Hamburg. Taucher suchten vergeblich nach dem HSV-Manager. Die Ermittlungen konzentrieren sich auf den noch unbekannten Taxifahrer.
Sie kommen gegen 9 Uhr mit rund einem Dutzend Fahrzeugen. Die Luft ist kalt, die Sonne nur zart zu sehen, die Strömung an den Landungsbrücken noch zu stark. Langsam legen 18 Einsatztaucher ihre Montur an: Brille, Schutzanzug, zwei große Aluminiumflaschen. Dann warten sie. Auf eine Gelegenheit, das Verschwinden des 44-jährigen HSV-Managers Timo Kraus lösen zu können, der seit der Nacht zu Sonntag vermisst wird.
Einzige Spur auf den Vermissten
Der Einsatz am Donnerstag folgt der derzeit einzigen Spur auf den Vermissten. Sein Handy wurde am Sonnabend gegen 0.40 Uhr auf dem Ponton vor der „Rickmer Rickmers“ letztmals geortet. Dann könnte er bei Eisglätte in die Elbe gefallen sein, vermuten die Polizisten. Eine andere schlüssige Erklärung für das Verschwinden des Familienvaters gibt es bislang nicht.
Fest steht aber: Wäre er wirklich in die Elbe gefallen, hätte er im Wasser nicht länger als eine halbe Stunde überlebt. Die Taucher sollen klären, ob der Körper des Mannes durch die Unterströmung unter den Ponton gezogen worden ist.
Auch für die Taucher ist die Strömung gefährlich. Das Wasser zieht mit zehn Metern pro Sekunde in Richtung Nordsee. Die Männer werden angeleint, um unter den Ponton zu gelangen. Sie beginnen an der entferntesten Ecke und arbeiten sich die 150 Meter in Richtung des Restaurants Block Bräu vor, wo Timo Kraus am Sonnabendabend feierte. Die Sicht im grünen Wasser beträgt teils weniger als einen Meter, am Boden müssen die Taucher tasten. Sie finden keinen Körper, keinen weiteren Hinweis auf Timo Kraus.
„An dieser Stelle haben wir alles abgesucht. Es wird hier keinen weiteren Tauchgang geben“, sagte ein Polizeisprecher am späten Vormittag. Nach wie vor halten die Ermittler einen tödlichen Unfall für wahrscheinlich. Eine Leiche, die in der Elbe treibt, würde unter normalen Umständen innerhalb von etwa drei Tagen wieder auftauchen. Die kalten Temperaturen können den Prozess verzögern. Den Ermittlern fehlen derzeit andere Hinweise auf bestimmte Gebiete, die von Tauchern durchsucht werden könnten.
Taxifahrer soll B-Klasse gefahren haben
Die Ermittlungen konzentrieren sich auf den weiterhin unbekannten Taxifahrer, der Timo Kraus womöglich als letzter Mensch vor seinem Verschwinden gesehen hat. Nach Zeugenaussagen stieg der 44-Jährige am Sonnabend gegen 23.30 Uhr nach einer Unternehmensfeier vor dem Block Bräu in ein Taxi. Dabei soll es sich um eine Mercedes B-Klasse mit einem dunkelhäutigen Fahrer gehandelt haben. Die Glaubwürdigkeit der Angaben ist jedoch nicht gesichert – neben Timo Kraus waren auch die anderen Partygäste zu fortgeschrittener Stunde alkoholisiert.
Nach der Auswertung der Handydaten fuhr das Taxi mit Timo Kraus offenbar nur rund einen Kilometer in Richtung Osten und hielt im Bereich der Straße Hohe Brücke am Nikolaifleet an. Ob Timo Kraus von dort zu Fuß wieder zurück in Richtung der Landungsbrücken ging oder ihn das Taxi dorthin zurückfuhr, ist noch unklar – ebenso wie die Frage, warum der 44-Jährige mit dem Taxi nicht bis zu seiner Familie in Buchholz fuhr und stattdessen in der Stadt blieb.
Auch ein Hellseher hat sich gemeldet
Nach der Suchaktion der Tauchgruppen aus Hamburg und Niedersachsen informierte der zuständige Polizeisprecher Jan Krüger die wartenden Journalisten – der Fall erregt bundesweit großes Interesse, auch ein Hellseher hat sich inzwischen mit einem Hinweis an die Behörden gewandt. Krüger erneuerte den Appell an den Taxifahrer, sich zu melden. „Es wird Gründe geben, die diesen Mann bislang davon abhalten, sich mit der Polizei in Verbindung zu setzen“, sagte Krüger. Alles weitere sei aber bislang Spekulation.
Mit einem zweiten veröffentlichten Foto hatte die Polizei bereits seit Dienstag auf neue Hinweise gehofft. Timo Kraus sieht daraufhin annähernd so aus wie am vergangenen Sonnabendabend. Bis auf den betreffenden Fahrer waren aber offenbar keine anderen Taxis am Stand vor den Landungsbrücken präsent. Wie es vom Landesverband Hamburger Taxiunternehmer (LHT) heißt, waren am Sonnabend aufgrund der Eisglätte deutlich weniger Taxis unterwegs. Ein Aufruf bei allen 3100 registrierten Fahrern – auch über „WhatsApp“-Gruppen – blieb bislang erfolglos.
Die Polizei bittet alle Zeugen, sich unter der Telefonnummer 04181-28 50 beim Kriminaldienst in Buchholz oder jeder anderen Dienststelle zu melden.