Hamburg. Das Virus reißt das letzte Deckmäntelchen der Fleischindustrie weg. Sie braucht jetzt eine robuste Belehrung.

Ja, es gibt sie noch, die miesen Geschäfte. Es gibt sie noch, die gerade noch irgendwie legalen, aber zugleich ziemlich krummen Dinger, mit denen gewissenlose Geschäftsleute ihren Profit vergrößern. In der Fleischbranche geht es heute bisweilen zu wie in den Anfangszeiten der Industrialisierung,
als das Arbeitgeben ein Gnadenakt war – und das Arbeitnehmen ein Akt der bedingungslosen Unterwerfung.

Schlechte Arbeitsverhältnisse in Fleischbranche

Aber das Schöne ist ja, dass diese Zeiten längst vorbei sind. Wir leben in einer sozialen Marktwirtschaft. Nun müssen wir sie nur noch durchsetzen – auch in der Fleischbranche. Natürlich darf es nicht erlaubt sein, Arbeitsverträge an Mietverträge zu koppeln. Gerade diese Koppelung macht diejenigen, die einen Werkvertrag bekommen wollen, zu Abhängigen.

Wer ohne Bett keine Arbeit bekommt, der zahlt auch eine überhöhte Miete. Wer befürchtet, seinen auslaufenden Werkvertrag nicht verlängert zu bekommen, der beklagt sich nicht über schlechte Arbeitsverhältnisse, über mangelnden Gesundheitsschutz, über eine miese Bezahlung, über eine in Corona-Zeiten absolut ungeeignete Unterbringung. Wer derart erpressbar ist, der geht nicht gleich zum Arzt, wenn er sich krank fühlt.

Kopplungsverträge gehören untersagt

Lasst uns also diese Erpressungs­situation auflösen – mit einer robusten Belehrung. Kopplungsverträge gehören untersagt. Die Behörden sollten außerdem umgehend prüfen, ob strafbare Scheinwerkverträge abgeschlossen worden sind. Dass ein Schlachthofbetreiber einen Rechtsanwalt damit beauftragt, sich für die Mitarbeiter eines Subunternehmers einzusetzen, dürfte vor Gericht ein starkes Argument sein.

Mit Corona hat das nur am Rande zu tun. Das Virus reißt das letzte Deckmäntelchen der Fleischindustrie weg. Sie steht nackt da – und sie sieht verdammt schlecht aus.