Hamburg . Die Firmen müssen die Betrugs-Pkw auf eigene Kosten nachrüsten und die Verantwortlichen persönlich zur Rechenschaft gezogen werden.

In letzter Zeit ist das ja eher selten so. Aber bei manchen Themen wünscht man sich, in Deutschland ginge es hier und da ein wenig mehr wie in den USA zu. Das gilt zum Beispiel beim Verbraucherschutz, also auch beim Umgang mit Firmen, die Abertausende Verbraucher betrügen und mit voller Absicht die Gesundheit von unzähligen Menschen schädigen. So wie es die deutsche Autoindustrie getan hat.

Büßen müssen nun deren Kunden, die nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in vielen deutschen Städten mit ihren Dieseln bald nur noch eingeschränkt fahren dürfen – und deren Autos daher rasch an Wert verlieren. Hamburg wird dabei wohl die ersten Verbote verhängen, weil diese bereits vorbereitet sind.

In den USA sitzen Auto-Manager in Gefängnissen

Jens Meyer-Wellmann ist Autor beim Hamburger Abendblatt
Jens Meyer-Wellmann ist Autor beim Hamburger Abendblatt © HA | Bertold Fabricius

Dabei haben sich viele einen Diesel gekauft, weil sie der Industrie geglaubt haben – und etwas gegen den Klimawandel tun wollten. Beim Thema organisierter Abgasbetrug sind die Unterschiede zwischen der US-Justiz und der deutschen Rechtsprechung so eklatant, dass Deutschland in Sachen Strafverfolgung wirkt wie eine Bananenrepublik.

In den USA sitzen Auto-Manager mit satten Haftstrafen in Gefängnissen, weil sie aus reiner Gewinngier ihre Kunden bewusst getäuscht und Millionen Stadtbewohner absichtlich gefährlichen Atemgiftkonzentrationen ausgesetzt haben.

Autoindustrie kann in Deutschland machen, was sie will

Und was passiert in Deutschland? Hier wird darüber diskutiert, ob vielleicht der Steuerzahler die Nachrüstungen an den Pkw bezahlen soll, die die Autoindustrie in betrügerischer Absicht manipuliert hat. Diese Firmen haben Hunderttausende betrogen. Und sie haben neben ihren Gasversuchen an Affen auch eine Art Menschen-Massenversuch mit Abgasgiften an den Stadtbewohnern in aller Welt gestartet. Und dafür sollen jetzt die Steuerzahler bezahlen – während die Verantwortlichen weiter machen wie bisher?

Dass diese Idee überhaupt diskutiert wird, zeigt einmal mehr: Seit Jahrzehnten kann die Autoindustrie in diesem Land machen, was sie will – weil die Politik fast alles deckt und unterstützt, was VW, BMW oder Mercedes unternehmen. Zum Beispiel weiß jeder 17-jährige Fahrschüler, dass der Kraftstoffverbrauch so gut wie immer viel zu niedrig angeben wird. Und was machen Politik und Justiz gegen diesen Kundenbetrug? Genau: gar nichts.

Manager müssen persönlich zur Rechenschaft gezogen werden

Gerade die Idee, man müsse die für Deutschland so wichtige Autoindustrie durch besonders lockere Rahmenbedingungen (auf Kosten der Bürger) schützen, hat sich längst als Nachteil für die Unternehmen selbst erwiesen. Weil man ihnen seit vielen Jahren zu hohe Verbräuche und zu viel giftige Abgase hat durchgehen lassen, haben sich die Firmen zu wenig um die Entwicklung neue Antriebsformen gekümmert. Beispiel: Weil die deutsche Industrie nicht in der Lage ist, genügend E-Busse zu liefern, wird Hamburg für die Umrüstung bei der Busflotte wohl in Peking ordern müssen.

Die in Hamburg kommenden Fahrverbote sind bei alldem eher ein Placebo als eine echte Lösung. Sie sind kaum zu kontrollieren und wirken sich nur an den Messstellen aus, die künftig umfahren werden. Einen positiven Effekt haben sie nur, wenn sie den Druck auf die Industrie erhöhen. Die muss jetzt endlich auf eigene Kosten die Betrugs-Fahrzeuge nachrüsten und ihre Käufer entschädigen. Und die verantwortlichen Manager müssen persönlich zur Rechenschaft gezogen werden. Denn, nein: Es geht hier nicht um „Geschummel“. Man muss das sehen wie die US-Gerichte: Es geht um Massenbetrug und millionenfache Körperverletzung.