Hamburg. Mietwucher, Onlinehandel und die Corona-Pandemie zwingen die Hansestadt zu innovativen Konzepten.
Es war ein Schock, als Galeria Karstadt Kaufhof jüngst sein Sparprogramm und die Schließung jeder dritten Filiale in Deutschland bekannt gab. Überdurchschnittlich hart wird Hamburg von den Kürzungen betroffen sein, denn hier könnten sechs der neun Kaufhäuser verschwinden. Besonders brisant: Mit Karstadt Sports und Kaufhof an der Mönckebergstraße sollen gleich zwei riesige Einzelhandelsflächen in exponierter Citylage schließen.
Dabei hat die Innenstadt in den vergangenen Jahren ohnehin an Glanz und Attraktivität verloren. Traditionsgeschäfte konnten sich die hohen Mieten nicht mehr leisten oder kapitulierten vor der Macht der großen Onlinehändler. Längerfristige Baustellen, die durch den Busverkehr zerschnittene Mönckebergstraße und schmuddelige, von der Stadt offensichtlich vergessene öffentliche Plätze erwiesen sich als weitere Last für das einst so stolze Zentrum der Hansestadt.
Nun ist es zunächst wichtig, dass mithilfe öffentlicher Gelder Geschäfte und Restaurants gerettet werden, damit sie die schwierige Corona-Zeit überleben. Stadt und Bund haben hier richtige Initiativen gestartet. Doch die finanziellen Hilfestellungen sind nur ein Zwischenschritt auf einem langen Marsch in eine neue Konsumwelt, die nach Corona nicht mehr so sein wird wie vor der Pandemie.
Denn das Virus wird den unaufhaltsamen Aufstieg des Onlinehandels mit Gütern des täglichen Bedarfs weiter beschleunigen, stationäre Händler dürften es in den kommenden Jahren noch schwerer haben. Geringere Parkgebühren in der City und ein zusätzlicher verkaufsoffener Sonntag im Dezember, wie von der Handelskammer gefordert, wären hier nur der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein.
Wird aus dem Karstadt-Kaufhof-Schock ein Ahaerlebnis?
Bleibt zu hoffen, dass aus dem Karstadt-Kaufhof-Schock ein Ahaerlebnis mit den richtigen Schlussfolgerungen wird. Denn mit den Schließungsplänen des Galeria-Managements dürfte nun auch dem letzten Optimisten klar geworden sein: Ein Weiter-so-Durchwursteln kann es in der Hamburger City nicht geben. Die Innenstadt muss neu gedacht werden. Statt darauf zu setzen, dass in leere Flächen wieder neue Geschäfte einziehen, bedarf es innovativer Konzepte, die Wohnen und Freizeit einen deutlich höheren Stellenwert als heute einräumen.
Die Idee, das Naturkundemuseum womöglich auf einer der frei werdenden Kaufhausflächen zu etablieren, geht in die richtige Richtung. Museen, moderne Freizeitwelten, mehr Restaurants, Bars und bezahlbarer Wohnraum müssen endlich im Herzen der Stadt ihren Platz finden. Die City darf nicht zu einer Mischung aus leer stehenden Gebäuden und Showrooms für überteuerte Marken verkommen. Hamburgs Zentrum muss den Bürgern der Stadt und ihren Gästen zurückgegeben werden, darf nicht länger Spekulationsobjekt großer Immobilienfirmen bleiben.
Zu diesem Weg gibt es keine Alternative, denn spätestens wenn das Überseequartier in der HafenCity mit seinen riesigen Einkaufsflächen fertiggestellt ist, wird das alte Zentrum weitere Geschäfte verlieren. Hamburg hat mit der Binnenalster und dem Rathaus zwei attraktive Aushängeschilder, um welche die Stadt viele Metropolen in Europa beneiden.
Nun gilt es diese beiden Juwelen wieder so in Szene zu setzen, wie sie es verdient haben. Modeläden, Drogerien und Büroflächen reichen dafür längst nicht mehr aus. Senat und Vermieter müssen jetzt gemeinsam nach dem großen Wurf für Hamburgs Zukunft suchen. In den vergangenen Jahren hat die Stadt zu einseitig auf die Entwicklung der HafenCity geschaut, nun ist es an der Zeit, die alte City, die noch immer das wahre Zentrum der Stadt darstellt, zukunftsfähig zu machen.