Der Hamburger Verlag beruft seine Doppelspitze Georg Mascolo und Mathias Müller von Blumencron ab. Grund seien „unterschiedliche Auffassungen zur strategischen Ausrichtung.“
Hamburg. Was das Hamburger Abendblatt bereits am Freitag exklusiv berichtete, ist nun offiziell: Der „Spiegel“-Verlag hat die beiden Chefredakteure des „Spiegel“, Georg Mascolo und Mathias Müller von Blumencron, abberufen. Grund seien „unterschiedliche Auffassungen zur strategischen Ausrichtung“, teilte der Verlag am Dienstag in Hamburg mit.
„Bis auf Weiteres wird die Redaktion des „Spiegel“ geführt von den beiden stellvertretenden Chefredakteuren Klaus Brinkbäumer und Martin Doerry. Rüdiger Ditz, Chefredakteur von „Spiegel Online“, verantwortet das Nachrichtenangebot im Internet“, hieß es weiter. Mascolo und Müller von Blumencron seien beurlaubt.
Wie das Abendblatt aus Gesellschafterkreisen erfuhr, soll der „Spiegel“ für den Posten des Chefredakteurs bereits mit mehreren Kandidaten gesprochen haben. Über die Nachfolge in der Chefredaktion werde in Kürze entschieden, hieß es in der Stellungnahme vom Dienstag.
Die beiden Chefredakteure hatten seit 2008 eine Doppelspitze gebildet. Mascolo war verantwortlich für den gedruckten „Spiegel“, Müller von Blumencron kümmerte sich um die digitalen Angebote des Hauses.
Der Geschäftsführer des „Spiegel“-Verlags, Ove Saffe, würdigte Mascolo und Müller von Blumencron als „exzellente Journalisten, die in den vergangenen Jahren und in verschiedenen Funktionen innerhalb des Hauses Kreativität und Führungsstärke bewiesen haben“.
Mascolo und Blumencron im Dauerclinch
Mascolo und Müller von Blumencron arbeiteten seit mehr als 20 Jahren für die Spiegel-Gruppe. Georg Mascolo (48) kam 1988 zu „Spiegel TV“, 1992 wechselte er zum Nachrichtenmagazin. 2004 ging er für den „Spiegel“ als Korrespondent nach Washington. Ab 2007 leitete er zusammen mit Dirk Kurbjuweit das Hauptstadtbüro in Berlin, im Februar 2008 wurde er zusammen mit Müller von Blumencron Chefredakteur des „Spiegel“. Müller von Blumencron ist seit 1992 beim „Spiegel“. 1996 ging er als Wirtschaftskorrespondent nach Washington, ab 1998 berichtete er aus New York. Im Dezember 2000 wurde er Chefredakteur von „Spiegel Online“.
Das „Hamburger Abendblatt“ hatte am Sonnabend berichtet, der „Spiegel“ wolle sich von den beiden Chefredakteuren trennen. Als Quelle nannte die Zeitung Gesellschafterkreise. Der Spiegel Verlag wollte die Berichte zunächst nicht bestätigen.
Als Grund für die Trennung nannte der Bericht zum einen den Dauerstreit zwischen Mascolo und Müller von Blumencron über die Zusammenarbeit zwischen dem Print-Magazin und dem Online-Auftritt des „Spiegels“. Die Arbeitsbereiche der beiden Chefredakteure waren seit Februar 2011 getrennt. Mascolo hatte seitdem die Alleinverantwortung für das gedruckte Magazin. Müller von Blumencron zeichnete für alle digitalen Angebote, einschließlich „Spiegel Online“, verantwortlich.
Streit um Kostenpflicht bei „Spiegel Online“
Mascolo soll sich dafür eingesetzt haben, Teile von „Spiegel Online“ kostenpflichtig zu machen, Müller von Blumencron soll dagegen gewesen sein. Das „Abendblatt“ berichtet auch, Müller von Blumencron habe sich geweigert, eine neue Online-Strategie umzusetzen. So sollten Angebote über die rein nachrichtliche Berichterstattung hinaus kostenpflichtig werden. Über die Weigerung sei Verlagsgeschäftsführer Ove Saffe verärgert, hieß es.
Mascolo werde intern für eine verfehlte Titelauswahl und den Auflagenrückgang verantwortlich gemacht, heißt es in dem Bericht. Die Auflage ist demnach von über einer Million verkaufter Exemplare bei seiner Amtsübernahme auf mittlerweile 891.000 Exemplare geschrumpft.
Am „Spiegel“ sind die Mitarbeiter über die Mitarbeiter KG mit 50,5 Prozent, der Verlag Gruner + Jahr mit 25,5 Prozent und die Erben des „Spiegel“-Gründers Rudolf Augstein mit 24 Prozent beteiligt.