Es ist gut, Schwänzern die Dauerkarte zu entziehen – leere Plätze sind ärgerlich. Darum muss der HSV durchgreifen.
Es ist eine knifflige Frage: Darf ein Dauerkartenbesitzer entscheiden, wie oft er ins Stadion geht und ob er angesichts eines mutmaßlich unattraktiven Gegners lieber zu Hause bleibt? Ist es also ein Eingriff in die Selbstbestimmtheit eines Menschen, wenn der HSV nun rund 600 Inhabern von Dauerkarten kündigt?
Spielen wir einmal Richter. Die eine Partei (der schwänzende HSV-Fan) argumentiert, dass er sich nicht zwingen lassen will, zu jedem Heimspiel zu gehen und begründet dies mit der sportlichen Magerkost, die teilweise im Volksparkstadion geboten wird.
Die zweite Partei ist in diesem Fall – nein, nicht der HSV. Es geht um die anderen HSV-Anhänger, die im Kampf um begehrte Tickets – wie beim letzten richtungsweisenden Heimspiel gegen den VfL Wolfsburg – leer ausgegangen sind und sich über leer bleibende, aber verkaufte Plätze ärgern, die ihnen den Zutritt ins Stadion verwehren. Auf die Seite dieser Fans stellt sich der Club nun und entzieht Hunderten Stadion-Schwänzern das Vorkaufsrecht für ein weiteres Jahresabo.
HSV-Kulanz hat ihre Grenzen
Und das ist auch gut so. Dabei ließ der Club noch Gnade vor Recht ergehen. Hätte der HSV seine Ankündigung (mindestens zwölf von 17 Spielen müssen besucht werden) konsequent durchgezogen, hätten Hunderte weitere Stadion-Schwänzer in die Röhre geschaut und die neue Regel der Mindestnutzung zu spüren bekommen. Diese Kulanz hat jedoch ihre Grenzen. Dem HSV muss daran gelegen sein, nicht nur einfach das Geld für seine Tickets zu kassieren, sondern das Stadion voll zu bekommen.
Ohne den großen Rückhalt der Fans wäre es in den vergangenen Jahren kaum gelungen, den Klassenerhalt immer wieder zu schaffen. Die Stimmung im Volkparkstadion ist das größte Gut, das gilt es zu schützen, zur Not auch mit unpopulären Maßnahmen wie dem Entzug einer Dauerkarte. Dass nun andere Zuschauer die Chance auf eine Heimspiel-Flatrate erhalten, kann dabei nur förderlich sein.