Hamburg kann die ungeheuerliche Tat aus dem Stadtpark nicht achselzuckend hinnehmen. Doch die Justizsenatorin hat eigene Sorgen.
Es gibt Ereignisse, da kann man nicht zum Alltag übergehen – da muss sich etwas ändern. Die ungeheuerliche Massenvergewaltigung eines 15-jährigen Mädchens im Hamburger Stadtpark ist so ein Fall, der nicht nur fassungslos und wütend macht, sondern ein Ausrufezeichen setzt. Und einen Doppelpunkt mit einer Handlungsaufforderung.
Es kann nicht sein, dass eine so ungeheuerliche Tat fast 14 Monate zurückliegt und noch immer keine Anklage erhoben worden ist gegen die zwölf Verdächtigen. Es drängt sich der Eindruck auf, dass für Kleinigkeiten das ganz große Besteck ausgepackt wird – und bei Ungeheuerlichem Dienst nach Vorschrift ausreicht.
Zwei der Männer gelten als Intensivtäter
Es kann nicht sein, dass Rechtsmediziner Spermaspuren von neun jungen Verdächtigen zweifelsfrei zuordnen können, aber nur ein einziger in Haft kommt und nach dem ersten Haftprüfungstermin wieder auf freien Fuß gesetzt wird. Dabei gelten allein zwei der Männer als Intensivtäter. Wie muss sich das Opfer fühlen, das für ihr Leben gezeichnet ist, während der Rechtsstaat die Täter wie Schwarzfahrer oder Zechpreller über Monaten in Ruhe lässt.
Es kann nicht sein, dass eine Vergewaltigung, eine der schwersten Straftaten überhaupt, nicht schnell und rasch Konsequenzen für die Täter hat.
Es kann eben so wenig sein, dass offenbar eine „Kinder-Richtlinie“ nach Vorgaben des Europäischen Parlaments dazu führt, dass die Polizei ihrer Arbeit nicht mehr nachgehen kann, weil stets ein Anwalt bei der Befragung von Jugendlichen und Heranwachsenden teilnehmen muss – das verzögert die Verfahren ohne Not.
Nicht die erste Gruppenvergewaltigung in Hamburg
Und es kann nicht sein, dass es schon wieder in Hamburg zu einer solchen Untat kommt: 2016 hatten vier junge Männer eine 15-jährige in Harburg vergewaltigt und anschließend wie Abfall in einem Hinterhof abgelegt – fast wäre das Mädchen erfroren. Vor Gericht feixten die Angeklagten noch, posierten mit Victoryzeichen und machten Kopulationsbewegungen. Drei der Täter bekamen Bewährungsstrafen – bis der Bundesgerichtshof das Urteil aufhob und neu verhandelt werden musste. Was hat die Stadt, was haben Politik und Justiz daraus gelernt?
Und wo bleibt die Empörung in unserer Gesellschaft? Wir streiten jahrelang über dämliche Anmachen und Nachrichtenmagazine widmen dem grenzwertigen (aber einvernehmlichen) Sex eines „Bild“-Chefredakteurs gleich eine ganze Titelgeschichte, aber die pandemische sexuelle Gewalt gegen Mädchen und Frauen lässt uns erstaunlich kalt. Wo bleibt der Aufschrei? Empören Chauvi-Sprüche am Ende mehr als eine Gruppenvergewaltigung?
Gallina müssten all diese Fragen beschäftigen
Was läuft bei jungen Männern verkehrt, die Mädchen zu einer Sache degradieren und Vergewaltigungen offenbar noch für cool halten - wie die Täter der Harburger Gruppenvergewaltigung haben auch Tatverdächtige vom Stadtpark per Handy mitgefilmt, um mit ihren Verbrechen zu protzen. Was läuft in der Sozialisierung und der Gesellschaft schief? Und was haben damit auch Kulturkreise zu tun, die streng patriarchalisch funktionieren und die Frauen einen geringeren Wert beimessen? Wer in Studien und Statistiken schaut, ahnt: Mehr, als die politische Korrektheit erlaubt. Das Frauenbild zu vieler Migranten (aber auch Deutscher) ist ein Problem. Es hilft niemandem weiter, davor die Augen zu verschließen – höchstens rechten Rattenfängern.
All das wären Fragen, die eine Justizsenatorin beschäftigen müssen – gerade eine grüne Politikerin, deren Partei aus der Frauenbewegung kommt. Leider ist die Justizbehörde gerade mit anderen Dingen beschäftigt.