Polizei bittet Bevölkerung um Mithilfe: Wer kannte den Russen aus der Erzbergerstraße? Kontaktmann von Kreml-Kritiker Litwinenko liegt verstrahlt in Moskauer Klinik.

Hamburg. Der mysteriöse Giftmord an dem russischen Ex-Spion Alexander Litwinenko steht offenbar direkt mit Hamburg in Verbindung. Bei einem Großeinsatz der Polizei durchsuchten am Freitagabend Spezialisten eine Wohnung im Haus Nummer 4 in der Erzbergerstraße (Ottensen), die der russische Geschäftsmann Dmitri Kowtun gemietet hat. Kowtun war eine der Kontaktpersonen Litwinenkos in London gewesen und wird zurzeit wegen starker radioaktiver Verstrahlung innerer Organe in Moskau behandelt.

Auch Litwinenko war verstrahlt worden, und zwar mit der Substanz Polonium 210. Ob es sich bei Kowtun um dasselbe Gift handelt, war noch unklar. "Die Polizei Hamburg trifft alle Maßnahmen, um zu überprüfen, ob sich in der Wohnung des Kowtun Polonium 210 befindet", teilte das Präsidium mit. "Dabei unterstützt das Bundeskriminalamt mit der dort angegliederten Zentralen Unterstützungsgruppe des Bundes."

Die durchsuchten Räume in Ottensen waren bis vor wenigen Wochen noch bewohnt, hieß es. Die Experten wollen auch mögliche andere Aufenthaltsorte sowie weitere Kontaktpersonen Kowtuns in Hamburg überprüfen. Zugleich bittet die Polizei alle Personen, die selber Kontakt zu Kowtun hatten oder etwas zu seinem Umgang sagen können, sich unter der Telefonnummer 42 67 65 in Hamburg zu melden. Wer sich über die Substanz Polonium informieren will, kann dies unter Telefon 4288 6550 tun.

Der Mordfall Litwinenko beschäftigt seit dem Tod des Ex-Agenten am 23. November Ermittlungsbehörden in halb Europa. Die britische Polizei konzentriert ihre Ermittlungen auf ein Treffen in einem Londoner Hotel am 1. November, jenem Tag, als Litwinenko erkrankte. Außer ihm soll an dem Treffen unter anderen auch - der vermutlich aus Hamburg angereiste - Dmitri Kowtun teilgenommen haben. Bei dem Treffen sind nach Polizei-Erkenntnissen mindestens zehn Menschen mit Polonium 210 in Berührung gekommen, darunter auch der frühere KGB-Agent Andrej Lugowoi. Dessen geplante Vernehmung durch britische Scotland-Yard-Beamte in Moskau wurde am Freitag zum zweiten Mal verschoben, weil er ebenfalls wegen Verstrahlungssymptomen ärztlich behandelt wird.