Hamburg. Künstler finden nur St. Pauli sympathisch, und der Herr vor mir kramt sicher quälend lange nach Kleingeld. Oder
Vorurteile haben ja nicht den besten Ruf in der aufrichtigen Bevölkerung. Zu Recht. Es wäre ja beispielsweise auch total gemein, jedem Künstler nachzusagen, dass er – zumindest öffentlich – beim Thema Fußball in Hamburg immer seine Sympathien für diesen sympathischen Stadtteilverein, dessen Name mir jetzt gerade nicht einfällt, äußert. Fies wäre das.
Womit wir bei der Definition des Vorurteils wären: „Eine nicht objektive, meist von feindseligen Gefühlen bestimmte Meinung, die sich jemand ohne Prüfung der Tatsachen voreilig, im Voraus über jemanden gebildet hat.“
Vorurteile: Manchmal überraschen sie (un)angenehm
Nicht objektiv, feindselig und voreilig – so stehe ich wohl kürzlich an der Supermarktkasse: vor mir ein Mann im besten Alter, dem äußeren Anschein nach seinen Ruhestand in aller Ruhe genießend. Ich bin etwas in Eile, und sofort geht das vorurteilsbehaftete Kopfkino los: Der Mann wird sicherlich gleich – in aller Ruhe – noch einen kleinen Plausch mit der Kassiererin halten und dabei quälend langsam das passende Kleingeld aus seinem Portemonnaie angeln.
Vielleicht kippt er auch gleich den gesamten Inhalt auf das Förderband und die Kassierin zählt dann laut die Münzen von ihrer einen Hand in die andere, bis die zu zahlende Summe annähernd erreicht ist. „Na toll!“, denke ich und verdrehe bereits genervt die Augen, bevor der Mann überhaupt an der Reihe ist.
- Achtung, Ohrwurm-Gefahr!
- Abgefahren – optische Ödnis wird zum Verkaufsschlager
- „Signal kommt“ – nicht
Und dann das: Er zückt sein Smartphone, hält es vor den Payback-Karten-Scanner – piep, fertig. Denn dreht er elegant seine linke Hand, hält seine Armbanduhr gegen das EC-Karten-Lesegerät – piep, fertig. Völlig überrumpelt und mich meiner Vorurteile schämend krame ich hektisch nach dem passenden Kleingeld in meinem Portemonnaie. Hinter mir in der Schlange wird es langsam unruhig.