München. Gemein? Obwohl ein Grafiker sein Büro für “Gottesdienste“ nutzt, zahlt er Rundfunkgebühren. Er nennt sich “Pastafari“.
Das langgezogene Büro im Erdgeschoss des Anwesens Georgenstraße 84 in München-Schwabing sieht aus, wie Büros eben so aussehen: Topfpflanzen, Computerbildschirme, Schreibtische. An einem sitzt Michael Wladarsch und neben ihm liegen einige Packungen chinesischer Suppennudeln. Eine Packung davon hat der 54-Jährige vor zwei Jahren gekocht und mit dem Nudelwasser sein Grafikbüro, wie er es nennt, geweiht. Seitdem huldigt er der Gottheit des "Fliegenden Spaghettimonsters". Und weil er seine berufliche Tätigkeit auch als eine Art Gottesdienst versteht, will er sich auf dem Klageweg vom Rundfunkbeitrag befreien lassen.
Wladarsch beruft sich auf Paragraph 5, Absatz 5 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages. Dort steht, dass für Betriebsstätten, die gottesdienstlichen Zwecken gewidmet sind, kein Rundfunkbeitrag zu entrichten ist. Das Münchner Verwaltungsgericht wies die Klage am Mittwoch erst mal zurück, doch Wladarsch hatte schon zuvor angekündigt, durch alle Instanzen ziehen zu wollen.
Eigentlich steht bei dem Streit gar nicht der Rundfunkbeitrag im Mittelpunkt, wie der Kläger einräumt. "Es geht mir nicht um die 16 Euro, sondern um die Privilegien für die Kirche." Aus der ist er vor langer Zeit ausgetreten. Der gebürtige Ingolstädter wurde nach eigenen Worten "katholisch sozialisiert" und diente in seiner Jugend auch als Ministrant. Heute hingegen ist er Vorsitzende der Münchner Sektion des Bundes für Geistesfreiheit (BfG), dessen Büro auch in seinem Schwabinger Grafikatelier angesiedelt ist.
Der BfG ist seit 1945 eine Körperschaft des öffentlichen Rechtes, so wie die katholische und die evangelische Kirche auch. Er sieht sich in der Tradition der Aufklärung und ist ein organisatorisches Sammelbecken für Konfessionslose, Agnostiker, Atheisten oder Pantheisten. "Wir lehnen den Glauben an persönliche und personifizierte Gottheiten als irrational und unterwürfig ab", so der Bund auf seiner Homepage. Die Vereinigung strebt die Trennung von Staat und Kirche und somit die weltanschauliche Neutralität des Staates an. "Alle Staatsleistungen an die Kirchen aufgrund der Säkularisation im 16. und 19. Jahrhundert sind endlich einzustellen."
Das "Fliegende Spaghetti-Monster" wiederum ist eine Ulk-Religion, die auf den US-Physiker Bobby Henderson zurückgeht und 2005 als satirische Antwort auf die "Kreationisten" - eine christliche Glaubensrichtung, die die Evolutionstheorie ablehnt - begründet wurde. Die Anhänger der mittlerweile weit verbreiteten Religionsparodie nennen sich "Pastafari" - ein Mischwort aus Pasta und Rastafari (Glaube von Jamaikanern, die sich auf äthiopische Wurzeln beziehen).
In Österreich hat ein Pastafari erreicht, dass ein Foto, bei dem er einen Nudelsieb auf dem Kopf als religiöse Kopfbedeckung trägt, für den Führerschein akzeptiert wurde. Im brandenburgischen Templin erregte ein Schild mit der Aufschrift "Nudelmesse" örtlichen Ärger.
Wladarsch zielt mit seinem Rechtsstreit um den Rundfunkbeitrag für sein dem "Spagettimonster" geweihten Büro auf etwas Grundsätzlicheres ab: Er will den "unpräzisen Begriff" der Gottheit auf den Prüfstand gestellt wissen. Aus seiner - atheistischen - Sicht gehe es darum, beim Verhältnis von Kirche und Staat "eulenspiegelmäßig aufzuzeigen, wo der Hase im Pfeffer liegt". Wenn der Begriff des "gottesdienstlichen Zwecks" schon in einem Staatsvertrag aufscheine, solle auch erklärt werden, was darunter zu verstehen sei.
Das Verwaltungsgericht in München tat ihm den Gefallen nicht. Es beschied ihm knapp, dies sei allgemein bekannt und eine Frage der "gesellschaftlichen Definition".