Hamburg. Zeitenwende auf dem Hamburger Immobilienmarkt. Warum der angebotene Spielraum leider nicht viel wert ist.
Eine unbekannte Nummer ruft an. Zum zweiten Mal heute, am Vormittag bereits verpasst. Muss also wichtig sein. Es meldet sich ein Makler. Wie schön es sei, dass er einen erreiche. Es gehe um folgendes Objekt – dazu habe er auch schon eine Mail geschrieben, ob die angekommen sei?
Zeitenwende im Immobilienbusiness. Der Makler ruft nicht nur zurück, er meldet sich von sich aus, und das gleich mehrfach, auf allen Kanälen. Zu Beginn der Haussuche ein undenkbares Szenario. Da durfte man sich glücklich schätzen, wenn ein Vermittler überhaupt ans Telefon ging, und bekam das auch genau so gesagt.
Makler meldet sich mit "Kaufpreisreduzierung": Wo ist der Haken?
Geradezu verschämt denkt man daran zurück, wie man ganz naiv Maklerbüros in der Gegend aufgesucht hat, um sich vor Ort in die Suchkartei aufnehmen zu lassen. Die Kriterien wurden zwar stets freundlich abgefragt („Kaufpreis unter einer Million? Da haben wir gerade nichts da, aber wir melden uns dann gerne“) – danach hat man nie wieder etwas gehört.
Das ist nun also vorbei. Makler werden nicht mehr bei allen Objekten überrannt, sie laufen den Kunden hinterher. Und melden sich nicht selten mit einer Kaufpreisreduzierung wieder. Mindestens drei bis vier Mails mit diesem Betreff trudeln derzeit pro Woche ein.
Zum Beispiel für ein 200-Quadratmeter-Haus in Henstedt-Ulzburg („eine eher unauffällige, aber sehr grüne Gemeinde nördlich von Hamburg“) direkt am Waldrand. Traumhafter Blick, gute Aussichten bei Preisverhandlungen. 650.000 Euro soll es nun kosten, 50.000 weniger als beim Vermarktungsstart Anfang des Jahres – und die freundliche Maklerin betont schon in den ersten zwei Minuten, dass da auf jeden Fall noch Spielraum sei.
Verkäufer werben mit Open Haus – vor eineinhalb Jahren undenkbar
Noch schneller sinkt der Preis für einen Bungalow mit großem Grundstück in Quickborn: Beim Anruf nach der ersten Preisreduzierung – nach vier Monaten am Markt ging es um 35.000 auf 450.000 Euro runter – wird direkt die zweite Absenkung auf dann noch 410.000 Euro angekündigt, verbunden mit einer Einladung zum Open House. Das ist auch so etwas, was Verkäufer vor eineinhalb Jahren nicht veranstalten mussten, um ein Objekt loszuwerden. Da genügten wenige, extrem begehrte Einzeltermine statt einer Sammelveranstaltung.
Wo ist der Haken? Hier: Das Einfamilienhaus in Henstedt-Ulzburg ist eines „mit Potenzial“ – heißt: Dach, Fenster, Leitungen müssen neu. Und beim Bungalow spricht der Makler selbst von „Tabula rasa machen“. Und schon ist der Kaufpreis wieder um 100.000 bis 300.000 Euro gestiegen.
Und doch herrschen gerade „andere Marktverhältnisse“, wie ein Makler zugeben muss, der die Kaufpreisreduzierung für ein wohlbekanntes Objekt über den Verteiler jagen musste. Um dieses Haus ging es an dieser Stelle schon einmal im Mai vergangenen Jahres. Damals in der Kategorie „Secret Sale“, der Preis für das „Traumhaus in Elbnähe“ im schönen Wedel wurde geheim gehalten, nur wer sich persönlich meldete und seinen Spielraum preisgab, bekam eine Zahl genannt – so ein Brimborium konnte man sich bei den Marktverhältnissen damals noch leisten.
Kein Makler-Geheimnis: Verkäufer haben es nicht eilig
Nun steht der „exklusive“ Gelbklinker mit seinen vor zehn Jahren modernisierten 150 Quadratmetern plus ausgebautem Wohnkeller schon seit mehr als einem Jahr zum Verkauf, und nicht nur das damalige Maklerbüro wurde in den Wind geschossen, sondern auch die ursprünglich Preisvorstellung von 1,8 Millionen Euro.
Der neue Makler macht nun kein Geheimnis daraus, dass die Eigentümer, die derweil in einer Eigentumswohnung leben, es mit dem Verkauf nicht eilig hatten und darum mal testen wollten, „was der Markt hergibt“. Keine 1,8 Millionen auf jeden Fall, weshalb der ursprünglich „sportliche“ Preis jetzt den „aktuellen Verhältnissen“ angepasst wurde: Das neue Angebot liegt bei 1,2 Millionen Euro.
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Das nennt man doch mal eine ordentliche Reduzierung – doch was ist diese wert, wenn man von einem Fantasiepreis kommt? Und die Zinsen parallel bei einem neuen Rekordhoch angekommen sind. „Tja, den richtigen Moment zum Kaufen gibt es nie“, sagt der Makler. Irgendwie ist also doch alles beim Alten.