Hamburg. Der Hamburger Senat will das Stellenwachstum im öffentlichen Dienst begrenzen – mit einer Ausnahme. Kritik kommt von ver.di.

Seit 2011 ist der Personalbestand von Behörden und Ämtern jährlich in den meisten Fällen zwischen 500 und 1000 Vollzeitstellen angewachsen. Der Rechnungshof hat in seinem Monitoring zur Schuldenbremse bereits 2019 angemahnt: “In der Entwicklung der Zahlen ist weiterhin keine klare Strategie zu erkennen.” In den kommenden Jahren will der rot-grüne Senat das Wachstum des Personalbestandes im öffentlichen Dienst nun allerdings wenigstens begrenzen. Es zeigt sich, dass neue Stellen nur in sehr geringem Umfang noch möglich sein werden – mit einer Ausnahme: Zusätzliche Lehrerinnen und Lehrer an staatlichen Schulen sollen weiterhin in erheblichem Umfang eingestellt werden.

In einer dem Abendblatt vorliegenden Präsentation mit dem neutralen Titel “Quantitative Personalsteuerung” haben Finanzbehörde, Personalamt und Senatskanzlei nun den Rahmen abgesteckt. Dabei soll folgender Grundsatz gelten: “Neue Personalbedarfe aufgrund von Wachstum, Fallzahlsteigerungen und neuen Leistungen sind grundsätzlich durch Effizienzsteigerungen, Aufgabenkritik und sinkende Fallzahlen in anderen Bereichen auszugleichen.”

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Stellenplus kommt weit überwiegend den Schulen zugute

Legt man nur die vergangenen fünf Jahre zugrunde, dann ist der Personalbestand jährlich sogar um jeweils fast 1000 Vollzeitstellen angestiegen. Aktuell weist der Haushaltsplan 64.466 volle Stellen aus. Das Personalwachstum im öffentlichen Dienst ist größer als das Bevölkerungswachstum: Kamen 2015 auf 1000 Einwohner noch 33,5 Vollzeitkräfte, so sind es aktuell 34,5. Auch der Anteil der Personalkosten an den Gesamtaufwendungen der Stadt ist überproportional gestiegen: von 33,6 Prozent im Jahr 2016 auf 37 Prozent im Jahr 2019.

Ziel des rot-grünen Senats ist es, den Personalanstieg auf das Verhältnis von 34,5 Vollzeitstellen pro 1000 Einwohner zu begrenzen. Das bedeutet angesichts des angenommenen Bevölkerungszuwachses um jährlich rund 10.000 Einwohnerinnen und Einwohner (plus 0,5 Prozent) einen Spielraum von zusätzlichen 380 Stellen bis Dezember 2021 und für die beiden Folgejahre von jeweils 345 Stellen. Da die Zahl der jungen Menschen und mithin auch der Schülerinnen und Schüler überproportional zur Gesamtbevölkerung wächst (plus 1,5 bis zwei Prozent) und der Senat die Lehrer-Schüler-Relation nicht verschlechtern will, kommt das Stellenplus weit überwiegend den Schulen zugute.

2021 liegt der Mehrbedarf an Schulen bei 346 Lehrerstellen

Konkret: Der Mehrbedarf für die allgemeinbildenden Schulen beläuft sich für 2021 auf 346 Lehrerstellen. Dabei schlagen vor allem die Grundschulen mit einem Plus von 168 Stellen sowie die Stadtteilschulen mit 111 Stellen zu Buch. Die Gymnasien erhalten 60 weitere Stellen und die Sonderschulen sieben. Das bedeutet, dass der gesamte übrige öffentliche Dienst rechnerisch nur noch um 34 Stellen wachsen kann.

Zwar nimmt der errechnete Mehrbedarf an Lehrkräften in den Jahren bis 2025 ab – über 276 Stellen 2022 auf 180 Stellen 2025 -, aber der Spielraum für die übrige öffentliche Verwaltung wächst nur auf 69 Stellen bis Dezember 2022 und noch einmal 65 Stellen bis Dezember 2023.

Kritik an den Senatsplänen kommt von der Gewerkschaft Ver.di

“Wir stehen bei der Strategie der quantitativen Personalsteuerung erst am Anfang der Überlegungen. Gemeinsam wollen Finanzbehörde und Senatskanzlei perspektivisch mit den Behörden Personalentwicklungspfade vereinbaren, die einerseits den Bedarfen, aber eben auch dem enger werdenden finanziellen Spielraum Rechnung tragen”, sagte Finanzsenator Andreas Dressel (SPD). Klar seien aber die beiden, nicht auf Knopfdruck erreichbaren grundsätzlichen Zielsetzungen des Papiers - Ausgleich von Mehrbedarfen durch Effizienzsteigerung und Aufgabenkritik sowie Begrenzung des Personalkostenanteils am Gesamtetat. “Das wird kein einfacher Weg - aber angesichts der finanzpolitischen Herausforderungen in der Nach-Corona-Zeit unvermeidlich“, sagte Dressel.

Kritik an den Senatsplänen kommt von der Gewerkschaft Ver.di. “Es ist aus unserer Sicht unverantwortlich, dass die Politik derzeit über gegenseitige Personalausgleiche – faktisch Kürzungen - philosophiert, anstatt eine konsequente qualitative Personalbedarfsplanung vorzunehmen”, sagte die stellvertretende Ver.di-Landesleiterin Sieglinde Friess. Gerade die Zeit der Pandemie verdeutliche die Notwendigkeit einer gut ausgebauten Daseinsvorsorge. “Es wäre ein Skandal, wenn stattdessen die Corona-Pandemie für Abbau-Spielchen genutzt wird”, sagte Friess. Sowohl im sozialen und im Gesundheitsbereich wie auch in Schulen und Kitas sei die Belastungsgrenze der Mitarbeiter weit überschritten. “Wir brauchen einen personell gut ausgebauten Sozialstaat, der auch in Krisen arbeitsfähig ist”, sagte die Gewerkschafterin.