Hamburg. Die TV-Dokumentation beleuchtet kompakt den christlich motivierten Widerstand aus ökumenischer Perspektive.

Es gibt Kaffee und Kuchen, da fragt einer der späteren Hitler-Attentäter Werner von Haeften bei einem geheimen Treffen den Theologen und Pfarrer Dietrich Bonhoeffer: „Soll ich schießen? Ich habe die Gelegenheit, Hitler zu beseitigen.“ Wie auch immer man sich entscheide, antwortet Bonhoeffer, „ohne Schuld kommst du hier nicht raus“.

Diese Schlüsselszene ist Teil der TV-Dokumentation „Mit Gott gegen Hitler“, die heute um 23.15 Uhr im Ersten gezeigt wird und kompakt den christlich motivierten Widerstand gegen das NS-Regime aus ökumenischer Perspektive beleuchtet. Dabei rückt neben dem bekannten Widerständler Dietrich Bonhoeffer, der am 9. April 1945 auf persönlichen Befehl Hitlers im KZ Flossenbürg zu Tode gequält wurde, auch ein norddeutscher Dominikanermönch in den Focus: Laurentius Siemer aus Vechta, von 1932 bis 1946 Provinzial der deutschen Provinz des katholischen Predigerordens und nach dem Krieg der erste TV-Pfarrer in Deutschland.

Siemer geriet ins Visier der Gestapo

Siemer kritisierte offen die NS-Rassenideologie und geriet deshalb ins Visier der Gestapo, die ihn wegen angeb­licher Devisenvergehen festnahm und monatelang inhaftierte, bis ihn ein mutiger Richter schließlich freisprach.

Viel Mut zeigten, wie es die TV-Doku eindrucksvoll erzählt, auch die Bewohner im Oldenburger Münsterland. Tausende nahmen an der Beerdigung des Dominikaners Pater Titus teil, der in der Haft ums Leben gekommen war. Mehr noch: Die Mehrheit der Bauern wehrte sich gegen einen Erlass des regionalen Gauleiters, der die Kreuze in staatlichen und katholischen Schulen verbot. Der Erlass musste wieder zurückgenommen werden.

Gezielte Aktionen gegen Hitler

Später unterstützte Siemer einzelne Widerstandsgruppen, es hat auch ein Treffen mit Dietrich Bonhoeffer gegeben. Rechtzeitig konnte der Mönch vor weiterer NS-Verfolgung fliehen. Der Dominikaner konnte monatelang bei Bauern Schutz finden – auch das ein bislang viel zu wenig gewürdigtes Beispiel von Mut und Widerstand einzelner Bürger.

Autor und Regisseur Ingo Helm hat zum 75. Jahrestag des Kriegsendes einen Film über Menschen gemacht, die gegen Hitler mit gezielten Aktionen opponierten. Er erzählt die Geschichten unbekannter Heldinnen und Helden. Darunter ist die Geschichte der Sekretärin Aenne Vogelsberg, die unter Lebensgefahr eine hochverräterische Denkschrift des Paters Odilo Braun abtippt.

Zwei historische Reden

Szenische Darstellungen wechseln sich mit Interviews von Zeitzeugen und Experten ab, bei denen auch der Bonhoeffer-Kenner und Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirchen in Deutschland (EKD), Heinrich Bedfort-Strohm, zu Wort kommt. Die Dokumentation stellt zwei historische Reden gegenüber. 1. Februar 1933: Seit zwei Tagen hat das Deutsche Reich einen neuen Kanzler: Adolf Hitler. An diesem Abend hält er seine erste Rede im Rundfunk.

Kurz zuvor hat ein anderer ebenfalls seinen ersten Rundfunkvortrag gehalten. Er ist evangelischer Pfarrer, erst 27 Jahre alt: Dietrich Bonhoeffer (gespielt von Matthias Koeberlin). Mutig kritisiert der Theologe das Führerprinzip. Nur wenige Stunden liegen zwischen den Auftritten – und konträre Weltanschauungen. Bonhoeffer, mit geradezu prophetischer Gabe beseelt, sagt, dass jeder Führer sich seiner eigenen Begrenztheit bewusst sein müsse; vergesse er dies, werde „aus dem Führer der Verführer“.

„Mit Gott gegen Hitler“: 23.15 Uhr, ARD