Am 30. Dezember soll für „Didi“ Schluss sein – und das wäre gut. Für den HSV. Aber auch für ihn selbst.

Es gibt eine Sache, die Tim-Oliver Horn gar nicht gerne über sich selbst liest: dass er der Oberfan des HSV ist. Als gewählter Chef der HSV-Supporters ist er im Prinzip aber genau das: ein Oberanhänger. Und als dieser musste Horn am Montag etwas loswerden. Es müsse schon einiges passieren, postete er via Facebook, dass sein Grinsen aus dem Gesicht verschwinde. Doch trotz des 1:0 gegen Augsburg war es am Wochenende passiert: Horns HSV-Grinsen war verschwunden. Der Grund: Dietmar Beiersdorfers Aus. „Der HSV verliert sein Herz“, schrieb Horn traurig. Sein Didi sei ein HSVer durch und durch gewesen. „Didi, du bist einer von uns und wirst es immer bleiben“, schrieb Horn und unterschrieb seinen persönlichen Abschiedsgruß kurz und schmerzlos mit zwei Wörtern: „Danke, Didi!“

Danke, Didi! Mit diesen beiden Wörtern hätte man es belassen können. Beiersdorfer hielt in den 80er- und 90er-Jahren die Knochen als kompromissloser Abwehrmann für seinen HSV hin. In den 2000ern ließ er sich vom Boulevard zum „Dukaten-Didi“ umbenennen. Hatte als Sportchef sieben Jahre lang ein Händchen für Transfers und formte mit dem damaligen Clubchef Bernd Hoffmann seinen HSV zu einem Spitzenclub, ehe man sich 2009 im Unfrieden trennte. Und nun also das letzte Kapitel von Beiersdorfers HSV-Karriere: Clubchef, zweieinhalb Jahre lang. Bis zum vergangenen Wochenende, an dem Horn sein Grinsen verlor. Nicht alles gelang, sagten die wohlmeinenden einen, kaum etwas bis gar nichts gelang, sagten die kritischen anderen. Und trotzdem konnten sich beide Gruppen auf zwei Wörter verständigen: Danke, Didi!

Ganz normale HSV-Geschichte

Doch der HSV wäre nicht der HSV, wenn die Geschichte an dieser Stelle vorbei wäre. So hat es nach dem durch Ex-Aufsichtsratschef Karl Gernandt ziemlich ultimativ verkündeten Aus Beiersdorfers plötzlich wieder Überlegungen gegeben, den geschassten Club- als Sportchef zu behalten. Es hat gegeben. Und es gibt.

Und an dieser Stelle darf man das alles kurios, hanebüchen oder auch absurd nennen. Oder: eine ganz normale HSV-Geschichte.

„Wir bedanken uns für seine unermüdliche Arbeit, die in vielen Bereichen, aber eben leider nicht im Kerngeschäft Fußball-Bundesliga, erfolgreich war“, begründete Gernandt Beiersdorfers Aus. Heißt übersetzt: Als Vorstandsvorsitzender hat Beiersdorfer Prozesse in Gang gesetzt. Die Doppelfunktion als Sportchef misslang dagegen. „Danke, Didi“ hätte vielleicht gereicht. Doch obwohl Gernandts Worte hart und möglicherweise stillos klangen, waren sie dennoch richtig. In seiner dritten HSV-Zeit war Beiersdorfer nicht unbedingt als Clubchef gescheitert. Definitiv aber als Sportchef.

Konsequent falsche Personalentscheidungen

Die Fehlerkette ist lang und wurde – auch hier – schon oft benannt. Der Sportchef Beiersdorfer hat (nicht nur in diesem Sommer) konsequent die falschen Personalentscheidungen getroffen. Kein anderer Bundesligavertreter hat das Trainerkarussell derart überhitzt, auch mit 90 Millionen Euro in insgesamt fünf Transferperioden kein stabiles Bundesligateam orchestriert und den HSV mehr und mehr abhängig vom Wohlwollen eines wohlmeinenden, aber streitbaren Milliardärs gemacht. Nein, das Gedankenspiel, dass nun der entlassene Clubchef, dem ausgerechnet im Kerngeschäft Fußball das Glück versagte, als Sportchef weitermacht, ist nicht nur kurios, hanebüchen und absurd. Es ist ganz und gar verrückt.

Der Autor ist Sport-Reporter beim Abendblatt
Der Autor ist Sport-Reporter beim Abendblatt © HA / Andreas Laible

Selbstverständlich ist es nachvollziehbar, dass nun viele (zum Beispiel Trainer Gisdol) fürchten, dass ein Aus von Beiersdorfer auch das Aus für die bereits angeschobenen und so dringend benötigten Wintertransfers bedeutet. Bleibt die Frage: Warum eigentlich?

Als echter (und noch immer bestbezahlter) HSVer, der Beiersdorfer doch ist, könnte „Dukaten-Didi“ seinem HSV (und sich selbst) ein ganz wundervolles Abschiedsgeschenk machen, wenn er die angeblich schon ausverhandelten Wintertransfers auf der Zielgeraden abschließt. Es wäre ein versöhnlicher Abschied von seinem jetzigen Arbeitgeber und eine gute Bewerbung für seinen nächsten. Dann, aber auch nur dann, dürfte man wirklich sagen: Danke, Didi!

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