe gucken.

Hier geht’s hin:

  • Das Dorf Konau (Amt Neuhaus) zählt zum Landkreis Lüneburg und liegt am östlichen Elbufer und gehört mit dem Vordeichgelände zum Biosphärenreservat Niedersächsische Elbtalaue. Es gilt als weltweit einzig vollständig erhaltenes Marschhufendorf und steht unter Denkmalschutz. Konau war im Jahre 2000 Teil des Expo-2000-Projektes Flusslandschaft Elbe-Wendepunkte.
  • Anreise: Von Neu Darchau geht es per Fähre über die Elbe nach Darchau. Besucher können ihr Auto mitnehmen oder aber in Neu Darchau parken und dann zu Fuß oder mit dem mitgebrachten Fahrrad nach Konau kommen.
  • In Darchau geht es links: für Fußgänger und Radfahrer direkt auf dem Deich (zwei Kilometer), Autofahrer nehmen die Elbstraße. Von Konau nach Stiepelse sind es mit Fahrrad auf dem Deich acht Kilometer, mit dem Auto über Zickzack-Straßen 15 Minuten. Wer mit dem Auto nach Stiepelse fährt, erreicht von dort in acht Minuten Neu Bleckede und kann dort mit der Fähre übersetzen, anstatt zurück nach Darchau zu fahren. Von Buchholz nach Neu Darchau braucht man mit dem Auto eine gute Stunde.
  • Vor Ort: Im Hof Konau 11 gibt es ab Mitte Juli 2021 mit dem „Haus des Gastes“ eine Tourist-Information. Außerdem stehen hier öffentliche Toiletten zur Verfügung. Wer Interesse an einer (Gruppen-)Führung durch den Ort hat, kann sich beim „Haus des Gastes“ informieren. Kontakt unter der Telefonnummer 038841/2 07 47. Natürlich steht das Mitarbeiter-Team auch für alle anderen Fragen rund um Konau und Umgebung zur Verfügung.
  • Auch das kulturelle Leben ist vielfältig. In diesem Jahr gibt es auch wieder zahlreiche Veranstaltung. Das Programm findet sich unter www.kultur-konau.de