In der vierten Folge der achten Staffel lieferte RTL den Zuschauern von “Deutschland sucht den Superstar“ zwei musikalische Antagonisten.

Hamburg. Menowin Fröhlich war gestern, der Bad Boy der achten Staffel von "Deutschland sucht den Superstar" (DSDS) heißt Nico Raecke. Der Wiederholungstäter (trat 2007 schon einmal in den RTL-Castings auf) mit dem "bedrohlichen Blick" (Dieter Bohlen) brachte die Jury in der vierten Folge am Mittwoch mit seiner Lebensbeichte und seiner musikalischen Darbietung gleichermaßen ins Schwitzen.

Denn der 23-Jährige wusste nicht nur mit Geschichten aus seiner Berliner Straßenkarriere zu verwirren, sondern auch mit seiner Stimme zu überzeugen. Mit DSDS kompatiblem, leicht übersteigertem Selbstbewusstsein ("Ich singe besser als Xavier Naidoo") sang er zu Gitarrenbegleitung die Verse "Bilder von dir überdauern bis in alle Zeit". Besser als Soulstar Naidoo will er sein - und auch als Juror Patrick Nuo. "Ich bin der beste Sänger im deutschsprachigen Raum", propagierte die Reinigungskraft kess.

Und tatsächlich: Die Jury um Dieter Bohlen war derart angetan von der Darbietung des Stimmtalents, dass sie letztlich von der kriminellen Vergangenheit des Kandidaten absah und ihn weiterließ. Neben dem gelben Recall-Zettel gab Bohlen dem undurchsichtigen Sänger mit dem durchsichtigen Blick allerdings einen väterlichen Ratschlag auf den Weg: Die allerletzte Chance solle sich Raecke nicht selbst versauen.

Der von RTL zum "Pop-Titan" auserkohrene Produzent hat eben doch ein großes Herz - und liebt vor allem musikalisches Junk Food. Kandidat Raecke jedenfalls bringt alle Zutaten mit für den schnellen Charts-Hunger: auffälliger Lebenswandel und großes Stimmpotential. Wie groß- oder kleinkriminell Raecke tatsächlich war oder ist, wird sich von Folge zu Folge möglicherweise anders darstellen. Menowin Fröhlich lässt grüßen.

Raecke jedenfalls hat eine der wichtigsten DSDS-Lektionen bereits verinnerlicht: Liefere Geschichten , und notfalls auch Skandale. Oder wechsle dein Image - aber nicht zu oft. Wer wusste bei 2010-Vize Fröhlich am Ende schon noch, woher er kam (Ingolstadt, Darmstadt, Berlin?)? Raeckes Herkunft dagegen ist klar (Berlin-Wedding) und er scheint einen eisernen Plan zu verfolgen: Die Musik zur Profession zu machen. Mit dem Auftritt des "Wedding-Planers" steuerte RTL bereits am Mittwoch dem vermeintlichen Höhepunkt der diesjährigen Castingfolgen entgegen und die Jury spielte dramaturgisch zuverlässig mit.

Apropos Dramaturgie: Als prädestinierter Antagonist zu "Bad Boy" Raecke gab der 18-jährige Felix Hahnsch der vierten Folge von DSDS schließlich noch eine softe Note. Der Abiturient mit René-Adler-Charme brachte nach Maik Müller, dem selbsternannten "Singenden Straßenfeger" mit Lukas-Podolski-Akzent aus "Köln-Bilderstöckschn", ein bisschen "schwarz rot geil" in das RTL-Format. Wenn auch Jury-Mitglied Fernanda Brandao den blonden Bewerber nur mit einem eingeschränkten "Ja" durchwinkte (Fernanda, kein Fußball-Fan?!).

Nico Raecke sang übrigens eine deutsche Version des vielfach abgewandelten Hits "Everlasting Pictures". Ob sich die Eindrücke des strauchelnden Sängers bei den DSDS-Konsumenten bleibend ins Gedächtnis brennen werden, bleibt abzuwarten. Wer auch immer sich bis ins Finale des RTL-Wettstreits casten und um die temporäre "Superstar"-Krone kämpfen wird - DSDS-Moderator Marco Schreyl wird die Zuschauer zuverlässig im Glauben lassen, den richtigen Sender eingeschaltet zu haben - denn: "Darauf hat ganz Deutschland gewartet!"