Ein Computer sollte eine Selbstverständlichkeit in der Schule sein, unabhängig von der sozialen Lage einer Familie.

Politisch vorzupreschen liegt ja momentan im Trend: So verkündete Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) noch vor dem Gipfel der Großen Koalition in Berlin, bei dem es um die Hilfen für bedürftige Familien ging, dass eine Anweisung seines Ministeriums bereits an die Jobcenter ging: Sie sollen für Hartz-IV-Kinder die Kosten für Laptops im Regelfall bis zu einer Höhe von 350 Euro übernehmen. „Corona darf nicht dazu führen, dass Schülerinnen und Schüler abgehängt werden, deren Familien auf die Grundsicherung angewiesen sind. Zentral ist dabei die technische Ausstattung“, sagte Heil.

Das klingt erst einmal richtig und sehr sozial. Aber das birgt auf den zweiten Blick eine tiefe Ungerechtigkeit, denn was ist mit den Eltern, die hart im Niedriglohnsektor arbeiten und sich dennoch für ihre Kinder keinen Laptop oder Tablet leisten können? Sie gehen leider, wie so oft, leer aus.

Corona hat es gezeigt: Laptops sind Grundausstattung für Schüler

Aber natürlich gibt es so ein technisches Gerät auch nicht einfach so, sondern Voraussetzung für die Kostenübernahme durch die Jobcenter ist, dass die Computer für die Teilnahme am pandemiebedingten Distanz-Schulunterricht erforderlich sind. Bislang sei es nicht notwendig gewesen, dass jeder Schüler solche Geräte zur Teilnahme am Unterricht benötigte, so der Minister. Das klingt nicht nur auf den ersten Wurf wie Steinzeit. Denn offenbar glaubt Heil, dass Schule heute wie zu seiner Schulzeit nur mit Büchern, Schulheften und Füller stattfindet. Wann sollen denn Schüler den Umgang mit dem Computer erlernen – nach dem Abitur?

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Es geht doch nicht darum, nur dem Unterricht von zu Hause folgen zu können, sondern tatsächlich sind viele Hausaufgaben ohne Laptops und Tablets kaum zu bewältigen: wie zum Beispiel aufwendige Recherchearbeiten, Power-Point-Präsentationen und Referate in Zusammenarbeit mit anderen Schülern. Das sind alles Fähigkeiten, die Schüler spätestens ab der Mittelstufe beherrschen sollten.

Laptops und Tablets ausleihen wie Bücher

Deswegen ist die Ankündigung, nur Kinder von Hartz-IV-Empfängern mit digitalen Endgeräten ausstatten zu wollen, viel zu kurz gegriffen. Meiner Meinung nach sollte es Laptops oder Tablets für alle Schülerinnen und Schüler in Deutschland geben – unabhängig von ihrem finanziellen Hintergrund. Sie sollten von den Schulen genauso ausgeliehen werden wie Mathe- oder Deutschbücher. Laptops sollten kein Luxusgut sein, sondern vor allem für Kinder und Jugendliche eine Selbstverständlichkeit.

Es sollte also ein ganz normales Lehrmittel werden, und es ist auch besser, wenn die Schulen sie ausleihen, weil dann alle Schülerinnen und Schüler den gleichen technischen Standard haben sowie einen Ansprechpartner bei Schwierigkeiten oder einen schnellen Austausch bei defekten Geräten. Hamburg hat derzeit mit 62.000 ausgegebenen Laptops und Tablets mehr als ein Viertel der Schüler versorgt. Das ist ein guter Anfang, aber Bremen hat es noch besser gemacht: Dort wurden an alle Pennäler Tablet-PCs ausgeteilt. Das sollte für alle Bundesländer das Vorbild sein.

Hubertus Heil hat übrigens noch ergänzt, dass Hartz-IV-Empfänger die nötigen Internetanschlüsse weiterhin aus dem Regelbedarf bezahlen sollten. Auch das ist zutiefst unsozial gedacht – denn ein WLAN-Anschluss ist teuer, und dazu benötigt man auch technische Voraussetzungen, die manche Mietshäuser und auch viele Hamburger Flüchtlingsunterkünfte nicht erfüllen. Der Anschluss seiner Bürger an die digitale Welt sollte Aufgabe des Staates sein, der Internetzugang kein Privileg. Und wenn er da ist, sollte er für Schülerinnen und Schüler kostenfrei und für jeden Haushalt bezahlbar sein.