Mammutprojekt wird seit elf Jahren geplant. Der Rechtssicherheit hilft das nicht. Und das sollte einige zum Umdenken bringen.

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat am Dienstag zahlreiche Klagen gegen die Elbvertiefung abgeräumt. Die Städte Otterndorf und Cuxhaven sowie mehrere Elbfischer hatten gegen das Großprojekt prozessiert. Das Gericht hat aber eindeutig festgestellt, dass das öffentliche Interesse an einer Verbesserung der Verkehrssituation der Schifffahrt auf der Elbe Vorrang gegenüber den widerstreitenden Interessen der Kläger hat.

Das ist aber noch nicht das Ende dieses schier unendlich erscheinenden Streits über die Elbvertiefung. Im Dezember steht eine weitere mündliche Verhandlung über die Klagen von einzelnen Anwohnern in Övelgönne sowie von Wasserverbänden gegen das Baggervorhaben an. Zudem hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner ersten Entscheidung zur Elbvertiefung im Februar mehrere Planmängel gerügt, welche die Stadt Hamburg und die Schifffahrtsverwaltung des Bundes derzeit nacharbeiten. Auch gegen diese Planergänzungen könnte dann wieder geklagt werden.

Elbvertiefung: Ein guter Tag für Hamburg

Dennoch kann man mit der jetzigen Entscheidung der Richter von einem guten Tag für den Wirtschaftsstandort Hamburg sprechen. Denn die Einzelkläger werden das Projekt nicht mehr zu Fall bringen. Und wenn Hamburg und der Bund die Nacharbeiten sauber und juristisch einwandfrei abliefern, dann kann das 120 Kilometer lange Flussstück vom Hamburger Hafen bis zur Elbmündung endlich ausgebaggert werden. „Ich wünsche mir eine schöne Bescherung für Weihnachten 2018“, sagt der Präsident des Unternehmensverbands Hafen Hamburg (UVHH), Gunther Bonz. „Dann wird wahrscheinlich gebaggert.“

Bei aller Zuversicht, die das jüngste Urteil der Leipziger Richter verströmt, bleibt dennoch ein fader Beigeschmack, und der ergibt sich durch die Länge des Verfahrens. Es läuft seit elf Jahren, ohne dass die Elbe nur eine handbreit vertieft werden durfte.

Im September 2006 hatten Hamburg und der Bund das Planfeststellungsverfahren beantragt. Seitdem haben sich die Größen der Schiffe, der Elbgrund, die Sedimentation und die naturschutzrechtlichen Bestimmungen geändert, und zwar so, dass das Verfahren mehrmals neu aufgerollt werden musste. Das Flussbett ist ständig in Bewegung. Die Zahl der klagenden Elbfischer hat sich inzwischen reduziert, weil einige pensioniert sind oder weil ihre Betriebe Konkurs angemeldet haben.

Verfahrensrecht muss reformiert werden

Wer den Verlauf der jüngsten mündlichen Verhandlung zur Elbvertiefung Mitte November aufmerksam verfolgt hat, dem drängt sich schon die Frage auf, ob Verfahren dieser Art nicht entschlackt werden müssen. Da befassten sich die Richter mit zehn Jahre alten Planunterlagen, deren Grundlage sich inzwischen gewandelt hat.

Sind Großprojekte wie die Elbvertiefung in Deutschland überhaupt noch möglich? Als Shanghai vor einigen Jahren beschloss, seine Kaianlagen um einige Kilometer zu verlängern, mussten quasi über Nacht mehrere Dörfer weichen. Das geht in Deutschland nicht, und das ist gut so. Rechtsstaatlichkeit steht bei allen Entscheidungen an erster Stelle; diese darf aber nicht zulasten der Rechtssicherheit gehen.

Wenn zwischen Verfahrensantrag und der endgültigen Genehmigung so viel Zeit vergeht, dass sich die rechtlichen Bedingungen für ein Ausbauvorhaben wandeln, ist eben jene Rechtssicherheit in Gefahr. Das kann sich der Wirtschaftsstandort nicht leisten. Man sollte über eine Reform des Verfahrensrechts nachdenken.