Hamburg. Die Hamburger Hip-Hop-Gruppe Beginner setzt im neuen Videoclip auf Dittrich, Zervakis, Scooter und viele mehr.

B24 heißt der TV-Sender im neuen Video der Hamburger Hip-Hop-Gruppe Beginner, auf dem das flimmert, was man heute nur noch ironisch (oder war’s schon immer so?) „ein Potpourri der guten Laune“ oder „ein Stelldichein der Stars“ nennen könnte. Alle mit dabei: Jan Böhmermann, Linda Zervakis, Helge Schneider, Fatih Akin, Olli Dittrich.

Und alles mit dabei: Nachrichten, Außenreporter, Kochshow, Börsenschalte, Studio-Popauftritt aus der Konserve, Zweier-Talk im Sitzen, Wahrsager-Blödsinn, Werbe-Wahnsinn. Überall Pseudo-Expertentum, permanenter Nachrichtenticker, Gegenwartsgeilheit, satirisch gebrochen: Die Beginner erinnern uns nachdrücklich daran, dass mediale Voll­bedröhnung keine Sache von Facebook und Twitter allein ist.

„Es war einmal“ ist als zweite
Single des großen Beginner-Comebacks – das am 26. August erscheinende vierte Album „Advanced Chemistry“ ist das erste seit 13 Jahren – eine ebenso pointiert inszenierte und audiovisuell ­geschickt umgesetzte Ansage wie die erste Single „Ahnma“.

Dort zeigen sich die Beginner-Musiker Jan Eißfeldt (besser bekannt als Jan Delay und in der Beginner-Nomenklatura auch als Eizi Eiz), Denny Lisk (Denyo) und Guido Weiß (DJ Mad), textlich und bildlich als Hamburger Hip-Hop-Veteranen, die ihren angestammten Platz beanspruchen. Im Hip-Hop gibt’s Punkte an der Aufmerksamkeitsbörse, wenn man den lokalen ­Bezug herstellt. „Ahnma“, das in klassisch-monochromer Farbgebung vor allem den Hamburger Hafen in Szene setzt, dürfte Glücksgefühle durch den Leib eines jeden Stadtmarketing-Bevollmächtigten pulsen lassen.

Das Hamburg-Hip-Hop-Gruppenbild am Ende des Clips zeigt die ­Beginner im Rudel: Man kämpft ja nie allein, und es ist immer gut, das Gehege aufzuteilen. Nicht, dass am Ende einer heult, weil er doch auch seine Ansprüche hat.

Lustigster Auftritt ist Oliver Kalkofe

Mit „Ahnma“ wurde das Revier markiert, mit „Es war einmal“ die Rückversicherung der eigenen Herkunft besorgt: „Klein Jan, Klein Dennis und ein Basketball/14 Jahre alt und ein Haar am Sack/Aber die größten Klappen in der ganzen Stadt/Den Edding in der Tasche, war dauerhaft am taggen/Yo! MTV-Raps auf VHS-Kassetten/Deutschland war grau und die Charts waren Schrott“. Darüber hinaus ist „Es war einmal“ dank des Videoclips vor allem eine Auslagerung der schmissigen Künstlerbiografie. Denn es sind Gast-stars, die hier den fiktiven Beginner-Sender schmeißen: Neben den bereits erwähnten noch Fernseh­figuren und Persönlichkeiten wie Klaas Heufer-Umlauf, Palina Rojinski, Musiker H.P. Baxxter, Koch Tim Mälzer und Journalist Giovanni di Lorenzo.

Mit der Cameo-Parade, mit der ­zuletzt bereits Deichkind und Großstadtgeflüster aufwarteten, sind die ­Beginner jedenfalls in guter Rap-Gesellschaft. Wenn Cameo auch die ­Beglaubigung der eigenen Angesagtheit durch den Ruhm der anderen ist, dann erfüllt er bei Beginner voll seinen Zweck. Gastauftritte von anderen Hip-Hop-Künstlern („featuring“) sind quasi so alt wie der Hip-Hop selbst. In „Es war einmal“ darf sich deswegen auch Rapper Gzuz (als „Beginner-Fan Jonas, 28“) so verkleiden, dass er erkennbar bleibt – sonst wäre die Chose ja sinnlos. Im „Ahnma“-Video wirkte Fußball-legende Uwe Seeler eher etwas deplatziert – eben wie der Elder Statesman, der vom notorischen Vokalpresser und Übrigens-Werder-Bremen-Fan Jan Delay zwangsverpflichtet wurde. Diese Gefahr wird in „Es war einmal“ ­gebannt, weil der heilige und subversive Unernst der Beginnerschen Medienkritik selbst eine „Tagesschau“-Sprecherin ziemlich konsequent beinah jeglicher Seriosität entkleidet.

Und weil der Historien-Fetisch („Irgendwas mit Hitler“) auch aufs Korn genommen werden soll, haben die Lokalpatrioten aus gutem Grund noch einige alte Aufnahmen der Hansestadt ins Video schmuggeln können. Der lustigste Auftritt ist beinah am ­Ende dann Oliver Kalkofe, dem besten Verächtlichmacher der Nation, vorbehalten: „Alberne Anfänger“, motzt er.

Was Videos angeht, sicher nicht.

Das Musikvideo zu "Es war einmal":