Hamburg. Der Altkanzler über seine Ehe, seine Freundin und Karl-Theodor zu Guttenberg. Helmut Schmidt verrät: “Ich will nicht 100 werden.“
Sie ist die ARD-Expertin für die gealterten, aber geistig fitten Polit-Größen von einst: Sandra Maischberger hat bei Interviews mit Richard von Weizsäcker, Gerhard Schröder und vielen anderen bewiesen, dass sie reifen Männern brisante Dinge entlocken kann, sodass es nicht peinlich wird. Mit Altkanzler Helmut Schmidt hat sie bereits reichlich Talk-Erfahrung. An diesem Dienstag (22.45 Uhr, ARD) plaudert sie mit dem knorrigen 96-Jährigen auch über allzu Intimes, wie man meinen könnte. Doch dem Altkanzler ist das Auskunftgeben über seine verstorbene Gattin Loki Schmidt nicht peinlich. Er hat gerade in einem Buch darüber geschrieben. Das mag man goutieren oder auch nicht. Was Helmut Schmidt mitzuteilen hat, interessiert ein Millionen-Publikum.
Sein Buch "Was ich noch sagen wollte" steht felsenfest in den Bestsellerlisten. Auch dank der Beichte seiner Affäre? Bei Maischberger sagte Schmidt, er bedauere das nicht. "Das, was ich gesagt habe, stimmt. Meine Tochter hat dieses Kapitel vorher gelesen, ehe es in Druck ging. Dass ich ausführlich über eine einzige Krise in unserem Leben gesprochen habe (…), war die Antwort auf solche Schreibereien (…) journalistischer Machart. Heute lassen sich sehr viel mehr Menschen scheiden, als es zu meiner Zeit üblich war. (…) Für mich wäre es undenkbar."
Seine Lebensgefährtin Ruth Loah lebe im Augustinum-Altenheim an der Elbe. Am Wochenende komme sie aber noch zu ihm nach Langenhorn. „Sie hat sich um mich gekümmert, als es mir sehr schlecht ging", sagte Schmidt bei Maischberger.
Und ihn treiben ernste Gedanken um, die Stichwörter sind Ukraine-Krise und Griechenland-Finanzkrise. „Der Versuch, die Europäische Union auszudehnen auf die Ukraine, gleichzeitig auf Georgien, am liebsten noch auf Armenien, alles das ist ein ziemlicher Blödsinn, das ist geopolitische Kinderei." Schmidt gab sich überzeugt, dass den Griechen "ein großer Teil" der Schulden gestrichen werde. Aber sowohl den griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras wie seinen professoralen, im Auftreten ungewöhnlichen Finanzminister Giannis Varoufakis nannte er "schwierig".
Über einen prominenten Nachnachfolger als Verteidigungsminister sagte er: „Die Wehrpflicht ist abgeschafft worden von jemandem, der nicht genau wusste, was er tat. Damit war Karl-Theodor zu Guttenberg gemeint. Der bayerische Adlige hatte sein Amt aufgegeben, nachdem bekannt wurde, dass seine juristische Dissertation in großen Teilen abgekupfert war. Schmidt sagte über Guttenberg: "Ich habe es nicht bedauert, ich habe mich nur gewundert über die Schnelligkeit des Entschlusses. Und über die Begleitumstände.“
Schmidt sagte, er finde das Alter von 96 Jahren "ziemlich lästig": "Aber verhindern kann ich das nicht. Ich will nicht 100 Jahre werden, aber auch das kann ich nicht verhindern. Ich schließe ein Leben nach dem Tod aus. Wenn es vorbei ist, ist es vorbei. Meine Ehefrau Loki war der Meinung, selbst wenn der Mensch verbrannt wird, bleiben die Moleküle die gleichen, die Atome bleiben die gleichen. Vielleicht wird daraus mal eine Pflanze. Da habe ich ihr zugestimmt.“ (HA)