Der HSV ist trotz seiner verpatzten Zweitliga-Premiere auf einem guten Weg. Man muss den Verantwortlichen vertrauen.

Der HSV hat verloren. 0:3. Gegen Holstein Kiel. Am ersten Spieltag. In der Zweiten Liga. So’n Schiet. So oder so ähnlich könnte man das erste Zweitliga-Wochenende des HSV zusammenfassen. Sich kurz ärgern. Dann einen Punkt machen – und ganz einfach Sandhausen im zweiten Saisonspiel kommenden Sonntag schlagen.

Das wäre Möglichkeit Nummer eins gewesen. In Hamburg hat man sich aber (der Liga entsprechend) für Möglichkeit zwei entschieden: Durchdrehen. Den Verstand verlieren. Und alles und jeden infrage stellen.

Die einen schreiben nach der Auftaktniederlage vom „Desaster“, „Albtraum“, von einer „erbärmlichen Vorstellung“ und kommen zum Schluss, dass der HSV den „gleichen Mist wie immer“ spiele (was natürlich nicht stimmt). Die anderen erinnern daran, dass man in der Zweiten Liga doch bitteschön keinen schönen Fußball zu spielen habe, sondern dass einzig und alleine Mentalität, Zweikampfhärte und ein Vollstrecker gefordert seien.

Wie die „Bild“-Zeitung sich selbst dementiert

Puh. Ob bei so viel Populismus einmal tief durchatmen hilft? Besser helfen könnte, daran zu erinnern, dass gerade einmal die ersten 90 von 3060 Saisonminuten gespielt sind. Dass der HSV zwar keinen guten Start erwischt hat, aber dass die Mannschaft von Christian Titz am Freitag alleine in den ersten 20 Minuten vier (!) Großchancen hatte. Dass der HSV – trotz der 0:3-Niederlage – endlich das versucht, wonach man sich in den vergangenen sieben Jahren in Hamburg gesehnt hat: Fußball zu spielen. Und dass noch vor dem Spiel die Euphorie selbst angezettelt wurde (Die „Bild“-Zeitung druckte bereits das Titelbild der Aufstiegsausgabe vom kommenden Mai vorab), um nach dem Spiel eine Vollbremsung hinzulegen („Vollkatastrophe“).

Die Bilder der HSV-Pleite:

