Die Rufmord-Vorwürfe der Frauenrechtlerin will die Runde bei „hart aber fair“ nicht gelten lassen. Wolfgang Kubicki kündigt weitere prominente Steuerfälle à la Alice Schwarzer an.
Hamburg/Köln. Hamburg/Köln. Mehr Häme geht nicht: In der Debatte um die hinterzogenen Steuern von Frauenrechtlerin Alice Schwarzer, 71, kommt für den Wettermoderator Jörg Kachelmann der Moment der Rache. Er, den Schwarzer während seines Prozesses öffentlich angeprangert hatte, aalt sich förmlich in Genugtuung. Jörg Kachelmann twitterte, ja, er gebe es zu: „Ich habe ein Konto in Deutschland.“
So geriet auch die Talkshow von Frank Plasberg in der ARD zum Freudenquell für alle Schwarzer-Kritiker. „Hart, aber fair“ heißt die Sendung, von „fair“ allerdings kann man kaum reden, und dazu trägt vor allem Schwarzer selbst bei. Auch wenn sie diese Talkshow einmal persönlich auslässt, so ist sie in Plasbergs Runde doch allgegenwärtig. Da wird ab- und aufgerechnet. Verdienste für die Frauenbewegung gegen persönliche Dummheit, Dreistigkeit oder wie auch immer man die dubiose Geldanlage in der Schweiz nennen mag.
Schwarzer-Freundin Gisela Marx (eine profilierte Journalistin) verteidigt das Außer-Landes-Bringen einer hohen Summe in den achtziger Jahren: „Darüber hat man doch nicht geredet.“ Heißt: Das war gesellschaftlich akzeptiert, macht man halt, auch wenn es möglicherweise illegal ist. Ja, der Steuervermeidungstrieb, ein altes Bonmot, ist stärker als der Sexualtrieb. Und das bei Alice Schwarzer! Ist die Frauenbewegung jetzt ungültig? Steht die Gleichberechtigung jetzt im Zwielicht?
Kathrin Göring-Eckardt (Grüne) trifft den Punkt: „Sie stilisiert sich zum Opfer. Dabei hat sie der Gemeinschaft Geld vorenthalten. Geld, das für Bildung, für Kinder fehlt.“ Das ist ein klarer Vorwurf an Schwarzer. Denn Schwarzer spricht von Rufmord. Nicht ihr Vergehen sei schlimm, sondern wie man damit umgehe.
Da kann Wolfgang Kubicki aufklären. Der Rechtsanwalt und hochrangige FDP-Mann muss erst einmal die Rechtslage darlegen. Wie das läuft mit der Selbstanzeige, was anders ist als bei Bayern-Chef Uli Hoeneß. Fazit: „Es ist kein Rufmord begangen worden, da sind Tatsachen berichtet worden, es sind Steuern hinterzogen worden.“ Und Kubicki legt nach: Schwarzer habe vermutlich 400.000 Euro für die zwanzig Jahre vor ihrer jetzt eingeräumten Verfehlung nicht gezahlt. Das sei ja verjährt.
Schwarzer hatte sich wortreich und ungelenk auf ihrer Homepage verteidigt. Man hatte den Eindruck, je mehr sie sich verteidigt, desto heftiger wird sie erneut attackiert.
Ernst Elitz, früherer Intendant des Deutschlandsfunks, sagte bei Plasberg, es spreche eine große Selbstgerechtigkeit aus Schwarzers Worten. Will heißen: Da lässt eine nur ihre eigenen Regeln gelten, nicht die des Staates, der Gesellschaft.
Die Sendung haben nur 3,19 Millionen Menschen gesehen. Bei 10,0 Prozent Marktanteil ist das kein guter Wert, sondern unter ARD-Niveau.
Gisela Marx hatte es als Verteidigerin schwer. Sie übte sich in psychologischer Deutung. „Ich hätte ihr nicht geraten, diesen Text zu schreiben.“ Schwarzer sei hilflos, verzweifelt, panisch.
Kubicki sagte, 64.000 Selbstanzeigen in Steuerfällen habe es seit 2010 gegeben. Viele Prominente seien darunter. Nicht alle wurden öffentlich vorgeführt. Kubicki bemängelte bei Plasberg aber auch: „Wir machen hier so eine Art Fernsehgericht. Für den Staat ist der Fall abgeschlossen.“ Doch der smarte FDP-Mann kündigte an, es würden in den nächsten noch Monaten einige Prominente auffliegen.
Dem NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) fiel als Beispiel Bischöfin Margot Käßmann ein, die nach ihrer Alkoholfahrt zurücktrat – mit dem Ausrdruck größten Bedauerns über ihren großen Fehler. Käßmann habe das sauber getan. Der Minister rief Schwarzer zur Besinnung auf.
Und was war noch einmal der Unterschied zu Margot Käßmann? Gier ist eine Todsünde. Alkohol in der Kirche ist seit 2000 Jahren Teil der Liturgie.