Glüsingen. Günter Garbers hatte – nicht zum ersten Mal – Besuch vom Veterinäramt. Der Gnadenschäfer aus Seevetal wehrt sich gegen die Vorwürfe.
Tierkadaver in Erdlöchern, Knochen auf der Weide und Vernachlässigung des Tierbestands: Die Vorwürfe gegen den Glüsinger Gnaden-Schäfer Günter Garbers sind harter Tobak.
Der 69-jährige Schäfermeister weist sie allerdings weit von sich: Er sei Opfer einer Intrige, sagt er. Beteiligte sind außer Garbers noch Mitarbeiter des Hamburger Tierschutzvereins und Beamte des Landkreises Harburg. Je nachdem, wen von ihnen man fragt, bekommt man eine andere Sichtweise der Geschichte.
Gnadenschäfer: "Ich habe das tote Schaf nicht verbuddelt"
Ordentlich ist anders: Zwischen dem „Lebenshof am Mühlenbach“ und der schmalen Stichstraße an der der Gnadenhof liegt, befindet sich eine Mauer aus Baumaterial, Vorratsbehältern und Dingen, die man vielleicht noch brauchen kann. Dahinter: ein halb fertiger neuer Stall. Daneben: der ziemlich fertige alte Stall. Darin befinden sich die ältesten Tiere des Gnadenhofs, die nicht mehr auf die Weide können, wollen oder sollen: Ein knappes Dutzend Schafe und drei Rinder. Man sieht ihnen das Alter an. Einige, so Garbers, würden nicht mehr richtig fressen. Übermäßig abgemagert sehen sie nicht aus. Die Tiere sind ruhig.
„Montagmittag war hier auf einmal der Teufel los“, sagt Garbers, „Polizei, Tierschützer und Reporter wollten auf meinen Hof. „Auf der Weide an der Autobahn haben die dann ein totes Schaf ausgegraben. Ich habe es dort aber nicht verbuddelt. Ich lasse tote Tiere abholen. Es gibt Leute, die mich mobben und mir etwas anhängen wollen. Die haben das eingefädelt!“
Veterinäre finden Schafskadaver, die wohl zu Garbers Hof gehören
„Wir haben am Montag eine Anzeige vom Hamburger Tierschutzverein erhalten, dass auf dem Hof Tierkadaver vergraben wurden“, sagt Bernhard Frosdorfer, Sprecher des Landkreises Harburg. „Unsere Veterinäre sind dem nachgegangen. Tatsächlich haben sie einige Schafskadaver gefunden. Ohrmarken wiesen darauf hin, dass sie Herrn Garbers gehörten.“
Wenn ein Haus- oder Nutztier stirbt, darf es nicht einfach vergraben werden. Das widerspricht dem Seuchenschutzrecht. „Falltiere“ müssen gemeldet und vom Tierkörperbeseitiger abgeholt werden. Das kostet Gebühren, die Landwirten allerdings größtenteils erstattet werden. „Mir sterben pro Jahr acht bis zehn Tiere“, sagt Garbers, „aber die lasse ich alle vom Schinder abholen. Ich habe dafür auch die Belege. Diese Schafe haben andere da vergraben! Und im vergangenen Frühjahr sind mir einige Ohrmarken geklaut worden.“ Er habe da einen Verdacht, sagt Garbers.
Veterinäramt ist nicht zum ersten Mal bei Schäfer Garbers
Nun war das Veterinäramt allerdings nicht zum ersten Mal bei Garbers. „Es gibt eine ganze Menge Ordnungsgelder, die wir gegen Herrn Garbers verhängt haben“, sagt Bernhard Frosdorfer. Die Vergehen waren sehr unterschiedlich: Das reicht vom Zaun um die Schweineweide, der nicht ausreichend vor Wildschweinbesuch – und damit vor der Schweinepest – schützt, über scharfkantige Gegenstände an denen sich Weideschafe verletzten könnten bis hin zu Vorwürfen, Garbers würde den Tieren nicht genügend Futter und Wasser geben.
„Wir haben Respekt vor dem, was Herr Garbers tut, und erkennen seine Leistung an“, sagt Frosdorfer. „Aber wir haben manchmal den Eindruck, dass er mit seinem eigenen guten Werk überfordert ist. Einfach im Umgang ist Herr Garbers auch nicht.“
Garbers war mehr als 40 Jahre lang Wanderschäfer
Zum Gnadenhof-Bauern wurde Garbers durch Zufall: Nach über vier Jahrzehnten Wanderschäferei setzte er sich zur Ruhe und behielt von seiner 1000-Tiere-Herde nur einige Dutzend alte, unverkäufliche. Damit sollte es dann gut sein. Doch dann hatte ein Bulle in der Nachbarschaft seinen Bauern niedergetrampelt und lebensgefährlich verletzt. Das Tier sollte getötet werden.
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Der Bauer bedauerte das selbst, wollte aber nicht mehr mit dem Stier auf dem Hof leben. „Ich bin mir dann mit ihm einig geworden, dass ich den Stier nehme, obwohl ich selber ein wenig Angst hatte“, sagt Garbers. „Dann kamen weitere Gnadentiere dazu.“
Tierschutzverein: "Man konnte es ihm nicht recht machen"
Zu viele, glaubt der Hamburger Tierschutzverein. „Wir hatten Hinweise aus der Nachbarschaft, dass Garbers’ Tiere in keinem guten Zustand sind und haben uns bei ihm gemeldet“, sagt Tierschutzberaterin Sina Hanke. „Daraus ergab sich eine Zusammenarbeit. Es waren mehrmals Mitarbeiter und Helfer von uns bei ihm und haben geholfen oder zumindest Hilfe angeboten. Das war etwas anstrengend, denn man konnte es ihm nicht recht machen. Außerdem hatten wir unterschiedliche Auffassungen, wie viel Futter und Wasser die Tiere brauchen.“ Dennoch habe man Garbers zumindest telefonisch weiter unterstützt. Im April sei der Kontakt jedoch abgebrochen.
„Ich glaube, Herr Garbers käme besser zurecht, wenn er nicht ganz so viele Tiere betreuen würde“, sagt Sina Hanke. Garbers fühlt sich weiter ungerecht verfolgt. „Den neuen Stall darf ich auch nicht weiter bauen, weil er nicht ganz der Genehmigung entspricht“, sagt er. „Auch das würde von jemand angezeigt, der mir Böses will!“