Stefan Raab wurde bester Entertainer. Anke Engelke gewann in der Kategory Comedy. Viele große Preisträger, der große Pep aber fehlte der Gala.
Köln. Der Deutsche Fernsehpreis hat dem Privatsender RTL am Montagabend ein desaströses Quotenergebnis bescherrt. Lediglich 2,41 Millionen Zuschauer verfolgten die Gala am Bildschirm zuhause – ein mieser Marktanteil von 9,8 Prozent. In der werberelevanten Zuschauergruppe der 14- bis 49-Jährigen sah es sogar noch schlechter aus: 1,12 Millionen sorgten für einen Marktanteil von 9,5 Prozent. Damit belegte der Fernsehpreis nur den siebten Platz der Primetime-Programme ab 20.15 Uhr. Gewinner des Tages waren stattdessen der ProSieben-Film "Isenhart" im jungen Publikum, insgesamt erreichte die 20-Uhr-"Tagesschau" im Ersten den Tagessieg.
Der deutsche Fernsehpreis
Modeclown Harald Glööckler erinnert in seinem schwarzen Paillettenkostüm an eine explodierte Discokugel und schafft es in der Kategorie "größtes Blitzlichtgewitter" locker aufs Siegertreppchen. Jörg Hartmann, der später den Preis als bester Schauspieler entgegennehmen wird, kommt relativ unerkannt durch die Menge. Auf dem roten Teppich herrschen bekanntlich eigen(willig)e Gesetze. Der Deutsche Fernsehpreis, der im Rahmen einer festlichen Gala am Sonntag im Kölner Coloneum verliehen wurde, rettet diese Eigenwilligkeit, die Koexistenz von E und U, in den gesamten Abend hinüber: Seichtfilmikone Christine Neubauer (durchschnittlich neun Millionen Zuschauer) hält eine Laudatio auf das Ausnahme-Arthouse-Projekt "Dreileben" (mit Ach und Krach zwei Millionen Zuschauer).
Ehrenpreisträger Joachim Fuchsberger und die als beste Schauspielerin geehrte Nina Kunzendorf halten feinsinnige Dankesreden, während Laudator Heiner Lauterbach erzählt, wer ihn jetzt echt mal umgehauen hat. RTL-Frontmann Marco Schreyl versucht sich an Dichter-Deutung ("Goethe ist Goethe. Mehr geht nicht.") - überhaupt trauerte man angesichts seiner zähen Performance mit Ko-Moderatorin Nazan Eckes dem Dreamteam Anke Engelke und Bastian Pastewka hinterher, die aus der Fernsehpreisverleihung einst eine wahre Sause machten.
Dass Engelke gleich zweimal geehrt wurde - für die Comedy "Ladykracher" und ihre kongeniale, dreisprachige Präsentation mit Judith Rakers und Stefan Raab beim Eurovision Song Contest - war da nur ein schwacher Trost. Selbst Laudator Johannes B. Kerner und, ja, auch den Kollegen Markus Lanz hätte man mit Handkuss zum Weitermoderieren verpflichtet - hier lief also etwas entschieden schief.
An den Jury-Entscheidungen hingegen gab es nichts auszusetzen. Bester Fernsehfilm wurde das beklemmende Drama "Homevideo" über Internetmobbing, dem man für die Ausstrahlung am 19. Oktober (20.15 Uhr, ARD) von Herzen viele Zuschauer wünscht. Im Fall der besten Serie "Weissensee" um das tolle Ensemble Hannah Herzsprung, Jörg Hartmann und Florian Lukas darf sich der Zuschauer kommendes Jahr auf eine zweite Staffel freuen.
+++Deutscher Fernsehpreis - Kategorien bleiben umstritten+++
+++Nüchterne Preisgala beim Deutschen Fernsehpreis+++
Schön, dass Denis Schecks "Druckfrisch", die einzige Literatursendung im deutschen Fernsehen, die diesen Namen auch verdient, einen Sonderpreis erhielt. Noch schöner, dass der 21-jährige "Homevideo"-Hauptdarsteller Jonas Nay mit dem Nachwuchspreis geehrt wurde, dem das Drehbuch nicht nur eine Masturbationsszene, sondern gleich eine ganze Palette von Gefühlsextremen zwischen zarter Verliebtheit und Totalzusammenbruch zumutet.
An den starken Preisträgern also liegt es nicht, dass der Fernsehpreis - anders als der Deutsche Filmpreis - bei allem Roten-Teppich-Glamour, dem Flying Buffet und den abgetrennten VIP-Bereichen immer auch ein bisschen provinziell wirkt. Vielleicht, weil die wirklichen Stars der Branche konsequent fernbleiben: Harald Schmidt, Günther Jauch, Thomas Gottschalk und Hape Kerkeling lassen sich ebenso wenig blicken wie die Großschauspielerinnen Iris Berben, Maria Furtwängler und Veronica Ferres.
Der Fernsehpreis fühlt sich an wie ein großes, aber leicht lästiges Familientreffen: Die Patriarchen und die coolen Sippenmitglieder schwänzen, dafür tummeln sich viele Großcousinen dritten Grades auf der Party.
Hier wird erörtert: Wird Til Schweiger JETZT WIRKLICH neuer "Tatort"-Kommissar? Hat das ZDF tatsächlich KEINEN EINZIGEN Preis gewonnen? Oder auch: Muss man Rot statt Schwarz tragen, wenn man fotografiert werden will? (eine Produzenten-Ehefrau zu einer Produzentin). Vielleicht hätten sie einfach Harald Glööckler fragen sollen.
Zahlen und Fakten zum Deutschen Fernsehpreis:
- 1998 von ARD, ZDF, RTL und Sat.1 gegründet.
- wird seit 1999 einmal jährlich in Köln verliehen.
- Telestar (ARD/ZDF) und Goldener Löwe (RTL) gingen im Deutschen Fernsehpreis auf.
- Der Preis soll die Qualität des deutschen Fernsehprogramms fördern und hervorragende Leistungen würdigen.
- Die Jury hat einen Vorsitzenden und mindestens acht, höchstens elf weitere Mitglieder. Sie werden für zwei Jahre gewählt.
- Sie dürfen in keinem arbeitsvertraglichen Verhältnis zu einem öffentlich-rechtlichen oder privaten Rundfunk- oder Fernsehanbieter stehen.
- Der Preis kann in insgesamt 18 Kategorien vergeben werden -darunter ein mit 15 000 Euro dotierter Förderpreis.