Die Wohnung des russischen Geschäftsmannes und Ex-Agenten Dmitri Kowtun in Ottensen wurde weiträumig abgesperrt, die Bewohner des Hauses evakuiert. BKA findet Anhaltspunkte für Strahlenquellen.
Hamburg. Bei der Suche nach eventuellen Spuren der radioaktiven Substanz Polonium 210 haben Spezialisten des Bundeskriminalamts (BKA) Anhaltspunkte dafür entdeckt, dass in dem Haus, in dem Kowtum wohnte, "an zwei Örtlichkeiten" radioaktive Spuren gefunden wurden. Nicht in der Wohnung des Ex-Agenten, dafür aber in der Wohnung seiner Ex-Frau, die ebenfalls eine Wohnung in dem Haus in der Erzbergstraße bewohnt, wurden die Strahlenquellen entdeckt.
Am Sonnabendnachmittag begannen BKA-Experten mit der so genannten Feinuntersuchung, die nähere Aufschlüsse über die Strahlenquellen geben soll. Diese Messungen können bis zu zwei Tage dauern. Die 30 Bewohner des Hauses müssen in der Zwischenzeit bei Freunden, Bekannten oder in einer von den Behörden gestellten Unterkunft verweilen. Nicht nur die Wohnung von Kowtun im Erdgeschoss wird untersucht, sondern auch der dazugehörige Keller, die ebenfalls im Erdgeschoss liegende und versiegelte Kneipe "Gigi L." sowie die Wohnung von Kowtuns Ex-Frau im ersten Stock.
Die Polizei hat am Sonnabend auch das Haus der ehemaligen Schwiegermutter Kowtuns in der Haselau, Kreis Pinneberg, untersucht. Hier wurden an zwei Stellen "Hinweise auf eine Kontamination" entdeckt worden, hieß es. Das Haus wurde versiegelt und eine Feinuntersuchung angeordnet. Angesichts der Suche nach Spuren des hochgiftigen Poloniums betonte Schleswig-Holsteins Innenminister Ralf Stegner (SPD), dass für die Bevölkerung "absolut keine Bedrohung" bestehe.
Flugzeug sichergestellt
Das Flugzeug, mit dem Kowtun am 1. November von Hamburg nach London geflogen ist, wurde von Sicherheitsbehörden in Köln sichergestellt. Ein Sprecher der Fluggesellschaft "Germanwings" und des NRW-Innenministeriums bestätigten dies. Der Airbus vom Typ A319 wurde stundenlang auf dem Flughafen Köln/Bonn nach möglichen Spuren des radioaktiven Stoffs Polonium 210 untersucht.
"Wir haben die Maschine sofort den Behörden zur Verfügung gestellt", sagte der Sprecher. Die Untersuchungen des Bundesamtes für Strahlenschutz dauerten an. "Experten sagen aber, dass von der Maschine keine Gefahr ausgeht."
Bei der Untersuchung seien keine Spuren des radioaktiven Polonium 210 entdeckt worden, der Jet sei wieder freigegeben, berichteten die Airline Germanwings und die Hamburger Polizei am Samstagabend.
Kowtun soll am 1. November in London den ehemaligen russischen Geheimagenten Alexander Litwinenko getroffen haben. An diesem Tag soll Litwinenko mit dem radioaktiven Stoff vergiftet worden sein.
Der 41-jährige Kowtun, der sich derzeit in einem Moskauer Krankenhaus befindet, wurde russischen Medienberichten zufolge wie Litwinenko mit Polonium 210 radioaktiv vergiftet. Sein Gesundheitszustand soll ernst sein. Ob er nun getreuer Kontaktmann des vergifteten Kreml-Kritikers Litwinenko war oder - wie Spekulationen lauten - den Londoner Giftanschlag vielleicht sogar mitgeplant oder unterstützt hat, ist ungewiss.