Berlin. Wie weiter mit dem Krieg in der Ukraine? Bei „Maybrit Illner“ geben Lars Klingbeil und Norbert Röttgen dem BSW eine unnötige Vorlage.
Rechtsruck, Ampel-Fragen und eine maue Wirtschaft: Deutschland ist derzeit schwer innenpolitisch beschäftigt. Doch die außenpolitischen Probleme stehen nicht still. In der Ukraine etwa ist die russische Armee zunehmend in der Überhand. Mehr denn je stellt sich die Frage: Wie kann der Westen helfen? Und inwiefern ist er dazu bereit?
Das Thema beschäftigte am Donnerstagabend auch die Runde bei „Maybrit Illner“. Es diskutierten: Die Politikwissenschaftlerin Nicole Deitelhoff, der frühere Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfang Ischinger, die Politiker Lars Klingbeil (SPD), Norbert Röttgen und Amira Mohamed Ali (BSW), sowie der Journalist Thomas Walde.
„Maybrit Illner“: Die SPD und der Frieden
Zunächst widmete sich die Runde der Frage, in welchem Ausmaß der Krieg zu den schlechten Ampel-Ergebnissen bei der Europawahl beigetragen hat. Lars Klingbeil war davon nicht überzeugt. „Die Wähler sehen uns nicht ausreichend kämpfen, etwa für die Renten“, erklärte sich der SPD-Chef die Niederlage. Die Mitte habe das Gefühl, dass für sie nicht genügend Politik gemacht werde. Mit der Ukraine habe das allerdings wenig zu tun.
Nicole Deitelhoff bot eine andere Analyse an. „Frieden war ein wichtiges Thema in diesem Wahlkampf“, sagte die Konfliktforscherin. Viele Menschen hätten Ängste, würden es der SPD aber nicht abnehmen, dass diese für Frieden stehe. Als ein Problem benannte Deitelhoff dabei, dass man stärker erklären müsse, dass militärische Unterstützung ein Weg zu Frieden sein könne.
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Norbert Röttgen sah dabei insbesondere den Kanzler in der Pflicht. Zwar habe Olaf Scholz seinen Kurs geändert, als er den Einsatz deutscher Waffen gegen russisches Gebiet erlaubte. Allerdings sei er bei der Frage, wie Frieden zu erreichen sein könnte, nach wie vor uneindeutig.
Verhandeln oder weiter Waffen liefern?
Was aber ist in dieser Frage eine eindeutige Antwort? Die Runde war dazu klar geteilt: Auf der einen Seite die Fraktion, die weiterhin mehr Waffen liefern will. Zu ihr gehörten alle, außer Mohamed Ali. „Putin wird erst ernsthaft verhandeln, wenn er verliert“, erklärte der langjährige Diplomat Wolfgang Ischinger exemplarisch.
Das klang plausibel, das Argument gilt seit Kriegsbeginn. Allein, es scheint, als ob sich die Kriegslage mit jedem Tag ein wenig weiter von einer russischen Niederlage entfernt.
Das brachte Amira Mohamed Ali auf den Plan, die den Finger in ebendiese Wunde legte. „Es funktioniert nicht, Putin stoppen zu wollen“, stellte die BSW-Chefin fest. Damit hatte sie einen Punkt, auch wenn die Mitdiskutanten zu Recht einwendeten, dass die zunehmend zögerliche Unterstützung durch den Westen in Teilen zu dieser Lage geführt habe. Stattdessen forderte Mohamed Ali, die Kämpfe einzufrieren, um dann Verhandlungen aufzunehmen – eine Forderung, von der niemand weiß, ob und zu welchen Bedingungen Putin dazu bereit wäre.
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Eine Steilvorlage für die BSW-Chefin
An anderer Stelle zeigten Röttgen und Klingbeil, wie man gerade nicht mit dem BSW umgehen sollte. Weil die Abgeordneten der Partei der Bundestags-Rede von Wolodymyr Selenskyj ferngeblieben sind, warfen beide das Bündnis mit der AfD in einen Topf – schließlich habe es die in Teilen rechtsextreme Partei genauso getan.
Sonderlich klug war das nicht, weil es wie der Versuch einer billigen Delegimitierung einer unliebsamen Position wirkte. „Ich habe die Nase voll. Sie werfen uns ständig mit Rechtsextremisten in einen Topf. Das ist infam!“, nutzte Mohamed Ali denn auch gleich die Gunst der Stunde. „Nur weil zwei Parteien das gleiche machen, heißt das nicht, dass sie das gleiche denken.“
Klüger reagierte da Wolfgang Ischinger. Die BSW-Aktion sei schlechter Stil gewesen, sagte er. Wirklich unsäglich sei aber die Behauptung der Partei, Selenskyj riskiere einen Nuklearkrieg. „Wer hat denn Atomwaffen?! Und wer hat mit ihrem Einsatz gedroht?!“, fragte Ischinger mit Blick auf Putin.
Das Fazit
Diese Ausgabe von „Maybrit Illner“ war erfrischend, was durchaus auch an Amira Mohamed Ali lag. Schließlich brachte die BSW-Chefin Perspektiven in die Runde, die ein nennenswerter Teil der Bürgerinnen und Bürger teilt. Das Ergebnis war eine echte Debatte, die über weite Strecken sachlich blieb. Ganz gleich, welche Position man vertritt: Eine solche Konstellation kann man sich eigentlich nur wünschen.
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