Berlin. Erneut treibt Sönke Wortmann Stars zu großer Kabbelei an: „Der Spitzname“ verhandelt große Themen. Doch ein bisschen ist die Luft raus.

Sie sind mal wieder ganz außer sich. Und können doch nicht aus ihrer Haut raus: die Königs-Kinder. Jene streitlustige Familie rund um die Matriarchin Dorothea König (Iris Berben), die sich immer wieder mit Leidenschaft kabbelt. Und sich damit in die Gunst des Kinopublikums gespielt und gestritten hat.

Nach „Der Vorname“ und „Der Nachname“ folgt nun „Der Spitzname“

In „Der Vorname“ ging es 2018 noch um die Frage, ob der erfolgreiche Immobilienmakler Thomas (Florian David Fitz) und seine Frau, die angehende Schauspielerin Anna (Janina Uhse), ihr bald erwartetes Baby Adolf nennen dürfen. Was vor allem den Schwager, den besserwisserischen Literaturprofessor Stephan (Christoph Maria Herbst), zu Zornestiraden antrieb. Während seine Frau Elisabeth (Caroline Peters) in Schockstarre die Familie bekochte. Zu der noch der Musiker René (Justus von Dohnányi) gehörte, der wie ein Bruder mit Thomas und Elisabeth aufwuchs, nun aber ein Verhältnis mit ihrer Mutter Dorothea (Iris Berben) hatte.

In „Der Nachname“ wurde 2022 später der Familienzwist munter weitergetrieben: weil René Dorothea nun geheiratet und ihren Namen angenommen hat. Diesmal war es nicht mehr der heimische Herd, an dem die Familienfronten aufeinander trafen, sondern eine einsame Hacienda auf Lanzarote. Weit weg vom Rest der Welt.

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In „Der Spitzname“ nun wollen Thomas und seine mittlerweile zum Filmstar gereiften Frau endlich heiraten. Und laden dazu im (allzu) großen Stil die ganze Familie in ein Luxushotel im winterlichen Tirol ein. Das frostige Gegenstück nach der sengenden Glut von Teil Zwei. Aber natürlich hält sie auch das Fünf-Sterne-Ambiente nicht von ihrer Kabbelei deluxe ab. In der Schlüsselszene stecken sie alle gar in einer Seilbahngondel, die sie zum Ja-Wort auf Österreichs höchstgelegener Kapelle führen soll. Und aus der sie nicht entkommen können.

Kabbeleien um heiße Eisen wie Gendern und Political Correctness

Im dritten der alle von Sönke Wortmann inszenierten Teile geht es auch um die Next Generation: um Antigone (Kya-Celina Barucki) und Cajus (Jona Volkmann), die Teenager-Kinder von Herbst und Peters, über die bislang immer nur gesprochen wurde und die unter den Vornamen leiden, die ihr kulturbeflissener Vater ihnen verpasst hat. Vor allem der Sohn leidet deshalb unter einem titelgebenden Spitznamen. Und hat sich heimlich einen anderen zugelegt.

Eigentlich müsste der Film aber „Das Personalpronomen“ heißen, denn Tochter Antigone, die sich auch lieber Tiggy nennt, will nicht länger „sie“ und „er“, sondern „they“ und „them“ sagen. Und schon sind wir mitten in der Diskussion um Gendern, fluide Geschlechter, Unworte und einengende Bezeichnungen. Womit Tiggy nicht nur bei ihrem Papa, sondern auch bei ihrer sonst so moderaten, auf Harmonie bedachten Mutter auf äußersten Widerstand stößt.

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Elisabeth (Caroline Peters) und Stephan (Christoph Maria Herbst) geraten schon beim Frühstückstisch aneinander.
Elisabeth (Caroline Peters) und Stephan (Christoph Maria Herbst) geraten schon beim Frühstückstisch aneinander. © Constantin | constantin

Die Braut ist wahrlich nicht zu beneiden. Ihre Hochzeit verläuft alles andere als erhofft. Es bleibt auch nicht bei erregten Diskussionen um Wokeness und Political Correctness. Auch gut gehütete Geheimnisse werden gelüftet. Etwa dass der arrogante Professor seinen Lehrstuhl verloren hat. Dass der Sex zwischen Mutti und Stiefsohn erlahmt. Und selbst der Bräutigam tippt ständig SMSe ins Handy, wenn die Braut nicht dabei ist.

Komödie um ein wichtiges und ernstes Gut: die Streitkultur

Man schaut alldem gerne zu. Weil die dysfunktionalen Königs schon irgendwie zur eigenen Familie gehören. Und weil diese Star-Besetzung sich prima eingespielt hat zu dieser herrlichen Chaosgemeinschaft. Teil Drei ist indes nicht ganz so stringent wie seine Vorgänger. Ganz klar geht es Wortmann und seinen Autoren Claudius Pläging und Alexander Dydyna um die großen heißen Eisen, die die Generationen derzeit unversöhnlich auseinandertreiben.

Das einmal mit Humor anzugehen, hat auch Simon Verhoeven gerade in „Alter weißer Mann“ gewagt. So wird dem Ganzen etwas von seinem gesellschaftlichen Druck genommen. Die Königs-Kinder sind quasi die Fleisch gewordene Streitkultur, die es dringend zu erhalten gilt. Doch alle scharfen Verbalduelle, körperlichen Slapstick-Einlagen und Fünf-Sterne-Bilder können nicht ganz darüber hinwegtäuschen, dass der Filmreihe ein bisschen die Luft ausgeht.

Komödie D 2024, 105 min, von Sönke Wortmann, mit Christoph Maria Herbst, Caroline Peters, Florian David Fitz, Iris Berben, Janina Uhse, Justus von Dohnányi