Neue Liga, altes Leid: HSV wird von Kiel gedemütigt

David Bates (l.) und Lewis Holtby trauern über das Gegentor zum 0:1
David Bates (l.) und Lewis Holtby trauern über das Gegentor zum 0:1 © WITTERS | TimGroothuis
HSV-Verteidiger David Bates (o.) sorgt sich um den verletzten Gotoku Sakai
HSV-Verteidiger David Bates (o.) sorgt sich um den verletzten Gotoku Sakai © WITTERS | Tim Groothuis
Da hilft auch David Bates' langes Bein nicht: Kiels Jonas Meffert (l.) nimmt genau Maß …
Da hilft auch David Bates' langes Bein nicht: Kiels Jonas Meffert (l.) nimmt genau Maß … © imago/Claus Bergmann | Claus Bergmann
… und lässt sich verdientermaßen feiern
… und lässt sich verdientermaßen feiern © imago/Claus Bergmann | Claus Bergmann
HSV-Verteidiger David Bates rauft sich aus Frust über das 0:1 die Haare
HSV-Verteidiger David Bates rauft sich aus Frust über das 0:1 die Haare © WITTERS | TayDucLam
Khaled Narey (u.) wird von Kiels Johannes van den Bergh übersprungen
Khaled Narey (u.) wird von Kiels Johannes van den Bergh übersprungen © WITTERS | TimGroothuis
Douglas Santos (l.) kommt vor Kiels Kingsley Schindler an den Ball
Douglas Santos (l.) kommt vor Kiels Kingsley Schindler an den Ball © WITTERS | TimGroothuis
Janni Serra (l.) hat HSV-Verteidiger Rick van Drongelen im Nacken
Janni Serra (l.) hat HSV-Verteidiger Rick van Drongelen im Nacken © WITTERS | TayDucLam
Kiels Alexander Mühling im Kopfballduell mit Matti Steinmann
Kiels Alexander Mühling im Kopfballduell mit Matti Steinmann © Bongarts/Getty Images | Martin Rose
Khaled Narey (M.) vergibt eine Großchance für den HSV …
Khaled Narey (M.) vergibt eine Großchance für den HSV … © WITTERS | LeonieHorky
… und kann es nicht fassen
… und kann es nicht fassen © WITTERS | TayDucLam
Aber auch Kiels Matthias Honsak (l. gegen David Bates) lässt das mögliche Führungstor liegen
Aber auch Kiels Matthias Honsak (l. gegen David Bates) lässt das mögliche Führungstor liegen © Bongarts/Getty Images | Martin Rose
Rick van Drongelen (r.) springt höher als Kiels Janni Serra (l.) und Matti Steinmann
Rick van Drongelen (r.) springt höher als Kiels Janni Serra (l.) und Matti Steinmann © WITTERS | TimGroothuis
Jonas Meffert (r.) holt HSV-Angreifer Vasilije Janjicic von den Beinen
Jonas Meffert (r.) holt HSV-Angreifer Vasilije Janjicic von den Beinen © imago/Claus Bergmann | Claus Bergmann
HSV-Torwart Julian Pollersbeck (r.) lässt gegen Kiels Hauke Wahl (M.) die Faust fliegen
HSV-Torwart Julian Pollersbeck (r.) lässt gegen Kiels Hauke Wahl (M.) die Faust fliegen © WITTERS | TimGroothuis
Lewis Holtby (r.) versucht es mit einem Lupfer, Kiels Dominik Schmidt kommt zu spät, hat aber Glück, dass der HSV-Angreifer danebenzielt
Lewis Holtby (r.) versucht es mit einem Lupfer, Kiels Dominik Schmidt kommt zu spät, hat aber Glück, dass der HSV-Angreifer danebenzielt © imago/Michael Schwarz | ABS Michael Schwarz
Neuzugang Jae Sung Lee hat die erste Kieler Torchance
Neuzugang Jae Sung Lee hat die erste Kieler Torchance © Bongarts/Getty Images | Martin Rose
Jairo Samperio (l., gegen Hauke Wahl) hat das 1:0 für den HSV auf dem Fuß
Jairo Samperio (l., gegen Hauke Wahl) hat das 1:0 für den HSV auf dem Fuß © imago/Contrast | O.Behrendt
HSV-Verteidiger David Bates im Luftkampf mit Jonas Meffert
HSV-Verteidiger David Bates im Luftkampf mit Jonas Meffert © Bongarts/Getty Images | Martin Rose
Kiels Star-Neuzugang Jae Sung Lee (l.) wird von HSV-Verteidiger Rick van Drongelen bedrängt
Kiels Star-Neuzugang Jae Sung Lee (l.) wird von HSV-Verteidiger Rick van Drongelen bedrängt © Bongarts/Getty Images | Martin Rose
Jairo Samperio (r.) hält sich Kiels Johannes van den Bergh vom Leib
Jairo Samperio (r.) hält sich Kiels Johannes van den Bergh vom Leib © imago/Michael Schwarz | ABS Michael Schwarz
Der HSV schwört sich auf die Zweite Liga ein
Der HSV schwört sich auf die Zweite Liga ein © WITTERS | TimGroothuis
Der HSV wird beim Einlauf von den Vereinslegenden Franz-Josef „Bubi“ Hönig (r.) und Uwe Seeler begrüßt
Der HSV wird beim Einlauf von den Vereinslegenden Franz-Josef „Bubi“ Hönig (r.) und Uwe Seeler begrüßt © imago/Contrast | O.Behrendt
Vor dem Anpfiff gab es eine kurze Saisoneröffnungszeremonie – bei der auch die Fahne des Lokalrivalen FC St. Pauli entrollt wurde
