Nach der Messerattacke von Barmbek fordert die Politik wieder mehr Abschiebungen. Das führt am Kern des Problems vorbei.

Es hat etwas Ritualhaftes – nach einem Anschlag in Europa kocht die innenpolitische Debatte hoch. Schnell reden Politiker sich in Rage und fordern mehr, schnellere, härtere Abschiebungen – oftmals unbeeindruckt von der Rechtslage. Es erinnert ein wenig an Schattenboxen: Es sieht beeindruckend aus, tut aber nicht weh. Und irgendwann wird es langweilig. Nach wenigen Tagen stürzt sich die Öffentlichkeit auf ein anderes Thema.

Dass wir überhaupt Abschiebungen so intensiv diskutieren müssen, ist das Resultat der Fehler von gestern. Abschiebungen sollten eigentlich stets nur eine Ultima Ratio sein, sie taugen aufgrund der rechtlichen Hindernisse, der traumatischen Folgen für die Beteiligten und letztlich auch wegen des enormen Aufwands und der Kosten kaum als Mittel einer souveränen Sicherheits- und Integrationspolitik.

Der Fall Ahmad A. zeigt die Probleme der Migrationspolitik

Der Fall des psychisch labilen Islamisten Ahmad A., der am Freitag in einem Edeka-Markt einen Menschen ermordet und sechs weitere verletzt hat, zeigt vielmehr die Probleme der Migrationspolitik der vergangenen Jahre exemplarisch auf. Der 26-Jährige ist kreuz und quer durch Europa gezogen, hat in mehreren Staaten Asyl beantragt, obwohl er nicht einmal einen Pass zur Einreise besaß.

Den Schwarzen Peter nun den beteiligten Behörden zuzuspielen, die den Palästinenser nicht postwendend ins sichere Drittland Norwegen zurückgeschickt haben, ist zwar nicht falsch – aber unfair. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge war dem Ansturm 2015 weder personell noch strategisch gewachsen. Das zeigen die fürchterlichen Fehler im Falle des Attentäters von Berlin, Anis Amri, oder des Terrorverdächtigen Franco S., eines deutschen Soldaten, der als angeblicher Syrer Asyl bekam. Doch die Grenzen hat nicht das BAMF geöffnet. Und auch mit dem Finger auf Hamburg und seine Versäumnisse zu zeigen ist wohlfeil. Drei Finger der Hand weisen auf Berlin und Brüssel zurück – und auf die chaotische Flüchtlingspolitik. Zwischen 60 und 80 Prozent der Migranten, so genau weiß es niemand, kamen ohne Papiere.

Nicht nur politisch Verfolgte haben sich auf den Weg gemacht

Diese Fehler sind gemacht und ausreichend diskutiert. Anders als in naiver Willkommensbegeisterung für möglich gehalten, haben sich eben nicht nur politisch Verfolgte auf den Weg gemacht, sondern auch politisch Verführte und politisch Verrückte. Sie sind eine absolute Minderheit unter den Zuwanderern, aber für die Gesellschaft brandgefährlich. Sie stürzen das Land in Angst und Kopflosigkeit, sie vergiften das Zusammenleben zwischen den Kulturen und schaden vor allem den Zuwanderern. Deshalb muss eine Strategie gegen Islamisten und Salafisten rechtsstaatlich knallhart sein.

Zugleich gehört zur Befriedung und Beruhigung einer nervösen Gesellschaft mehr Grenzsicherheit. Wir müssen wissen, wer in dieses Land kommt. Wer keine Papiere hat, muss diese im Nachbarland beschaffen oder zurückgewiesen werden. Diese Forderung ist übrigens alles andere als neu: Schon 2015 hatte die CSU vorgeschlagen, nur noch Menschen mit gültigen Papieren nach Deutschland einreisen zu lassen. Die SPD war empört, die Kanzlerin ignorierte den Münchner Vorstoß. 2017 sind wir keinen Schritt weiter. Immer noch wird das Asylrecht zwangsläufig als Vehikel der Einwanderung missbraucht, weil Deutschland weiterhin kein modernes Einwanderungsgesetz hat. Über diese Fragen sollte die Politik diskutieren, statt sich in ritualisierte Schaukämpfe zu begeben.