Hamburg. Der Hamburger Hafen verzeichnet eine unglaubliche Erfolgsgeschichte – die ihm jetzt zum Verhängnis werden könnte.
Die gute alte Hamburger Kaufmannstradition ist legendär. Dem ausgeprägten Sinn der Hamburger für Fakten und Zahlen verdankt die Stadt schon seit den Zeiten der Hanse ihren Aufstieg. Lebendiges Zeugnis ihrer merkantilen, weltoffenen Historie ist der Hamburger Hafen. Er ist weitaus mehr als der siebzehntgrößte Ankerplatz der Welt: Er ist Kristallisationspunkt der Hamburger Lebensart zwischen Vergangenheit und Zukunft.
Der Hafen hat es nie versäumt, sich notwendigen Anpassungen an veränderte Bedingungen zu stellen. Im Gegenteil: Die Entwicklung von der Verleihung des Hafenrechts, der Legende nach durch Kaiser Barbarossa am 7. Mai 1189 , bis zum heutigen Welthafen mit vier Containerterminals und einem jährlichen Seegüterumschlag von rund 130 Millionen Tonnen geschah stets folgerichtig und zum Wohl der Freien und Hansestadt Hamburg.
Hafen Hamburg sorgte zuverlässig für Arbeitsplätze
Parallel zur Erfolgsgeschichte des Hafens verlief auch der wirtschaftliche Aufstieg der weniger privilegierten Schichten, denn der Hafen sorgte zu allen Zeiten zuverlässig für Arbeitsplätze, aktuell alleine 156.000 in der Metropolregion Hamburg. Es gibt also viele gute Gründe, auf die große Geschichte und eindrucksvolle Gegenwart des Hafens stolz zu sein. Die Hamburger sind sich dessen bewusst, weshalb die Feier des Hafengeburtstags als größtes Hafenfest der Welt zugleich den jährlichen Höhepunkt des Lebens in der Hansestadt darstellt.
Nun soll der Hafen zum Opfer seines Erfolgs werden: Der Ausverkauf beginnt. Nicht anders sind die aktuellen Nachrichten zu interpretieren, wonach das Containerterminal Tollerort zu mehr als einem Drittel an die chinesische Staatsreederei Cosco verkauft werden soll. Dass dies nur ein Anfang wäre, wer wollte daran zweifeln? Längst hat China aufgrund langjähriger Blauäugigkeit europäischer Politik umfangreiche Beteiligungen an Häfen erworben, von Rotterdam bis Marsaxlokk, von Bilbao bis Ambarlı, insgesamt 14 an der Zahl. Dass das geopolitische Schachspiel längst eröffnet ist, hat selbst die EU-Kommission mitbekommen und warnte aus sicherheitspolitischen Gründen die Bundesregierung schon vor Monaten vor dem ins Auge gefassten Deal.
Scholz unterstützt den Einstieg
Tatsächlich liest sich der Aufstieg von Piräus zum viertgrößten Hafen Europas seit Einstieg chinesischer Investoren märchenhaft. Nach dem Erwerb zweier Containerterminals für 500 Millionen Euro im Jahre 2008 legte man 2016 nochmals nach: 218 weitere Millionen sicherten China die komplette Kontrolle über den Hafen. „Hier geht kein Schiff raus oder rein, das die Chinesen nicht wollen“, zitierte der Tagesspiegel einen früheren griechischen Marineminister. Ist es das, was auch dem Hamburger Hafen bevorsteht, wenn es nach dem Bundeskanzleramt geht?
Nach Medienberichten scheint es Olaf Scholz nicht eilig damit zu haben, diesen eklatanten Ausverkauf kritischer deutscher Infrastruktur zu verhindern. Im Gegenteil: „Sechs Ministerien sind dagegen – Kanzleramt will Einstieg Chinas in Hamburger Hafen durchboxen “, meldete n-tv am 20. Oktober. Die offenbar im Raum stehende Ankündigung Chinas, seine Geschäfte widrigenfalls in die Niederlande zu verlegen, verleiht dem Vorgang eine gewisse Dringlichkeit: Längst ist das Reich der Mitte der mit weitem Abstand größte Handelspartner des Hafens.
Lernt Olaf Scholz aus Fehlern der Vergangenheit?
Würde die mit einem Investment Chinas zu erwartende wirtschaftliche Scheinblüte bis zum Ende der Legislaturperiode halten? Olaf Scholz scheint es zu hoffen. Das in einer Vormachtstellung Chinas über alle maßgeblichen europäischen Häfen liegende Erpressungspotenzial aber ist unermesslich. Wir sollten längst verstanden haben, wie teuer wirtschaftliche Abhängigkeit von autoritären Staaten im Konfliktfall werden kann.
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Die Kanzlerschaft des Olaf Scholz wird sich daran messen lassen müssen, ob er aus den Fehlern der Vorgängerregierungen lernt oder ob er Deutschland im „Doppelwumms“ gegen die Wand fährt. Der Verkauf des Hamburger Hafens, auch nur in Teilen, wäre ein schwerer politischer Sündenfall.