Der Hamburger Vorfall zeigt den Über-Ehrgeiz mancher Eltern. Das “Projekt Kind“ muss unter allen Umständen gelingen.

Im ersten Moment ist man versucht, laut loszulachen: Ein Polizeieinsatz in einer Winterhuder Kita, weil zwei Dreijährige sich nicht einig werden konnten, wer das Dreirad benutzen darf?

Kann doch alles nicht wahr sein, denkt man. Ist es aber doch.

Wer Kinder hat, weiß, dass sie nicht zimperlich dabei sind, ihre Wünsche durchzusetzen. Die Kleinen werfen sich gern mal auf den Boden, schreien rum, und manche werden auf dem Spielplatz handgreiflich, wenn ihnen jemand die Schaufel wegnimmt – oder das Dreirad. Ausgereifte gewaltfreie Argumentation kann man von Kindern im Vorschulalter nicht erwarten. Wenn der eigene Nachwuchs Ärger mit einem anderen Kita-Kind hat, sind schließlich Erzieher da, um einzugreifen.

Das "Projekt Kind" muss gelingen

Das Rufen nach der Polizei wie im vorliegenden Fall passt aber ins Bild : Immer mehr Eltern stellen ihre (Einzel-)Kinder auf einen Sockel. Das Projekt Kind muss gelingen. Um jeden Preis! Probleme werden aus der Welt geschafft. Eltern von Schulkindern holen sich auch gern mal rechtlichen Beistand, wenn sie mit den Noten nicht einverstanden sind. Und aus einer Rangelei wird heutzutage schnell ein Fall für die Gewaltstatistik.

Eltern verlangen bereits von Kitas heute unendlich viel. Sie sollen einem Erziehungs- und Bildungsauftrag genügen, eine heimelige Umgebung bieten, gutes Essen (möglichst bio) offerieren und wenig oder gar kein Geld kosten. Was für ein fatales Zeichen ist es, wenn eine Mutter den Betreuern in ihrer Kita unterstellt, dass sie nicht in der Lage sind, einen Streit zu schlichten!

Ja, man muss Kindern beibringen, Konflikte friedlich zu lösen. Aber wenn das mal nicht ohne Schrammen gelingt, ist das ganz bestimmt kein Fall für die Polizei. Kinder sind nicht strafmündig. Und mehr, als die kleinen Kontrahenten zu ermahnen, können die Beamten in so einem Fall nicht tun. Das sollten Eltern eigentlich wissen.