Krieg, Energiekosten, Inflation, Klimakrise und Co.: Vieles war 2022 schlimm. Damit es 2023 besser wird, sind Veränderungen notwendig.
„Wird’s besser? Wird’s schlimmer?, fragt man alljährlich. Aber seien wir ehrlich, Leben ist immer lebensgefährlich.“ Gibt es tröstlichere Worte als die von Erich Kästner für eine Neujahrsansprache? Wir wissen nicht, wohin die Reise geht. Aber keine Gefahr ist so schlimm, als dass wir aufgeben sollten.
Das zu Ende gehende Jahr war schlimm – und manches spricht dafür, dass das kommende kaum besser wird. Wladimir Putin scheint wild entschlossen, seinen Krieg weiterzuführen. Und auch die ukrainische Regierung erweckt nicht den Eindruck, als sei ihr sonderlich an Verhandlungen mit dem Ziel eines Waffenstillstands gelegen. Solange der Krieg anhält, werden auch Europa und die Bundesrepublik leiden. Und die größten Probleme dürften sich damit weiter verschärfen.
Öl, Gas und Strom werden nie wieder so günstig wie vor dem Ukraine-Krieg
Denn alles hängt mit dem Krieg zusammen: So dürfte die Inflation so lange hoch bleiben, solange die Kämpfe andauern. Durch die Sanktionspolitik gegen das aggressive Russland hat sich Europa selbst von günstigen Rohstoffen abgeschnitten – mit langfristigen Folgen. Schon jetzt ist absehbar, dass Gas, Öl, aber auch Strom nie wieder so günstig werden, wie sie vor dem Krieg waren. Gerade weniger vermögende Haushalte treffen die exorbitanten Preissteigerungen besonders. Die Inflation ist der Taschendieb des kleinen Mannes, wusste der CDU-Politiker Norbert Blüm.
Auch wenn sich die Preissteigerungen bald etwas beruhigen, ist ein zentraler Standortvorteil der deutschen Wirtschaft dahin: Unsere Industrie war auch deshalb so erfolgreich und konnte hohe Löhne zahlen, weil sie von billigen russischen Rohstoffen profitierte.
Menschen verarmen, Betriebe schließen, Arbeitslosigkeit steigt
Die hohen Energiepreise ändern alles: Unternehmen überdenken ihre Investitionen, verlagern Produktionen ins Ausland. Auch die gefeierten Standortentscheidungen von Northvolt für eine Batteriefabrik in Heide und Intel für ein Chipwerk in Magdeburg wackeln wieder. Und die USA verstärken die deutsche Krise – Joe Biden betreibt dieselbe protektionistische Politik wie sein Vorgänger Donald Trump, auch wenn er dabei freundlicher aussieht.
Oskar Lafontaine schreibt in seinem neuen Buch „Ami, it’s time to go“: „Ohne russische Rohstoffe und Energielieferungen werden wir unseren Wohlstand nicht halten können. Immer mehr Menschen werden verarmen, und zahllose Betriebe werden schließen. Die Arbeitslosigkeit wird steigen.“ Und weiter: „Wir sind als Politiker gewählt worden, um die Interessen der Leute zu vertreten, die uns ihre Stimme gegeben haben. Das ist kein Nationalismus, wie einige Irre glauben, das ist unsere selbstverständliche Pflicht.“
In der Asylpolitik werden falsche Signale gesetzt
Etwas mehr Lafontaine könnte in diesen Tagen nicht schaden. Es ging uns lange so gut, dass wir uns gar nicht vorstellen können, dass es anders werden könnte. Der Krieg raubt uns diese Illusion. Zugleich wächst der Migrationsdruck. Zwar gelingt es Brüssel, ständig neue Sanktionspakete zu schnüren, aber leider weder eine europäische Verteilung der Kriegsflüchtlinge noch eine finanzielle Lastenverteilung.
Zugleich setzt die Bundesregierung in der Asylpolitik falsche Signale: Es ist nicht die Zeit für Erleichterungen von illegaler Migration. Die Probleme in Deutschland sind inzwischen so groß, da könnte die Gesellschaft mittelfristig damit scheitern, auch noch die Integration vieler Syrer, Afghanen oder Iraker zu leisten. „Unsere Herzen sind weit, aber unsere Möglichkeiten endlich“, sagte Joachim Gauck 2015. Was damals schon richtig war, gilt 2023 erst recht. Es ist Zeit für mehr Realismus. Die Sozialdemokraten in Dänemark oder Schweden haben das im Übrigen längst erkannt.
Wir brauchen neue Technologien, um den CO2-Ausstoß zu senken
Mehr Realismus ist auch in der Klimaschutzpolitik geboten: Es ist wohlfeil, die Letzte Generation zu beklatschen und zugleich die deutsche Treibhausbilanz zu ignorieren. Das Klima retten wir nicht mit PR, sondern nur mit Physik: Deutschlands gestiegener CO2-Ausstoß muss sinken – und zwar nicht durch Deindustrialisierung, sondern durch neue Techniken, die Erschließung eigener Vorkommen und einen klimafreundlichen Energiemix.
Wer dabei nicht über längere Laufzeiten von Atomkraftwerken sprechen will, sollte in Zukunft zum Klimaschutz besser schweigen. Es bedarf noch vieler Zeitenwenden – auch in den Köpfen. Ob diese Wenden glücken, entscheidet, wie gut oder schlecht das kommende Jahr für Deutschland wird. Die Antwort ist offen. Nur eines ist klar: Einfach wird es nicht.