Das Thema elektrisiert die Talkshows. Bei Günther Jauch streitet an diesem Sonntagabend auch ein Journalist, der einen Betroffenen ganz eng kennt.

Hamburg/Berlin. Prominente Steuersünder und kein Ende: Auch in der Talkshow von Günther Jauch im Ersten an diesem Sonntag (ab 21.45 Uhr nach dem Tatort) werden Deutschlands häufigste Verbrechen das Thema sein. Jauch geht Richtung Boulevard: „Schwarzer und Co. am Steuer-Pranger – Endet beim Geld die Moral?“, fragt er in die Runde. Und die ist ebenso prominent wie verheißungsvoll. Wolfgang Schäuble (CDU, Bundesminister der Finanzen), „Zeit“-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo, dessen Vorvorgänger Theo Sommer gerade verurteilt wurde, die frühere Steuerfahnderin Margrit Lichtinghagen (sie brachte Klaus Zumwinkel zu Fall) sowie Nikolaus Blome (Mitglied der Chefredaktion „Der Spiegel“) und Unternehmer Dirk Roßmann.

Jauch geht der Frage auf den Grund, ob die öffentliche Kritik an prominenten Steuersündern angemessen ist.

Derweil soll sich Steuerhinterziehung in keinem Fall mehr lohnen: Union und SPD brachten am Wochenende zahlreiche Vorschläge ins Gespräch, um die strafbefreiende Selbstanzeige zu erschweren. Zudem zeichnet sich eine Verdoppelung des Strafzuschlags auf zehn Prozent der Steuerschuld ab.

In den vergangenen Tagen waren weitere prominente Fälle von Steuerbetrug ans Tageslicht gekommen. Dabei ist dem „Spiegel“ zufolge das Steuerverfahren gegen die Frauenrechtlerin Alice Schwarzer, anders als von ihr behauptet, noch nicht zu den Akten gelegt. Für neues Aufsehen könnte zudem der Fall eines Ex-Fußballprofis sorgen. Den Steuerfahndern in NRW soll eine Kontenliste vorliegen, auf der ein Mitglied der Weltmeistermannschaft von 1990 auftaucht.

„Steuerhinterzieher sollten in Zukunft für den gesamten Zeitraum die hinterzogenen Steuern erklären und nachzahlen müssen“, sagte NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) der „Bild am Sonntag“. Bislang tritt nach zehn Jahren die Verjährung ein. Hinzu kommt: Wer eine Selbstanzeige stellt, muss bislang nur zu den strafrechtlich unverjährten Steuer-Straftaten der letzten fünf Jahre vollständige Angaben machen, um in den Genuss der Strafbefreiung zu kommen. Hier ist eine Angleichung der beiden Verjährungsfristen in der Debatte.

„Jahrzehntelanges Versteckspiel darf sich nicht lohnen“, sagte Walter-Borjans dem „Focus“. „Die Berufung auf verjährte Taten finden ehrliche Steuerzahler besonders ärgerlich.“ So hatte Schwarzer zwar nach eigenen Angaben 200.000 Euro plus Säumniszinsen für die letzten zehn Jahre nachgezahlt. Ihr Konto in der Schweiz lief aber bereits seit den 80er-Jahren.

Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) schlug vor, dass eine Selbstanzeige ab einem Betrag von 500.000 Euro nicht mehr vollständig vor Strafe schützen soll. Den Strafzuschlag auf die Steuerschuld will er auf zehn Prozent verdoppeln. Alternativ könne die Verjährungsfrist auf 15 Jahre verdreifacht werden.

Eine vollständige Abschaffung der Strafbefreiung lehnen die Finanzexperten der Koalitionsparteien ab. Fast zwei Drittel der Deutschen sind einer Emnid-Umfrage für den „Focus“ allerdings dafür. Eine Bund-Länder-Expertenkommission hatte dies im Januar verworfen. So müsste als Ersatz mutmaßlichen Steuerkriminellen – wie im Strafrecht – ein Zeugnisverweigerungsrecht zugestanden werden. Das würde ihre Besteuerung jedoch massiv erschweren. „Wir wollen die Selbstanzeige weiter einschränken, aber nicht abschaffen“, sagte Finanz-Staatssekretär Michael Meister.

Für eine Selbstanzeige gelten bereits hohe formale Hürden. Auch deshalb ist dem „Spiegel“ zufolge keineswegs geklärt, ob der Fall Schwarzer schon erledigt ist. Die Finanzbehörden prüften noch, ob ihre Selbstanzeige vollständig und sie deshalb vor Strafverfolgung sicher sei. Konkret gehe es um zwei Konten, weil Schwarzer einmal die Schweizer Bank gewechselt habe. Sie selbst hatte Anfang Februar erklärt, der Fall sei mit ihrer Nachzahlung „auch aus Sicht der Steuerbehörden bereinigt“.