Vor dem Anpfiff gab es eine kurze Saisoneröffnungszeremonie – bei der auch die Fahne des Lokalrivalen FC St. Pauli entrollt wurde © WITTERS | LeonieHorky
Vor dem Anpfiff entrollte die Nordtribüne eine beeindruckende Choreografie
Vor dem Anpfiff entrollte die Nordtribüne eine beeindruckende Choreografie © imago/Contrast | O.Behrendt
Im Kieler Fanblock wird derweil gezündelt
Im Kieler Fanblock wird derweil gezündelt © imago/Jan Huebner | Jan Huebner/Taeger
Präsidialer Plausch: Der umstrittene DFB-Chef Reinhard Grindel und HSV-Boss Bernd Hoffmann
Präsidialer Plausch: Der umstrittene DFB-Chef Reinhard Grindel und HSV-Boss Bernd Hoffmann © WITTERS | TayDucLam
Auf der Anzeigetafel wurden die Zuschauer zum „Bundesligaspiel“ begrüßt
Auf der Anzeigetafel wurden die Zuschauer zum „Bundesligaspiel“ begrüßt © imago/Nordphoto | nordphoto / Ewert
Statt der Bundesligazugehörigkeit zählt die Stadionuhr des HSV jetzt die Zeit seit der Gründung 1887
Statt der Bundesligazugehörigkeit zählt die Stadionuhr des HSV jetzt die Zeit seit der Gründung 1887 © imago/Nordphoto | nordphoto / Ewert
Christian Titz überraschte mit seiner Startaufstellung
Christian Titz überraschte mit seiner Startaufstellung © imago/Michael Schwarz | ABS Michael Schwarz
Für seinen kieler Kollegen Tim Walter war es das erste Spiel als Cheftrainer einer Profimannschaft
Für seinen kieler Kollegen Tim Walter war es das erste Spiel als Cheftrainer einer Profimannschaft © imago/Contrast | O.Behrendt
Für HSV-Sportvorstand Ralf Becker war es ein Wiedersehen mit dem alten Team
Für HSV-Sportvorstand Ralf Becker war es ein Wiedersehen mit dem alten Team © imago/Michael Schwarz | ABS Michael Schwarz
Seine Nachfolge als Holstein-Sportdirektor übernahm Fabian Wohlgemuth
Seine Nachfolge als Holstein-Sportdirektor übernahm Fabian Wohlgemuth © imago/Michael Schwarz | ABS Michael Schwarz
Darum geht’s: Die Meisterschale der Zweiten Bundesliga
Darum geht’s: Die Meisterschale der Zweiten Bundesliga © WITTERS | TimGroothuis
Sie wurde anlässlich der Saisoneröffnung im Volksparkstadion prräsentiert. Der HSV wäre am Ende sicher auch mit dem zweiten Platz zufrieden
Sie wurde anlässlich der Saisoneröffnung im Volksparkstadion prräsentiert. Der HSV wäre am Ende sicher auch mit dem zweiten Platz zufrieden © WITTERS | TimGroothuis
Anlässlich der Hamburg Pride Week waren die Regenbogenfarben im Volkspark präsent
Anlässlich der Hamburg Pride Week waren die Regenbogenfarben im Volkspark präsent © WITTERS | TimGroothuis
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Und natürlich dauerte es auch nicht lange, ehe diese spezielle Gattung der „Ex“-Funktionäre, die gefühlt besonders häufig in Hamburg anzutreffen ist, sich bemerkbar machte. Ex-Präsident und Ex-Aufsichtsrat Jürgen Hunke zum Beispiel. Der sagte bei Sport 1, dass Trainer Titz zwar ein netter Kerl sei, aber dass man nur mit netten Worten im Profifußball nichts reißen würde. Und Ex-Vorstandschef Heribert Bruchhagen nahm sich Lewis Holtby und Aaron Hunt vor. „Diese Spieler sind Absteiger. Und die haben verdammt noch mal die Pflicht, sich jetzt auch ins Zeug zu legen, um das wiedergutzumachen“, schimpfte der Ex-Chef, der vor einem Jahr orakelt hatte, dass der HSV (unter ihm) nun endlich auf einem guten Weg sei – und dann erstmals abstieg.

Zwölf Monate später ist der HSV trotz des verpatzten Starts tatsächlich auf einem guten Weg. Der Club hat den mit Abstand jüngsten Kader Deutschlands, ist darum bemüht, das Gehaltsniveau der Zweiten Liga anzupassen und entwickelt gerade so etwas Ähn­liches wie eine Idee für die Zukunft.

Titz muss seinen Weg weitergehen

Bevor hier ein falscher Eindruck entsteht: Das 0:3 gegen Kiel soll nicht schöngeschrieben, aber richtig eingeordnet werden. Wenn sich vor dem Auftakt nahezu alle einig waren, dass der HSV sich nach Jahren des Missmanagements endlich auf dem richtigen Weg befindet, dann sollte man dazu auch nach dem 0:3-Start stehen.

Und Trainer Titz? Dem möchte man zurufen, sich nicht beirren zu lassen. Die richtigen Lehren aus dem 0:3 zu ziehen. Weiter seinen Plan zu verfolgen (und eben nicht auf einen Plan B zu setzen). Und die lautstarke Panikmache mit einem Sieg gegen Sandhausen verstummen zu lassen.

Denn wer am lautesten schreit, hat auch im Fußball nicht immer recht.

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