Tausende Euro geben Politiker für Make-up und Co. aus. Nun will der Kanzler auch noch die Größe seines Regierungssitzes verdoppeln.

Heute mal ein kleiner Ausflug nach Berlin, das sei erlaubt, denn ein Hamburger spielt darin eine tragende Rolle, zunächst als ein bescheidener Mann. Aber zuerst ein kleiner Rückblick ins Jahr 2000.

Ich traf damals Angela Merkel, und wir hatten ein aufwühlendes Gespräch, das später unter dem Titel erschien: „Als die Mauer fiel, war ich in der Sauna“. Was ich damals an Angela Merkel wunderbar fand, war, dass sie sich nach diesem Schlagabtausch fotografieren ließ – ohne Allüren, ohne das Haar groß nachzurichten, einfach so.

Bundespolitik: Baerbock gibt über 136.000 Euro für eine Visagistin aus

Allerdings muss der Akkuratesse wegen hinzugefügt werden, das war wohl das letzte Mal, dass sie sich so echt präsentierte; später trat die Kanzlerin vor die Kameras nur noch geschützt durch dickes Make-up und unter einer Frisur, die helmartig festgeschweißt erschien.

Die Kanzlerin löste aus, was die heutigen Regierenden zum Exzess beherrschen: den perfekten Maskenauftritt. Kein Härchen darf heute mehr unkontrolliert ins Gesicht wehen, kein Schweiß darf auf der Stirn glänzen. Egal ob Annalena Baerbock in der Ukraine durch Matsch stapft, sich in in­discher Hitze durch den Straßenverkehr müht – sie will stets perfekt aussehen, wie für eine Modestrecke inszeniert.

Dieser Einsatz fürs Schöne ist teuer, und nun muss kurz daran erinnert werden, dass hierzulande die Nachfrage für Tafeln wächst und wächst, dass die Armut um sich greift, immer mehr Leute Mühe haben, den Alltag frei von finanziellen Sorgen zu bestehen – und in diesen rauen Zeiten reist die Außenministerin mit einer Visagistin um die Welt, gibt für ihr Aussehen 136.552,50 Euro aus. Pro Jahr. Nein, nicht sie gibt das viele Geld aus, wir, die Steuerzahler tun das.

Hohe Ausgaben für Schminken und Co. erinnern an Manieren auf Versailles

Und Olaf Scholz? Im Jahr 2021 war der Hamburger noch bescheiden, da setzte er gerade mal 381,57 Euro für den schönen Kosmetik-Schein ein. Im vergangenen Jahr waren es dann schon 39.910,95 Euro. Es geht auch anders. Finanzminister Christian Lindner, man glaubt es kaum, er, der oft wie ein Modell in den besten Jahren daherkommt, hat bisher Verschönerungskosten in Höhe von 650 Euro in Rechnung gestellt – gut 200-mal weniger als die Ministerin des Äußeren.

Und Robert Habeck? Der knufflig-wuschlige Regierungsbär? Der den Bürgern empfiehlt, an der Heizung zu sparen, überhaupt zu sparen? Er hat einen Hoffotografen engagiert, ihm einen Vierjahresvertrag über 400.000 Euro gegönnt – also mehr als 8000 Euro monatlich.

Nicht schlecht, diese Ausgaben für die regierungsamtliche Schminkerei. Irgendwie, ich kann mich dagegen kaum wehren, steigt in mir das Gefühl hoch, das erinnert doch an Versailles – den Sonnen­könig Ludwig XIV., seine Hofschranzen, die gepudert und geschminkt und unter Perücken umherwandelten, weit weg vom Plebs und seinen Nöten.

Scholz will die Größe des Bundeskanzleramts verdoppeln lassen

Bin ich ungerecht? Aber irgendwie scheint da etwas zu verrutschen in Berlin, eine Maßlosigkeit um sich zu greifen – auch bei Olaf Scholz. Er regiert im Bundeskanzleramt – einem der größten Regierungssitze der Welt, 25.000 Quadratmeter Nutzfläche.

Doch nun scheint ihm nicht mehr zu reichen, dass sein Regierungssitz achtmal so groß ist wie das Weiße Haus, er will mehr, viel mehr. Er will die Berliner Regierungszentrale verdoppeln, nach Plänen seiner Vorgängerin.

Geradezu fassungslos schrieb unlängst die eher scholzfreundliche „Süddeutsche Zeitung“ dazu: „Das ist schon auf geradezu barocke Weise bizarr und lässt den Kanzler zur Abwechslung gar nicht wie Olaf Scholz dastehen, sondern eher wie einen Sonnenkönig, der hier selbstherrlich gegen alle Einwände ein Versailles an der Spree durchsetzen will.“

Bundespolitik: Hier herrscht ein neues wilhelminisches Machtbewusstsein

Was da in Berlin passiert, wenn es nicht im letzten Augenblick gestoppt wird, empört. Auch weil diese Gigantonomie-Architektur (Beton, riesige Glasflächen, verschwenderische Bodenversiegelung) klimatechnisch auf dem Stand der 1990er-Jahre sein wird.

Gebäude sind ja nicht bloß Gebäude, sie sagen immer etwas über das Selbstverständnis der darin Agierenden aus. Der Kanzlerbungalow in Bonn war bescheiden, unauffällig. Was nun an der Spree für derzeit 800 Millionen Euro entstehen soll, tatsächlich wohl weit über eine Milliarde Euro kosten wird, demonstriert das neue wilhelminische Machtbewusstsein: Wir sind wieder wer! Ich brauche das nicht.